Genfer Hightech-Salat
In Perly im Kanton Genf wächst der Salat in der Luft. Auf seinem ultravernetzten Betrieb experimentiert Jeremy Blondi...
Auf dem Betrieb von Jürg Strauss im zürcherischen Rickenbach blühen dieses Jahr das zweite Mal in Folge sogenannte Schälsonnenblumen. Sonnenblumen, die nicht für die Ölproduktion weiterverarbeitet werden, sondern als Speisesonnenblumenkerne.
«Vor gut einem Jahr haben wir unser Getreideabo lanciert, um verarbeitete Ackerkulturen direkt an Kundinnen und Kunden zu bringen», erzählt der Biolandwirt, «und weil wir selbst auch sehr gerne Sonnenblumenkerne essen, fanden wir, dass es doch eine gute Idee wäre, im Abo auch eigene Sonnenblumenkerne anzubieten.»
Bei der Realisierung des neuen Projekts entstand eine Zusammenarbeit mit dem Zürcher Start-up-Unternehmen Fabas, das die Schweizer Sonnenblumenkerne zusammen mit Kichererbsen aus hiesigem Anbau zu Hummus weiterverarbeitet und verkauft.
«Für die Eigenvermarktung wollte ich zuerst eigentlich nur eine kleine Fläche Sonnenblumen anbauen – durch die Partnerschaft mit Fabas ist es ein entsprechend grösseres Feld geworden», erklärt Jürg Strauss.
Superfood oder pflanzliche Proteine – sie sind bei Konsumentinnen und Konsumenten immer begehrter. Innovative Schweizer Landwirtinnen und Landwirte füllen die Nische aus. Doch die ausländische Konkurrenz, fehlende Erfahrung sowie klimatische Faktoren oder fehlende Verarbeitungsmöglichkeiten sind herausfordernd. In der Sommerserie besuchen wir ganz unterschiedliche Betriebe, die mit Nischenpflanzen ihren Weg gehen.
Grundsätzlich liessen sich die Sorten, die sich zum Schälen eignen, gleich anbauen wie Ölsonnenblumen, erklärt Jürg Strauss. Nach der Aussaat striegelt der Biolandwirt die Sonnenblumen zweimal und fährt dann noch ein- bis zweimal mit dem Hackgerät durch die Kultur. Wenn die Pflanzen rund 20 Zentimeter hoch sind, wird noch eine Untersaat eingesät.
«Danach mache ich bis zum Dreschen eigentlich nicht mehr viel», führt Jürg Strauss aus. «Bei der Pflege sind die Sonnenblumen sehr dankbar und auch klimatisch funktioniert’s gut – die Sonnenblume verträgt beispielsweise Trockenheit gut, da sie gute und tiefe Wurzeln hat», erklärt er weiter.
Auch krankheitsmässig sei es eine wenig anfällige Kultur. Letztes Jahr hatten allerdings auch die Sonnenblumen wenig Freude am Wetter: Wie viele andere auch, war die Strauss Bioagrikultur von einem schlimmen Hagelwetter betroffen. «Wir hatten die Sonnenblumen ein bisschen später ausgesät und so waren sie während des Hagels erst kurz vor der Blüte, was dazu führte, dass sich ein Teil wieder aufraffen konnte und wir doch noch etwas ernten konnten», erzählt Jürg Strauss. Trotzdem verlor er rund 40 Prozent der Sonnenblumenernte.
Einerseits ist die Sonnenblume eine Kultur, die hierzulande bekannt ist und bei der Erfahrungswerte vorhanden sind – andererseits sind die Sortenauswahl für Schälsonnenblumen und die Weiterverarbeitung der Kerne eine Herausforderung. Für die Kernproduktion gibt es spezielle Sorten, die besser auf die weitere Verarbeitung angepasst sind als die Sorten für die Ölproduktion.
«Unter anderem sind das Reinigen und das Schälen der Sonnenblumenkerne anspruchsvoll und insbesondere bei Sonnenblumensorten mit höherem Ölgehalt hat die Schälmaschine Mühe, die Schale sauber von den Kernen zu trennen», erläutert Jürg Strauss. Allerdings gebe es auch Unterschiede unter den Schälsonnenblumen – da gebe es Sorten, die sich bei der Verarbeitung besser verhalten würden als andere, meint der Biolandwirt weiter.
«Letztes Jahr hatten wir ein etwas schlechtere Sorte, da keine andere Sorte mehr verfügbar war», sagt er und ergänzt: «Allgemein habe ich den Eindruck, dass es für Schälsonnenblumen nicht eine Riesenauswahl gibt. Insbesondere für den Bioanbau sind noch keine eigentliche Biosorten erhältlich.» Dieses Jahr wächst auf den 120 Aren nun die Schälsonnenblumensorte «NS Argonaut», die zum Schälen wieder etwas besser sein soll.
Nebst der grundsätzlich schwierigeren Verarbeitung sind aber auch die zu verarbeitenden Mengen ein Knackpunkt: «Weil es eben eine Nischenkultur ist, muss man zuerst jemanden finden, der auch kleinere Mengen trocknet und schält», erklärt Jürg Strauss.
Öfters stehe man als Produzent mit kleinen Mengen darum etwas an, da viele Verarbeiter für grössere Mengen eingerichtet seien. Hinzu komme, dass es bei der Trocknung der Kerne Verluste gebe, indem es Kerne wegblase, wenn die Trocknungsmaschine nicht voll befüllt werden könne.
«Auf eine Hektare Sonnenblumen gibt es rund 3,5 Tonnen Ernteertrag – die Trocknungsmaschine unserer Getreidesammelstelle fasst allerdings sechs Tonnen», veranschaulicht der Biolandwirt und ergänzt: «Wir haben also eigentlich zu wenig Erntemenge, um den Trockner auszulasten.»
Es funktioniere nur, weil ein Kollege ebenfalls für das Start-up-Unternehmen Fabas Sonnenblumenkerne produziere und sie so zusammen auf die erforderliche Erntemenge kämen, um die Maschine auszulasten. «Letztes Jahr hat aufgrund der schlechten Ernte aber trotzdem rund eine Tonne gefehlt und im Trockner hatten wir darum noch einmal 200 Kilogramm Verlust», sagt Jürg Strauss. Für dieses Jahr sei er aber zuversichtlich, dass sie die sechs Tonnen erreichten.
Sind die Sonnenblumenkerne einmal verarbeitet, geht der grösste Teil von Jürg Strauss’ Ernte zu Fabas. Den Rest vermarktet der Biolandwirt über das Getreideabo und über den Hofladen. «Das Absatzpotenzial ist gut – Sonnenblumenkerne sind in der Küche vielseitig zu verwenden und unsere Getreideabokundinnen und -kunden schätzen die Kerne sehr», meint Jürg Strauss.
Der Kundenstamm wolle dieses spezifische Produkt: «Unsere Kundinnen und Kunden wollen Sonnenblumenkerne aus Schweizer Anbau – sie wollen ‹unsere› Kernen», erklärt der Biolandwirt. Daher konkurrenziere ihn die ausländische Ware eigentlich nicht und der Absatz sei durch die kleinere Menge auch weniger ein Problem. In dieser Nische werde auch bewusst etwas mehr bezahlt für die Ware.
«Wir haben sicher einen für uns spannenden und teureren Preis und die Wertschöpfung ist viel höher als bei anderen Produkten, aber wir sind auch sehr transparent und zeigen auf, was alles dahintersteckt – dass beispielsweise die Verarbeitung sehr aufwändig ist und auch mehr Auslagen mit sich bringt», erläutert Jürg Strauss.
Schlussendlich hätten sie einen guten Kilopreis, der aber mit etwas mehr Aufwand bei der Organisation und der Büroarbeit verbunden sei. Und obwohl Schweizer Sonnenblumenkerne gesucht sind, plant Jürg Strauss keinen Ausbau des Anbaus: «Schon nur deswegen nicht, weil ich aufgrund der Fruchtfolge auch andere Kulturen beachten muss – das muss gut zusammenspielen.»
Lieber tüftelt er noch ein bisschen in seiner Nische: So hat er zusätzlich vom in der Verarbeitung aussortierten Bruch Sonnenblumenöl gepresst. «Wir fanden es schade, dass dieser Bruch allenfalls als Futter oder sogar als Kompost geendet wäre und so konnten wir auch dieses eigentliche ‹Abfallprodukt› der Sonnenblumenkernproduktion veredeln und nun verkaufen», erzählt der Biolandwirt. Gerade die kleinen Strukturen liessen zu, dass aus solchen Nebenprodukten weiter neue Produkte entstünden.
Der Biobetrieb Bioagrikultur von Jürg und Pascale Strauss und ihren beiden Kindern umfasst 12 Hektaren Landwirtschaftliche Nutzfläche. Sie bauen darauf Sonnenblumen, Speisehafer, Dinkel, Weizen, Lupinen, Linsen, Buchweizen und Lein an. Hinzu kommen Kunstwiesen, Ökoflächen sowie Reben und Obstbäume (Hochstamm und Spindelhochstamm). Der selbst gekelterte Wein, Saft und Obst sowie ein Teil des Getreides werden direktvermarktet.
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