Genfer Hightech-Salat
In Perly im Kanton Genf wächst der Salat in der Luft. Auf seinem ultravernetzten Betrieb experimentiert Jeremy Blondi...
Die Kernser Edelpilze GmbH hat es geschafft, durch Innovation, Qualität und harter Arbeit eine starke Position auf dem Markt zu etablieren. Die Anfänge waren allerdings bescheiden: Landwirt Sepp Häcki hatte keinerlei Erfahrung in der Pilzproduktion, aber er erkannte das Potential exotischer Pilze, insbesondere asiatischer Sorten wie Shiitake, Shimeji und Nameko.
Vor über 20 Jahren musste Sepp Häcki seine Schweinehaltung aufgrund einer neuen Gewässerschutzverordnung aufgeben und richtete in der Folge im ehemaligen Schweinestall in den Hügeln oberhalb von Kerns im Kanton Obwalden eine Pilzzucht ein. Im Jahr 1996 begann er mit der Produktion von sogenannt Edelpilzen und arbeitete sich langsam in die Materie ein. Es war eine Zeit des Experimentierens und des Lernens, denn in der Schweiz gab es keine etablierte Pilzforschung und Sepp Häcki gehörte zu den Pionieren der Branche.
Der Beginn war von viel Durchhaltewillen geprägt: Sepp Häcki erkannte zwar, dass der Markt für Champignons bereits gesättigt war und konzentrierte sich daher auf exotische Pilzsorten. Edelpilze wie Shiitake oder Kräuterseitling waren damals allerdings noch nicht so populär. Jede Pilzart erfordert ausserdem spezifische Wachstumsbedingungen mit unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit und Belüftung und so musste Sepp Häcki durch Experimente herausfinden, wie er die besten Ergebnisse erzielen konnte.
Ein Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens war die Entwicklung einer vollautomatischen Substratmaschine. «Über die Jahre zeigte sich, dass die Qualität des aus dem Ausland zugekauften Substrats sehr volatil war – einmal wuchsen die Pilze, das andere Mal nicht», erklärt Co-Geschäftsführer Christian Fanger. So wurde dann an einer ersten Versuchsanlage für die eigene Substratproduktion getüftelt und die entsprechende Maschine dafür entwickelt. Für diese Innovation gab es 2014 den agroPreis, einen Preis für Innovationen in der Schweizer Landwirtschaft und die autonome Substratproduktion ist bis heute ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Unternehmens.
Das Substrat, der Nährboden für die Zuchtpilze, wird aus einer Mischung von Holzpellets, Getreide, Wasser und einer Hirsenbrut hergestellt. Mit den zwei vollautomatischen Mischmaschinen produziert das Unternehmen jeden Tag 24 Tonnen Substratmischung. «Letztes Jahr haben wir 5’500 Tonnen Substrat produziert – dafür haben wir 2’000 Tonnen Weich- und Hartholzpellets von einem Sägewerk in Gossau und aus dem Jura eingekauft», erklärt Christian Fanger. Denn Holzpellets wird eine Getreidemischung beigemischt, die den Pilzen beim Wachsen Energie liefert. Diese Getreidemischung kauft die Kernser Edelpilze GmbH in Österreich ein.
Eine erfolgreiche Pilzzucht ist von der DNA der Pilze abhängig – also vom Myzel. Dieses importiert das Kernser Unternehmen ebenfalls aus dem Ausland, von namhaften Unternehmungen in Italien, Belgien und Holland. Auf der Hirsenbrut wird das Myzel angereichert und kultiviert, welches auf das Substrat abgestimmt sein muss: «Wir mussten herausfinden, welches Myzel für unser Substrat auf Holzbasis geeignet ist, damit die Pilze gut gedeihen», erläutert Christian Fanger weiter.
2016 vergrösserte sich das Unternehmen noch einmal entscheidend als die Pilzzucht vom erweiterten Schweinestall in einen modernen Neubau mit insgesamt rund 10’000 Quadratmetern Fläche auf mehreren Stockwerken etwas ausserhalb von Kerns zügelte. Seither wird die Pilzzucht und die Substratproduktion unter einem Dach vereint und ein grosser Teil des dort produzierten Substrats an ausländische Pilzproduzenten verkauft, während der Rest für die eigene Pilzzucht verwendet wird. Denn dank der speziellen Substratmischmaschinen ist das landwirtschaftliche Unternehmen auch im Ausland konkurrenzfähig. «Wir stellten fest, dass die Substratverfügbarkeit in Europa sehr gering ist, da die Edelpilzproduktion in den letzten Jahren an Popularität gewonnen hat und die bestehenden Substratproduktionsbetriebe die steigende Nachfrage nicht decken konnten», sagt Christian Fanger. Hauptabsatzländer für das Substrat sind Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Litauen, Polen und die Schweiz.
Als Edelpilze gelten alle kultivierten Zuchtpilze, die keine Champignons sind. Während die Pilzzucht in Asien eine lange Tradition hat, ist sie in Europa vergleichsweise jung und begann mit der Zucht des lichtscheuen Champignons. Dieser wurde erstmals am Hofe des Sonnenkönigs Ludwig XIV. kultiviert.
Die Pilzzucht ist einer der profitabelsten Zweige der Schweizer Landwirtschaft – obwohl es weder Subventionen noch Grenzschutz gibt. Die Edelpilze werden hauptsächlich in geschlossenen Produktionsanlagen gezüchtet, es gibt jedoch auch einige wenige, die im Freien kultiviert werden.
Ein weiteres wichtiges Kriterium für den Erfolg des Unternehmens ist das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage. «Wir haben sechs bis acht verschiedene Pilzsorten – unter anderem Shiitake, Kräuterseitlinge, Pleurotus oder auch Austernseitling genannt, Shimeji, Nameko, Enoki und Pom Pom Frisé», erklärt Chritian Fanger. Daneben wagt das Unternehmen auch stetig neue Versuche mit anderen Pilzen wie beispielsweise dem Pioppino, welcher normalerweise allerdings eher auf Stroh wächst. Insgesamt produziert die Kernser Edelpilze GmbH beeindruckende 4 Tonnen Pilze pro Woche, was jährlich etwa 200 Tonnen entspricht. «Damit tragen wir massgeblich zur Schweizer Edelpilzproduktion bei und decken rund 50 Prozent des Bedarfs ab», erläutert der Co-Geschäftsführer weiter. Die Pilze werden zu zwei Dritteln im Detailhandel, hauptsächlich bei Migros, verkauft, während das verbleibende Drittel in der Gastronomie Verwendung findet.
Die Produktion unterliegt jedoch starken saisonalen Schwankungen: Während der Sommermonate ist die Nachfrage nach Pilzen geringer und entsprechend wird weniger produziert, von September bis November steigt die Nachfrage dann stark an. «In dieser Zeit sind wir jeweils sehr stark gefordert, dass wir die erforderlichen Mengen auch liefern können», so Christian Fanger. In solchen Zeiten kann es zu Engpässen kommen, wenn die Pilze nicht optimal wachsen oder nicht in ausreichenden Mengen verfügbar sind.
Um die Produktion weiterzuentwickeln und stabiler zu gestalten, strebt das Unternehmen an, eine ganzjährig ausgewogene Produktion zu erreichen. «Hierfür erwägen wir verschiedene Möglichkeiten – in den schwächeren Monaten könnten wir beispielsweise verstärkt auf die Verarbeitung unserer Pilze setzen und neue Produkte entwickeln», erklärt Christian Fanger. Eine Idee, an der derzeit getüftelt wird, ist ein Burgerpatty aus Pilzen. «Durch solche Innovationen möchten wir die Vielseitigkeit unserer Pilze unterstreichen und neue Marktsegmente erschliessen», ergänzt der Co-Geschäftsleiter weiter.
Daneben ist die Kernser Edelpilze GmbH auch bestrebt, das Substrat nach der Pilzernte auf vielfältige Weise weiterzuverwenden und seine Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Derzeit wird es hauptsächlich zu Blumenerde verarbeitet, Christian Fanger ist jedoch überzeugt, dass noch weitere spannende Anwendungen möglich sind: «Beispielsweise als Tiernahrung – da haben wir bei Hühnern, Schweinen und Kälbern auch schon Versuche gemacht.» Darüber hinaus könnte es auch als potenzielles Insektenfutter dienen, falls sich dieser Bereich als vielversprechende Proteinquelle der Zukunft weiterentwickelt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das «verbrauchte» Substrat als Torfersatz zu nutzen. Torfabbau hat negative Auswirkungen auf die Umwelt, daher wäre es eine nachhaltige Alternative, das Pilzsubstrat stattdessen als umweltfreundliches Material einzusetzen.
Auch im Baubereich könnte das Substrat als Isolationsmaterial verwendet werden, wodurch es nicht nur wiederverwendet, sondern auch in einem Bereich eingesetzt würde, der auf nachhaltige Materialien angewiesen ist. Die Möglichkeiten sind vielfältig und es gilt, die richtige Anwendung für das ausgediente Substrat zu finden. «Wir sind davon überzeugt, dass mit weiteren Forschungen und Experimenten noch viele weitere innovative Ideen entdeckt werden können», sagt Christian Fanger und ergänzt: «Unser Ziel ist es, die Kreislaufwirtschaft zu fördern und die Ressourcen bestmöglich zu nutzen.»
So hat es die Kernser Edelpilze GmbH geschafft, sich in einem hart umkämpften Markt zu behaupten. Aus Hingabe zur Pilzzucht und viel Innovationsfreude ist ein erfolgreiches Unternehmen gewachsen. Die Kernser Edelpilze GmbH ist ein beeindruckendes Beispiel für den Unternehmergeist und die Möglichkeiten in der Landwirtschaft.
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