Wild auf Wild: Schweizer Hirsche auf dem Vormarsch, doch Importe regieren
In der Schweiz deckt die Hirschzucht einen wachsenden Anteil des Wildfleischbedarfs, während die Jagd einen kleineren...
Markus Zemp, Präsident von Proviande, unterstreicht die Bedeutung der Viehwirtschaft für die Schweiz: «Ohne Viehwirtschaft wären die Schweizer Landschaften nicht das, was sie heute sind», betont er. Produkte wie Milch, Fleisch und Eier seien Teil der nationalen Identität. Dennoch zeigt sich die Branche nicht blind gegenüber dem Zeitgeist: Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Erwartungen werden aktiv aufgegriffen. «Wir ziehen, wir müssen nicht gestossen werden», so Zemp. Die Viehwirtschaft sei unerlässlich für den Erhalt der Kulturlandschaft und die dezentrale Besiedlung.
Christian Hofer, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), stellt klar: «Die Schweiz wird auch in Zukunft ein Grasland bleiben.» Für die menschliche Ernährung auf diesen Flächen brauche es die Tierhaltung mit Nutztieren, die Raufutter fressen. Dies leiste nicht nur einen erheblichen Beitrag zur Ernährungssicherheit, sondern auch zur Biodiversität und Kulturlandpflege. Wirtschaftlich ist die Bedeutung ebenfalls gross: Jeder zweite Franken der Landwirtschaft wird in der Tierhaltung erwirtschaftet. Gleichzeitig sieht Hofer in der Diskussion um Klimaemissionen eine Herausforderung für die Zukunft. Projekte wie «Taurus» (ein Projekt zur ressourcenschonenden Rindviehwirtschaft) zeigen laut Hofer, dass die Branche aktiv nach Lösungen sucht.
Lorenz Wyss, bis Ende Mai CEO von Bell, beleuchtet die Entwicklung des Fleischkonsums und die Rolle von Alternativen. Der Marktanteil der Fleischersatzprodukte sei gering und aktuell sei eine Stagnation sichtbar. «Der erste Hype ist vorbei», erklärt Wyss und verweist auf die Herausforderungen bei Geschmack und Verarbeitung. «Die hochverarbeiteten pflanzlichen Produkte haben Nachteile», so Wyss. Dennoch habe die vegane oder vegetarische Ernährung eine Bedeutung: «Ob wir wollen oder nicht.» Matchentscheidend sei schlussendlich der Preis. Wyss sieht das Schweizer Fleisch aber weiterhin im Vorteil: «Wir müssen aber Effizienz und Leistungsfähigkeit verbessern, um im internationalen Wettbewerb weiter bestehen zu können.»
Judith Riedel, Direktorin des Instituts für Agrarökologie, warnt davor, sich bei der Nachhaltigkeit nur auf einzelne Aspekte zu konzentrieren. Zielkonflikte zwischen Wirtschaftlichkeit, Ressourcenschonung und sozialen Komponenten seien unvermeidlich und es müsse eine Balance eingehalten werden. Sie fordert eine ganzheitliche Betrachtung und kontinuierliche Anpassung der Produktion an die Nachfrage.
International sei die Schweiz ein kleiner Fisch. «Was wir essen, beeinflusst die internationalen Stoffflüsse nicht, der Hebel ist sehr klein.» In der Entwicklung von innovativen Ideen und Technologien liege sei die Schweiz aber eine grosse Kraft. «Hier hat die Fleischwirtschaft in der Schweiz Riesenpotenzial», so Riedel.
Jana Burren, Gewinnerin der «La Cuisine des Jeunes», ist als Köchin im Cateringbereich aktiv. Burren betont, dass das Bewusstsein für den Wert von Fleisch entscheidend ist: «Wenn ich Fleisch essen will, sollte es mir das wert sein.» Sie sieht es sehr kritisch, wenn Mittagsmenüs 18 Franken kosten sollen und gleichzeitig das Fleisch eine hohe Qualität aufweisen soll.
Schweinezüchter Gabriel Ruckli sieht ein grosses Problem darin, dass überall Tierwohl verlangt wird, die Konsumenten aber im Supermarkt vor dem Preisschild eine anderen Entscheidung treffen. «Die Gesellschaft sollte ehrlich zu sich selbst werden. Alle sollten an sich arbeiten, vom Landwirten bis zur Konsumentin.» Er sieht einen grossen Hebel in der Bildung. Dort müssten die Lebensmittelproduktion und das Kochen eine höheren Stellenwert erhalten.
Martin Stettler ist Metzger in dritter Generation im bernischen Schüpfen. Die Metzgerei hat grosse Entwicklungen hinter sich. «Mein Eltern boten drei Wurstsorten an, wir 62», erklärt er. Das breite Angebote zieht auch Kundinnen und Kunden von ausserhalb an. Unter den Würsten sind auch vegane und vegetarische Alternativen. «Mein Metzgerherz sagt, dass Wurst aus Fleisch ist. Aber wer für ein Fest einkaufen kommt, ist froh, auch gleich diese Alternativen zu finden.» Auch Stettler erhofft sich, dass die Konsumenten künftig nicht nur das Filet essen, sondern das ganze Tier genutzt wird: «Wir müssen Gerichte wieder populär machen, die man etwas vergessen hat.»
Die Diskussion zeigt deutlich, dass die Schweizer Viehwirtschaft und Fleischproduktion vor einem Balanceakt steht: Einerseits sollen Traditionen bewahrt und die hohe Qualität der Produkte gesichert werden, andererseits müssen neue Wege gefunden werden, um den steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit, Tierschutz und wirtschaftlicher Effizienz gerecht zu werden. Innovation, Offenheit und ein ehrlicher Dialog mit den Konsumentinnen und Konsumenten sind dabei entscheidend, um die Zukunft der Branche erfolgreich zu gestalten.
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