Während die Schweiz auf dem Butterberg sitzt, haben Deutschland und Österreich zu wenig Butter

Die Schweiz sitzt auf einem Butterberg so hoch wie die Dufourspitze – mit 4’634 m ü. M. der höchste Schweizer Berggipfel. Gleichzeitig herrscht in Deutschland und Österreich Butterknappheit. Aber in allen drei Ländern ist Butter so teuer wie noch nie. Wie geht das?
Zuletzt aktualisiert am 5. Dezember 2024
von Jürg Vollmer
4 Minuten Lesedauer
Milch Milchprodukte Butter 500 Gramm Moedeli Jvo

In der Vorweihnachtszeit backen viele Familien Chrömli, Guetzli oder Güetzi bis der Backofen glüht. Dabei darf eines nicht fehlen: Butter.

Butter besteht zu mindestens 80 Prozent aus Milchfett – ein natürlicher Geschmacksverstärker. Kalte Butter eignet sich besonders gut für Knetteig wie Mürbeteig, da der Teig damit weniger klebt und sich besser verarbeiten lässt. Zimmerwarme oder sogar flüssige Butter ist ideal für Rührteig, weil sie Klümpchen vermeidet und die Masse geschmeidiger macht.

Es gibt also viele gute Gründe, Butter für das Weihnachtsgebäck zu verwenden. Genaue Zahlen zum Butterverbrauch im Dezember sind allerdings schwer zu finden. Geht man von einem Anstieg des Verbrauchs um 30 Prozent im Vergleich zu anderen Monaten aus, ist in den deutschsprachigen Ländern aber alles in Butter:

Butterverbrauch im Dezember 2024*

  • Deutschland: 57’600 Tonnen Butter
  • Schweiz: 5’200 Tonnen Butter
  • Österreich: 3’600 Tonnen Butter

*Schätzungen von Branchenkennern

Warum ausgerechnet die Österreicher in der Vorweihnachtszeit so wenig Butter verbacken, bleibt ein Rätsel. Besonders da Vanillekipferl, Linzer Augen, Ischler Törtchen und Spitzbuben echte «Butterbomben» sind.

Die Schweizer sitzen auf einem Butterberg so hoch wie die Dufourspitze

Trotz dem fetten Umsatz des Lebensmittelhandels mit Butter waren die Tiefkühllager der drei grossen Schweizer Butterproduzenten Emmi, Cremo und Züger im Herbst 2024 mit 7’000 Tonnen Butter überfüllt. Das entspricht 28 Millionen 250-Gramm-Butter-Mödeli.

Um sich diese Menge vorzustellen: Legt man 230 Butter-Mödeli nebeneinander, 15 mal 15 Butterpackungen, ergibt das 1,5 Quadratmeter Fläche. Und darauf stapelt man die restlichen 27’999’770 Butter-Mödeli, immer 230 pro Schicht. Der daraus entstehende Butterberg wird so hoch wie die Dufourspitze – mit 4634 m ü. M. der höchste Schweizer Berggipfel.

Verglichen mit dem Butterberg in den 1980er-Jahren ist die Dufourspitze aber ein voralpiner Hügel: Damals erreichte der Butterberg in der Schweiz als Folge von Überproduktion und staatlich garantierten Abnahmepreisen für Milchprodukte sogar einen Höhepunkt 40’000 Tonnen Butter – die sechsfache Menge von 2024 oder sechs Mal die Dufourspitze.

Branchenorganisation Milch BOM Stefankohler Geschaeftsfuehrer Jvo
Steigt der Butterberg an, könnte der Verkaufspreis von Butter sinken, sagt BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler. Gut für die Konsumentinnen und Konsumenten, schlecht für die Landwirtinnen und Landwirte. (jvo)

Ein Drittel der überschüssigen Schweizer Butter wird nach Nordafrika und Saudi-Arabien verschifft

Ende November 2024 lagern immer noch 5’200 Tonnen in den Tiefkühllagern. Und Stefan Kohler baut diesen Butterberg bis Ende des Jahres 2024 weiter ab. Stefan Kohler ist Geschäftsführer der Schweizer Branchenorganisation Milch BOM. Diese «steuert» den Import und Export von Butter, damit es immer genügend Butter hat, aber möglichst nicht zu viel. Sie koordiniert und reguliert zudem die Wertschöpfungskette, um eine ausgeglichene Marktversorgung und Preisstabilität zu gewährleisten.

Die BOM verwaltet auch den «Schweizer Fonds Regulierung», der die Exportverluste ausgleicht. Mit Geld aus diesem Fonds – 2021 waren es 10 Millionen Franken – verschifft die Schweiz bis Ende 2024 rund 2’000 Tonnen überschüssige Butter nach Tunesien, Algerien, Ägypten und Saudi-Arabien. Benachbarte EU-Länder scheiden wegen hoher Zölle als Abnehmer aus und der Transport in die USA oder nach Japan wäre zu teuer.

Schuld am Butterberg ist die Schweizer Schokoladeindustrie

Den Schuldigen für den Schweizer Butterberg muss man nicht lange suchen – es sind die Schweizer Schokoladeproduzenten. Denn Schweizer Schokolade muss mit Schweizer Vollmilch(-pulver) produziert werden. Müsste, um genau zu sein. Tatsächlich steckt immer öfter billiges ausländisches Milchpulver drin.

Damit kompensieren die Schweizer Schokoladeproduzenten die Kakaopreise auf dem Weltmarkt, die wegen schlechten Ernten seit Ende 2022 auf immer neue Rekordhöhen steigen. Und der starke Franken ist beim Export der Schokolade nicht gerade hilfreich. Das Schweizer Kreuz und die «Swiss Made»-Etikette sind deshalb still und leise von Schokoladenverpackungen verschwunden.

Eine andere Folge, die gravierender ist: Die Schweizer Molkereien müssen ihre Milchpulverproduktion runterfahren und weichen ihrerseits auf die Butterproduktion aus. So lässt sich überschüssige Milch in Form von gefrorener Butter am besten lagern. Mit dem Kollateralschaden, dass die Krise in der Schokoladenbranche zu einer Krise in der Milchbranche führt.

Milch Milchprodukte Butter 250 Gramm Packungen Preisschild Jvo
Butter kostet in der Schweiz aktuell so viel wie seit Jahrzehnten nicht mehr. (jvo)

Welche Folgen hat der Butterberg für die Schweizer Landwirtinnen und Landwirte?

Anfang Dezember kostete ein 250-Gramm-Päckchen «Die Butter» in Supermärkten und Discountern 3.95 Franken. Das ist der höchste Butterpreis in der Schweiz seit Jahrzehnten.

BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler erklärt aber, dass der Verkaufspreis von Butter bei einem weiteren Anstieg der Butterbestände sinken könnte. Was gut wäre für die Konsumentinnen und Konsumenten, aber negativ für die Schweizer Landwirtinnen und Landwirte. Denn im Unterschied zur Käseproduktion erhalten die Landwirte beim «Regulierprodukt» Butter für die gleiche Rohmilch einen tieferen Preis.

Deutschland und Österreich haben keinen Butterberg, sondern Butterknappheit

Ganz anders sieht es in den Nachbarländern aus. In Deutschland sank die Butterproduktion 2024 markant, weil es immer weniger Landwirtschaftsbetriebe mit Milchkühen (–4 Prozent) gibt und der Fettgehalt in der Rohmilch rückläufig ist. Und dieses Milchfett fehlt für die Butterproduktion.

Anfang Dezember kostete ein 250-Gramm-Päckchen deutscher Markenbutter der Eigenmarken in Supermärkten und Discountern umgerechnet 2.23 Franken. «Das ist der höchste Butterpreis, den es in Deutschland jemals gegeben hat», erklärt Kerstin Keunecke, Bereichsleiterin Milchwirtschaft der deutschen Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI. Bis zum Jahresende könnte ein Päckchen Butter sogar umgerechnet gut 3.70 Franken kosten.

In Österreich sank die Butterproduktion 2024 ebenfalls markant. Es gibt zwar weniger Milchviehbetriebe, diese halten aber mehr Milchkühe (+4 Prozent). Sie geben aber aufgrund der Klimaerwärmung und der Blauzungenkrankheit weniger Milch. Und auch in Österreich ist der Fettgehalt in der Rohmilch rückläufig.

Anfang Dezember kostete ein 250-Gramm-Päckchen Markenbutter in Supermärkten und Discountern umgerechnet 2.41 Franken – sogar mehr als in Deutschland. Auch in Österreich könnte ein Päckchen Butter bis zum Jahresende umgerechnet gut 3.70 Franken kosten.