Deshalb bleibt Bio teurer
Die Preise für Bioprodukte und Nicht-Bioprodukte im Schweizer Detailhandel entwickeln sich ähnlich, doch die Preisdif...
Die Herausforderungen im Schweizer Steinobstmarkt, insbesondere bei der Kirschenproduktion, sind vielseitig und komplex. Nachhaltigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit stehen im Fokus. Doch wie gehen die Akteure damit um und wo liegen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede? Am Schweizer Steinobstseminar im Dezember 2024 skizzierten unter anderem Markus Hämmerli, Leiter des Departements Frische und Lebensmittelsicherheit bei der Fenaco-Tochter Inoverde und Stephan Blunschi, Bereichsleiter Einkauf Früchte und Gemüse bei Migros, ihre Sichtweisen – teils ergänzend, teils widersprüchlich.
«Wir sind kein Veredelungs- oder Verarbeitungsbetrieb, sondern Vermarkter und Dienstleister», erklärte Markus Hämmerli und betonte, dass Inoverde sich als Bindeglied zwischen Landwirtschaft und Konsumentinnen und Konsumenten versteht. «Aber es ist eine Herausforderung unserer Aufgabe als Bindeglied zwischen der produzierenden Landwirtschaft und unseren Kunden, dem Detail- und Grosshandel, gerecht zu werden», erläuterte er weiter und ergänzte: «Denn sobald die Ware bei uns ist, ist sie noch nie besser geworden.» Diese Ausgangslage erschwere es, insbesondere in Jahren mit grossen Erntemengen.
So sind die Schwankungen in den Erntemengen laut Markus Hämmerli eine der grössten Herausforderungen. «In den letzten 14 Jahren hatten wir mehrfach schwierige Jahre in der Kirschenproduktion mit ausserordentlichen Massnahmen wie Exporten, Pflückstopps oder der Vernichtung von Ware», erklärte er.
Erntemengen über 2’000 Tonnen seien in der heutigen Konfiguration eine grosse Herausforderung und das, obwohl das eigene Vermarktungskonzept eigentlich 3’000 Tonnen Kirschen vorsehen würde. Die Diskrepanz zwischen Einkauf und Verkauf betrug im Jahr 2024 rund 20 Prozent – ein Fünftel der übernommenen Kirschen wurden also nie verkauft. «Das ist weder nachhaltig noch ökonomisch», gibt Markus Hämmerli zu bedenken.
«Sobald die Ware bei uns ist, ist sie noch nie besser geworden.»
Eine weitere Komplexität ergibt sich durch die regional unterschiedlichen Erntezeitpunkte und die Vielfalt der Sorten. Die verschiedenen Reifezeiten der einzelnen Sorten sollten eigentlich eine bessere Planung ermöglichen, sind aber seitens der Produktion wetterbedingt eben kaum beeinflussbar. Je nach Witterung kann es sein, dass die mittelspäte Kirschensorte Kordia früher reif ist und dann mittelfrühe Sorten wie Christiana konkurrenziert. «Wir haben frühe Sorten aus späten Lagen, die auf mittelfrühe Sorten aus frühen Anbauregionen treffen – das führt zu einer Überlappung der Reifezeiten und hohen Lagerbeständen», so Markus Hämmerli.
«In Spitzenzeiten haben wir in einer Erntewoche dreissig verschiedene Kirschensorten im Wareneingang – das macht die Verkaufsplanung nahezu unmöglich und sorgt für eine heterogene Präsentation am Point of Sale», erläutert er. Zwar habe man lagertechnisch grosse Fortschritte gemacht, auch mit dem Ziel, den Markt bei solchen Überlappungen zu stabilisieren. Die Lagerung ist gleichzeitig aber problematisch: «2024 hatten wir Kirschen, die drei bis vier Wochen gelagert wurden – das widerspricht unserem Vermarktungskonzept und führt zu einem erheblichen Verlust an Frische und Qualität», erläuterte Markus Hämmerli.
Diese Problematik wirkt sich auch auf die Konsumentenwahrnehmung aus, den Kunden schätzten Kontinuität: «Wenn sie heute eine Sorte Kirschen kaufen, die ihnen besonders gut schmeckt, erwarten sie, diese auch morgen wieder zu finden – das ist bei einer solchen Sortenvielfalt kaum zu garantieren und führt zu Frustration am Verkaufspunkt», erklärte Markus Hämmerli.
Stephan Blunschi von der Migros bestätigte diese Beobachtung und betonte, dass die Kundinnen und Kunden heute hohe Ansprüche haben: «Der Kunde will alles, er will es gleichzeitig und er will es immer.» Die Realität, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse von Wetterbedingungen abhängig sind, werde dabei oft übersehen. So sorge es für Unverständnis, wenn Obst durch Hagel beschädigt sei oder bestimmte Sorten nicht verfügbar seien, wenn zum Einkaufszeitpunkt draussen die Sonne scheine.
«Der Kunde will alles, er will es gleichzeitig und er will es immer.»
Ein weiteres emotionales Thema ist die Kaliberverteilung und deren Einfluss auf die Preisgestaltung. Der Markt verlangt von den Produzentinnen und Produzenten bei Tafelkirschen grosse, süsse und knackige Kirschen – was sich auch beim Preis widerspiegelt: Der Abgangspreis ab Verladeplatz betrug für Kirschen mit dem Kaliber 22 mm+ in den letzten Jahren bei knapp 5 Franken pro Kilogramm, beim Kaliber 24 mm+ bei rund 7 Franken pro Kilogramm und für Kirschen mit dem Kaliber 28 mm+ rund 8.40 Franken pro Kilogramm. Für Produzentinnen und Produzenten bedeutet dies also je grösser, desto besser.
Während 2024 im Wareneingang von Inoverde aber 59 Prozent der Kirschen ein Kaliber von 28 mm+ aufwiesen, waren es beim Verkauf nur 43 Prozent. Der höhere Preis für die ganze grossen Kirschen setzt also einen falschen Anreiz: «Der grosse Preisunterschied zwischen den Kalibern ist ein emotionales Thema und wir müssen klären, ob die Preisdifferenz gerechtfertigt ist», bekannte Markus Hämmerli.
Gleichzeitig stellt aber die Preissensibilität der Konsumentinnen und Konsumenten ein Problem dar. Auch bei Kundinnen und Kunden, die preisorientiert einkaufen, stehe die Qualität sehr weit oben, erklärte Stephan Blunschi von der Migros. Diese Beobachtung werden von Inoverde gestützt: «Schweizer Kirschen sind ein Premiumprodukt – dennoch sehen wir, dass sie vor allem während Aktionen verkauft werden», erklärte Markus Hämmerli und ergänzte: «Dies untergräbt den Premiumcharakter der Kirsche und birgt ein Imagerisiko.»
Das Spannungsfeld zwischen hochwertiger Ware und günstigen Preisen ist somit ein zentraler Treiber, so Stephan Blunschi. Gleichzeitig forderten Konsumentinnen und Konsumenten eine verantwortungsbewusste Produktion, seien jedoch kaum bereit, Kompromisse beim Geschmack und der Qualität einzugehen.
Sowohl Stephan Blunschi wie auch Markus Hämmerli betonten, dass die Herausforderung des Steinobstsektor von der ganzen Branche gemeinsam angegangen werden müssen. So sehen sie bei der Zusammenarbeit in der Branche beide viel Potential, jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
«Ich wünsche mir, dass wir weniger über Lagerverluste und Aktionsbeiträge sprechen, sondern die Qualität und Frische wieder in den Fokus stellen», so Markus Hämmerli. Dazu gehöre auch eine Schärfung des Sortenportfolios und die Weiterentwicklung der Produktionsstrukturen. Nur so könne die Homogenität erhöht und die Effizienz gesteigert werden.
«Die Marktchance besteht darin, eine gute Qualität zu einem günstigeren Preis anbieten können», betonte derweil Stephan Blunschi. Während Markus Hämmerli also die Wertigkeit der Produkte stärker betonen will, sieht Stephan Blunschi die Notwendigkeit, die Preisorientierung der Kundschaft zu bedienen. Und so zeigt sich, dass es trotz Dialogbereitschaft in der Branche noch keine einfachen Lösungen gibt, um den Steinobstmarkt nachhaltig und wirtschaftlich zu sichern.
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