Tradition und Innovation mit Rüben
Das Unternehmen Pfeifer & Langen hat seinen Hauptsitz in Köln und betreibt zusätzlich sechs weitere Standorte in Deutschland. In der Jülich-Zülpicher Börde, einer Region im Rheinland in Nordrhein-Westfalen, nutzen die Landwirte seit Generationen die Lössböden für den Anbau von Zuckerrüben. Zentral in dieser Region befindet sich die Zuckerrübenfabrik von Pfeifer & Langen.
Rüben von 1’300 Bäuerinnen und Bauern
Die «Königin der Ackerfrüchte» gehört zu den effizientesten Pflanzen der Landwirtschaft. Sie wird zu 100 % verwertet. Ein 1 Hektar grosses Zuckerrübenfeld bindet 36 Tonnen CO2 im Jahr. Das entspricht 80’000 gefahrenen Kilometern mit dem Auto. Es liefert 26 Tonnen Sauerstoff pro Jahr – genug, dass 100 Menschen davon leben können. Und – aus der Rübe wird Zucker gewonnen. Aus den Zuckerkristallen entstehen Produkte wie Kristall-, Gelier-, Hagel- und Puderzucker.
In ihrem Kreislauf transportiert die Pflanze das Wasser über die Wurzeln zu den Blättern. Diese absorbieren Kohlendioxid aus der Luft, sodass sich Wasser und Kohlendioxid zu Glukose verbinden. Daraus entwickelt die Pflanze im nächsten Schritt reine Saccharose, den Zucker. Aus der Rübe entsteht zusätzlich Tierfutter wie Press- und Trockenschnitzel oder Melasse. Da die Rübe zu 75 % aus Wasser besteht, nutzen die Rübenverarbeiter auch das Wasser. Und aus den natürlichen Kunststoffen der Rübenschnitzel entstehen kompostierbare Teller und Trinkbecher oder landwirtschaftliche Mulchplanen.
Die Jülicher Zuckerrübenfabrik verarbeitet zirka 1,5 Millionen Tonnen Rüben von 1’300 Bauern, deren Betriebe im Umkreis von durchschnittlich 33 Kilometern liegen.
In der Jülicher Fabrik wird zur Hochsaison, also in der Rübenkampagne, die zirka von Ende September bis Anfang Januar dauert, dreischichtig gearbeitet. Im vergangenen Jahr, das sehr nasse Bedingungen zur Erntezeit hatte, wurden die Rüben teilweise mit einem Erdanteil bis zu 6,5 % abgeliefert. Zum Vergleich: In normalen Jahren sind es 2 bis 2,5 %. Die Lagerkapazitäten am Standort betragen 60’000 Tonnen Raffinade und 110’000 Tonnen Weisszucker.
Innovatives Gedankenspiel zur Verpackung umgesetzt
Im September 2023 führte der Zuckerhersteller neue Verpackungen ein. So besteht das Papier neu zu 20 % aus Rübenzellstoff. Der Zellstoff fällt als Nebenprodukt bei der Zuckerherstellung an und ist daher eine nachhaltige Ergänzung zu Holzfasern. Der Rest besteht aus Fasern aus nachhaltiger Forstwirtschaft.
Durch diese Massnahmen konnte der ökologische Fussabdruck um 16 % gesenkt werden. Was zuerst eine Vision war, ist nun mit den Entwicklern und der Produktion zu einem Erfolg geworden.
Rübe auf der Verpackung überraschte
Mit dem Launch der neuen Beutel haben die Marketingexperten von Pfeifer & Langen gleichzeitig das Verpackungsdesign verändert: Nach dem Motto «Weniger ist mehr» und der Idee, klar zu sagen, was ist, wurden die Informationen reduziert und modern aufbereitet. So nehmen Verbraucher Produktvorteile schneller wahr. Der Fond des Papiers wurde mit zarten Zuckerkristallen versehen und die Zuckerrübe ist in einem frischen Grün gleich mehrmals auf der Verpackung erkennbar. Ausserdem steht dort in grossen Buchstaben das Wort «Zuckerrüben».
Verpackung und Design wurden mit der Kampagne «Glück ist natürlich homemade» lanciert. Es gab viel positives Feedback der Kunden und teils Erstaunen, weil vielen Verbrauchern nicht klar war, dass es sich bei Zucker um ein natürliches Produkt aus der Region handelt. Der Aspekt des Rübenfaseranteils im Verpackungspapier wurde durchweg sehr positiv bewertet.
Das Unternehmen erhielt dieses Jahr unter 1’300 Teilnehmenden aus 19 Ländern zwei Winner-Auszeichnungen. Die Diamant-Zucker-Kampagne «Glück ist natürlich homemade» wurde in den Kategorien «Excellence in Brand Strategy und Creation: Lighthouse Project of the Year» prämiert. Die Jurys lobten die Innovationskraft, Markenprägnanz und die Fähigkeit, sich deutlich vom Wettbewerb abzuheben.
In Aachener Printen stecken Jülicher Zuckerrüben
Zwischen der traditionellen Printenbäckerei Klein, mitten in Aachen, und der Jülicher Börde liegen 30 Kilometer. Die Zuckerrüben wachsen quasi vor der Haustüre. In den Printen braucht es für den süssen Geschmack Farinzucker, Krümelkandis und Zuckerrübensirup.
Andreas Klein führt in der vierten Generation die Backstube, in der das Familienrezept der Printen streng gehütet wird, auch vor den Mitarbeitenden. Früher wurde dort alles gebacken: Brot, Brötchen, Kuchen und Printen. Heute konzentrieren sich die Kleins auf zuletzt Genanntes.
Die Teigbasis wird gebildet aus Mehl, Wasser und Süssungsmitteln ohne Zusatz von Fetten. Die Gewürzmischung besteht aus Zimt, Anis, Nelken, Kardamom, Koriander, Piment, aber auch Orangeat, Zitronat und Ingwer, wobei die prozentualen Anteile in der Würzmischung ein Geheimnis des jeweiligen Herstellers sind.
Knuspriges Gebäck
Das würzig-süsse Gebäck, das besonders gern in der Weihnachtszeit verzehrt wird, erinnert durch seine Gewürzmischung an Lebkuchen. Abgesehen von den Gewürzen hätten Printen und Lebkuchen jedoch kaum etwas gemeinsam, sagt Andreas Klein. Einzigartig mache die Printe ihre Konsistenz.
Printen sind hart, das Gebäck knuspert bei jedem Biss. Grund dafür ist der in ihnen enthaltene Zuckerrübensirup – eine Zutat, die ursprünglich aus der Not heraus verwendet wurde. Für die Historie der Aachener Printe gebe es wenig Belege, sagt Klein. Selbst im Stadtarchiv sei er nicht weitergekommen.
Belgischer Ursprung der Printe
Die Printe hat ihren Ursprung wohl in Belgien. Vor über 350 Jahren hätten Bronzegiesser aus dem belgischen Dinant in ihren Brotdosen ein Gebäck nach Aachen gebracht, dessen weicher Teig in aufwendig geschnitzte Holzformen gedrückt wurde. Durch diesen Arbeitsschritt erhielten die Printen ihren Namen. «Prenten» heisst im Niederländischen so viel wie «prägen» oder «drucken».
Als Napoleon 1806 die Kontinentalsperre verhängte, standen die Aachener Printenbäcker vor einer Herausforderung. Importierter Zucker und Honig seien nicht länger verfügbar gewesen, sagt Klein. «So griffen die Bäcker auf die heimische Zuckerrübe zurück», erklärt Klein und ergänzt: «Ihr Sirup machte den Teig jedoch zäher und schwerer formbar, daher verzichteten die Bäcker auf den Model, rollten den Teig lediglich zu Platten und schnitten ihn zu.»
Seit 1997 dürfen ausschliesslich Printen, die in Aachen selbst und einer Handvoll Städte um Aachen herum hergestellt werden, «Aachener Printe» heissen. Diese ist ein geografisch geschütztes Produkt.
Erst hart, dann weich
Nachdem die Printen abgekühlt sind, sind sie durch das fehlende Fett und den karamellisierten Zucker hart – wie die original Aachener Printe auch sein soll. Es gibt jedoch auch Weichprinten. Ihr Herstellungsprozess ist derselbe wie bei Hartprinten. Nach dem Backen werden sie jedoch zusätzlich mehrere Tage in Kammern mit höherer Luftfeuchtigkeit gelagert. Der Zucker nimmt Feuchtigkeit auf, die Printe wird weich.
Der Zucker ist somit eine elementare Zutat in den Printen. Somit schliesst sich der Kreis zwischen der Grundproduktion und einem Endprodukt.
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