Saatgutbehandlung ohne Chemie – Potential und Grenzen der Dampftechnologie
Die thermische Saatgutbehandlung bietet eine chemiefreie Alternative gegen samenbürtige Krankheiten. In der Schweiz s...
Bis 2016 war der Hof von Hanspeter und Doris Blaser im Grunholz in der Emmentaler Gemeinde Landiswil ein Milchwirtschaftsbetrieb. Nach einem Unfall musste der Landwirt die traditionelle Viehzucht allerdings überdenken: «Das Melken war nach dem Unfall nicht mehr möglich, daher haben wir uns für eine vollständige Umstellung auf Schafhaltung entschieden», erzählt Hanspeter Blaser. Die Umstellung auf Schafhaltung markierte einen Wendepunkt für den Betrieb, der nun rund 100 Schafe zählt und sich hauptsächlich auf die Produktion von Mastlämmern konzentriert. «Wir hielten schon vor der Umstellung ein paar Auen – heute sind es etwa 50 Mutterauen und rund 50 Schafe sind Nachwuchs und Mastlämmer», erklärt der Landwirt.
So ist der Hauptbetriebszweig heute Fleisch und die Mastlämmer werden einerseits an eine Metzgerei in Thun geliefert und andererseits direktvermarktet. «Unsere direkten Kunden schätzen unter anderem die Vielfalt in den Mischpaketen», sagt Doris Blaser. Schaf- und Lammfleisch sei im Detailhandel nicht so sichtbar und gewisse Teile gar nicht erhältlich, ergänzt sie: «So zum Beispiel Schafvoressen wie auch Lammgigotsteak – und gerade dieses Fleisch wird bei uns im Direktverkauf enorm nachgefragt.» Der Betrieb liegt ausserdem in unmittelbarer Nähe zum Aussichtspunkt Moosegg, wo diverse Wander- und Velorouten zusammenkommen, und so zieht auch der kleine Hofladen vor allem bei gutem Wetter zusätzliche Laufkundschaft an.
Seit mehr als 8000 Jahren halten die Menschen Schafe. Zusammen mit Ziegen sind Schafe die Nutztiere, die am längsten im Dienst der Menschen stehen.
In der Schweiz gibt es seit knapp 7000 Jahren Schafe. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts hielt fast jeder Bauer hierzulande ein paar Schafe und riesige Wanderherden zogen im Winter durch das ganze Land. Dann begannen Baumwolle und synthetische Fasern und veränderte Wohn-, Freizeit- und Essgewohnheiten die einstmals heiss begehrte Schafwolle und das Schaffleisch zu verdrängen.
Zurzeit erlebt das Schaf eine kleine Renaissance: Mit seinem unkomplizierten Fressverhalten hilft es Flächen im Berggebiet von Büschen und Bäumen freizuhalten. So tragen Schafe viel zur Erhaltung unseres beliebten Landschaftsbildes bei. Auch Käse aus Schafmilch sowie das Fleisch werden bei den Konsumenten zunehmend beliebter. Gut 400’000 Schafe leben heute in der Schweiz. Das sind fast genauso viele wie vor 150 Jahren. Während in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Schafhalter knapp 5 Tiere besass, zählt heute eine durchschnittliche Herde mehr als 40 Tiere.
Die Schafzüchter unterscheiden zwischen Fleischrassen und Milchrassen. In der Schweiz liegt der Fokus nach wie vor auf der Fleischproduktion, wobei die Bedeutung der Schafmilchproduktion steigt. Am häufigsten ist das Weisse Alpenschaf. Berühmt aufgrund seines Aussehens ist das Walliser Schwarznasenschaf. Es ist wie das Schwarzbraune Bergschaf bestens an das Leben im Gebirge angepasst. Auch die Braunköpfigen Fleischschafe, Charollais Suisse oder das Texelschaf findet man auf Schweizer Bauernhöfen. Beliebte Milchrassen sind das Ostfriesische Milchschaf oder Lacaune aus Frankreich.
Spricht man von einem Schaf sind beide Geschlechter gemeint. Ein männliches Schaf heisst Schafbock oder Widder, ein weibliches nennt man Aue und ein Jungschaf nennt man Lamm.
Die Umstellung auf Mutterschafhaltung führte aber nicht nur zu einer Umstrukturierung des Betriebes, sondern auch zur Entwicklung eines neuen Produkts, das so innovativ wie nachhaltig ist: die «Naturwürfeli» – pelletierte, organische Düngerwürfel aus Schafschurwolle.
Die Naturwürfeli sind das Ergebnis einer findigen Idee, die landwirtschaftliche Abfallprodukte in wertvolle Ressourcen verwandelt. So haben Doris und Hanspeter Blaser eine Lücke im Markt für ökologische Düngemittel erkannt und genutzt. «Früher mussten wir die Wolle zu einem sehr geringen Preis abgeben, weil niemand Interesse hatte», erklärt Hanspeter Blaser. Später ergab sich mit dem Aufkommen von Schafwolle als Isolations- und Dämmungsmaterial immerhin wieder ein Markt: «Ab da haben wir die Wolle an die Schafwollannahmestelle der Fisolan AG in Enggistein geliefert, die Schafwolldämmstoffe herstellt», erzählt der Landwirt weiter.
Doch Doris Blaser, die noch in der biologischen Gärtnerei der Friederika Stiftung in Walkringen arbeitet, erkannte das Potential der Schafwolle als Dünger: «Wir verwendeten Schafwolle beispielsweise bei den Zucchetti, indem wir die offene Wolle rund um die Zucchettistaude drapierten, was sowohl die Schnecken etwas abschreckte als auch die Erde darunter feucht hielt und zusätzlich düngte», erzählt sie. Bei einer Weiterbildung zum Thema Kompostieren begegnete Doris Blaser dann zum ersten Mal Schafwollpellets als Düngemittel – das vorgestellte Produkt stammte allerdings aus dem Ausland. «Ich habe die Idee dann nach Hause getragen und wir haben uns daraufhin ernsthaft Gedanken gemacht, wie wir mit unserer Schafwolle ebenfalls eine lokale und nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Düngemitteln herstellen könnten», erklärt Doris Blaser.
Das Schwarzbraune Bergschaf
Das Schwarzbraune Bergschaf ist eine sehr alte Schweizer Schafrasse, deren Ursprung bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht und die aus verschiedenen regionalen Landschlägen hervorging.
Das Schwarzbraune Bergschaf ist ein mittelgrosses und sehr fruchtbares Schaf, das asaisonal ablammt und mit guten Muttereigenschaften überzeugt. Es wird in schwarzen oder braunen Farbschlägen gezüchtet. Es hat eine robuste, kräftige Konstitution, ist widerstandsfähig bei mässigen Futter- und Haltungsbedingungen, alptüchtig, standorttreu und gilt als temperamentvoll und trotzdem angenehm in der Haltung.
Die Entwicklung der Naturwürfeli war jedoch nicht ohne Herausforderungen. «Wir mussten Lösungen finden, wie wir die Wolle effektiv verkleinern und hacken können, um sie danach zu pelletieren», beschreibt Hanspeter Blaser den anspruchsvollen Prozess der Materialverarbeitung. «Das Problem ist, dass Wolle zwar weich, aber auch enorm zäh ist», ergänzt er. Die Anschaffung einer gebrauchten Schnittmühle aus Deutschland erwies sich schliesslich als Schlüssel zur Herstellung der Würfelchen. Nach einer Testphase und viel Tüfteln begannen Hanspeter und Doris Blaser schliesslich mit der Produktion der Düngerwürfel. Der Durchbruch in der Produktion führte zu einer erfolgreichen Partnerschaft mit der EM Schweiz AG in Arni, die Tierfuttermittel und Bodenhilfsstoffe mit Mikroorganismen vertreibt. Das Unternehmen übernahm den Vertrieb des Düngers und ebnete damit den Weg für eine breitere Markteinführung. Weil der Vertrieb nun hauptsächlich über die EM Schweiz AG läuft, werden den Würfelchen noch etwas EM-Keramikpulver und etwas Pflanzenkohle beigemischt.
«Wir mussten unsere Produktion stetig anpassen und erweitern, um den Anforderungen gerecht zu werden – die eigene Wolle reichte bald nicht mehr aus», erzählt Hanspeter Blaser. Die zusätzlich benötigte Wolle kauft er bei Kollegen zu: «Ich halte und züchte rassenreine Schwarzbraune Bergschafe und amte auch als Experte bei den Schafschauen», erklärt der Landwirt, «so habe ich ein breites Netzwerk mit Schafzüchtern und Schafhaltern, die mir Wolle liefern können.» Ausserdem gilt Schafwolle als Schlachtabfall und unterliegt folglich gewissen hygienischen Auflagen. So verlangt das Bundesamt für Landwirtschaft, dass Wolle entweder vor der Weiterverarbeitung gewaschen oder eine Stunde lang bei 70 Grad erhitzt wird. «Und dies obwohl wir ja Schafschurwolle verwenden und die Wolle entsprechend nicht bei der Schlachtung anfällt – aber das ist halt so definiert und entsprechend müssen wir diesen Auflagen nachkommen», meint Hanspeter Blaser pragmatisch.
Waschen kann er die Wolle aber nicht, da sonst das Lanolin, also der sogenannte Wollwachs, weggewaschen wird, der bei der Produktion des Düngers als natürlicher Klebstoff wirkt und dafür sorgt, dass es schön kompakte Würfelchen gibt. «Also erhitze ich die Wolle vor der Weiterverarbeitung bei einer lokalen Sägerei in der Trocknungskammer und bekomme auch eine entsprechende Bescheinigung», erklärt Hanspeter Blaser weiter.
Letztes Jahr lancierten Hanspeter und Doris Blaser auf ihrem Hof im Grunholz das Schaffest, um die Naturwürfeli auch der lokalen Bevölkerung ein bisschen näher zu bringen. Auch dieses Jahr öffnen Hanspeter und Doris Blaser am Ostersamstag wieder ihre Hoftüren und laden zum Schaffest ein.
Vor Ort kann miterlebt werden, wie Schafe geschoren werden und wie die Produktion der Naturwürfeli abläuft. Für den Gaumen gibt es feine Schafvoressen und Schafpfeffer.
Durch die Nutzung eines «Abfallprodukts» haben Hanspeter und Doris Blaser ein vollständig organisches, biozertifiziertes Produkt geschaffen, das den Terra-Preta-Effekt nachahmt: Die Düngewürfel tragen dazu bei, die Bodenstruktur zu verbessern, die Wasserhaltekapazität zu erhöhen, überschüssige Nährstoffe zu puffern und bieten so eine langfristige Nährstoffversorgung für Pflanzen.
Und der Dünger findet nicht nur bei Privatkunden Anklang, sondern auch in Gärtnereien. Die Produktion der Naturwürfeli, die mit rund 200 bis 300 Kilogramm angefangen hat, liegt inzwischen deutlich höher. «Interessant wäre der Einsatz der Naturwürfeli in der Landwirtschaft – dafür müssten wir allerdings in eine fast industrielle Produktion übergehen», sinniert Hanspeter Blaser. Zwar ist eine nachhaltige Steigerung der Produktion durchaus vorgesehen, da die ganze Produktion aber auf dem Hof stattfindet, hat sie auch ihre Grenzen: «Wir haben bereits in eine bessere Schnittmühle investiert», erzählt Hanspeter Blaser. Aktuell liege der Fokus aber vorerst einmal auf der Produktion, um weiter Umsatz zu generieren, damit dann wieder in die kleine betriebliche Erfolgsgeschichte «Naturwürfeli» investiert werden kann.
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