Lebensraum Hecke: Wie grüne Bänder die Artenvielfalt stärken
Einst als Windschutz und Nahrungsquelle angelegt, fördern Wildhecken heute vor allem die Artenvielfalt und bieten zah...
Insgesamt wurden 2019 gemäss Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) weltweit 755 Millionen Tonnen Reis geerntet. Asien ist mit rund 90 Prozent des Ertrags das wichtigste Anbaugebiet. In der Schweiz werden pro Kopf und Jahr etwa sechs Kilogramm Reis gegessen, was gesamthaft über 50’000 Tonnen ergibt. Gut die Hälfte davon stammt aus Italien, dem grössten Reisproduzent Europas. Knapp 15’000 Tonnen werden aus Thailand importiert, gefolgt von Indien mit knapp 7’500 Tonnen Speisereisimporten pro Jahr.
Auf der weltweiten Anbaukarte für Reis ist die Schweiz allerdings inexistent: Tatsächlich wird auch hier Reis angebaut, aber nur auf einer kleinen Fläche und mit kaum nennenswerten Erntemengen. Selbst im Vergleich zu Nord- und Zentralamerika, wo mit rund 10 Millionen Tonnen Reis nur noch gut 1,3 Prozent der weltweiten Reisproduktion geerntet werden, ist der Schweizer Reisanbau unbedeutend.
Gleichwohl untersucht das nationale landwirtschaftliche Forschungsinstitut Agroscope seit 2017 im Rahmen eines Forschungsprojekts den Nassreisanbau in der Schweiz. Mit dem Klimawandel seien Landwirte und Landwirtinnen mit erschwerten Produktionsbedingungen konfrontiert. In Zukunft sei vermehrt mit Starkniederschlägen, Trocken- und Hitzeperioden zu rechnen – mal hat es zu viel, mal zu wenig Wasser und beides führe zu Ertragsausfällen, heisst es von Seiten Agroscope. Zwar sei ein grosser Teil der temporär vernässten Ackerflächen drainiert, doch seien viele Drainagen sanierungsbedürftig. Gleichzeitig seien Feuchtgebiete und die darin vorkommenden Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz aufgrund der Entwässerungen besonders stark gefährdet. Mit dem Nassreis-Forschungsprojekt wird darum eine mögliche alternative Produktionsmöglichkeit auf Feuchtackerflächen untersucht, welche die wirtschaftliche Situation der Bauern aber auch die Auswirkungen auf die Umwelt verbessern könnte.
Der Anbau von Reis als Nischenprodukt auf temporär gefluteten Flächen stellt laut Agroscope eine vielversprechende Möglichkeit dar und zusammen mit der IG Nassreis und der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen wird an unterschiedlichen Standorten in den Kantonen Bern, Aargau, Freiburg, Waadt und Wallis getestet, wie gut Reis in der Schweiz nördlich der Alpen angebaut werden kann. Von 2017 bis 2020 habe die Erntemenge auf den Pilotbetrieben zwischen 3 und 7 Tonnen Rohreis pro Hektare betragen, erklärt Yvonne Fabian von Agroscope. Aufgrund der kalten Witterung sei dieses Jahr die Ernte aber signifikant tiefer ausgefallen: «Vor allem beim gesäten Reis waren viele Ähren leer, da sie bei den niedrigen Temperaturenwährend der Blütezeit nicht befruchtet wurden.» Anstatt wie sonst 4 oder soagr bis 7 Tonnen Reis, gab es dieses Jahr nur 2 Tonnen Reis pro Hektare. Dazu kam ein ausserordentlich grosser Unkrautdruck.
«Dieses Jahr ist ziemlich viel schief gegangen», sagt Daniel Amgarten vom Pilotbetrieb Max Schwarz AG im aargauischen Villigen. «Wir machen seit 2019 auf einer Parzelle gleich neben der Aare Nassreisanbau und sowohl 2019 wie auch 2020 gab es eine schöne Ernte», erzählt er weiter. In den beiden letzten Sommern habe aber auch das Wetter ziemlich gut mitgespielt. Dieses Jahr sei es einerseits viel zu kühl gewesen und andererseits hätten sie den grossen Unkrautdruck mit Hühnerhirse nicht in den Griff bekommen. «Wir haben den Reis dieses Jahr nicht gesetzt, sondern gesät, da wir letztes Jahr eigentlich gute Erfahrungen mit dem ausgesäten Reis gemacht haben», erklärt Daniel Amgarten. Allerdings sei der Reis temperaturbedingt dann eben sehr verhalten gewachsen und das Reisfeld konnte erst spät geflutet werden – zu spät. Die Hühnerhirse war dem Reis da bereits über den Kopf gewachsen und das Getreide hatte keine Chance mehr. «Schliesslich war der Unkrautdruck so gross, dass wir aufgeben mussten.»
Die Schweiz sei grundsätzlich sowieso nur bedingt für den Reisanbau geeignet, meint der Präsident der IG Nassreis, Hans Mühlheim, der auf seinem Betrieb im bernischen Schwadernau ebenfalls Reis anbaut. «Klima- und wetterbedingt ist Reis in der Schweiz eine herausfordernde und heikle Kultur und die Ernten schwanken von Jahr zu Jahr – einmal ist die Ernte grösser, das andere Mal kleiner und ein weiteres Mal fällt sie aus», erklärt er. Damit es überhaupt einigermassen funktioniere, müssten ausserdem ein paar Voraussetzungen erfüllt sein. «Reisanbau macht nur an sehr ausgewählten Standorten Sinn.» Unter anderem müsse die Topographie stimmen: Die Pflanzfläche müsse flach und dürfe nicht «grienig» oder sandig sein; in unmittelbarer Nähe müsse genügend Wasser vorhanden sein, denn je nach Bodenbeschaffenheit brauche es mehr oder weniger Wasser. Daneben sei das Wassermanagement anspruchsvoll und brauche Zeit.
«Das Projekt ist nicht kostendeckend – hat aber Marketingwert», ergänzt Daniel Amgarten von der Max Schwarz AG. Der Hype und die Nachfrage seien eigentlich gross, trotzdem sei der Reisanbau bisher nicht wirtschaftlich und so nur bedingt interessant. Grossverteiler hätten zwar Interesse an Schweizer Reis, seien aber nicht bereit den hohen Preis zu zahlen, fügt Hans Mühlheim an. Bis jetzt gehe der Absatz so vor allem über die Direktvermarktung, Spezialitätenläden und Gourmetrestaurants.
Trotz sehr spezifischen topographischen Voraussetzungen für den Anbau und eher schlechter Wirtschaftlichkeit werde der Anbau sicher gelichwohl noch etwas wachsen, ist Hans Mühlheim überzeugt: «Auch weil Neueinsteiger das Wissen der bisherigen Produzenten nutzen können und kein Lehrgeld mehr bezahlen müssen.» So hätten auch die Agroscope-Versuche im Gewächshaus schon Erkenntnisse und Mehrwert für den Anbau auf dem Feld gebracht.
Obwohl der Nassreisanbau in der Schweiz aufgrund des Klimas, der Topographie und den wirtschaftlichen Begebenheiten wohl dazu verdammt ist, ein Nischenprodukt zu bleiben, fördert die IG dessen Anbau. «Reisanbau macht man aus Überzeugung für die Natur», hebt Hans Mühlheim hervor. Der ökologische Nassreisanbau fördere die Biodiversität bedrohter nässeliebender Tier- und Pflanzenarten, erklärt Yvonne Fabian von Agroscope weiter. So hätten sich auf den Nassreisflächen innerhalb kürzester Zeit viele Libellen, Amphibien und Vögel eingefunden: «Davon auch viele Tiere der roten Listen wie die Sumpfheidelibelle, der Östliche Blaupfeil, der Laubfrosch, die Kreuzkröte und die Gelbbauchunke.»
Daneben wurden Pech- und Königslibellen beobachtet, Ringelnattern, die Frösche jagten, Rohrkolben und Schwanenblumen, sogar Bekassinen seien gelandet – ein vom Aussterben bedrohter Vogel, der in der Schweiz nur noch unregelmässig brütet. Beachtenswert dabei sei, dass die wenigen Schweizer Nassreisfelder in Bezug auf die Biodiversität sehr schnell einen positiven Effekt zeigten, sagt Hans Mühlheim: «Die Biodiversität ist entsprechend der Hauptförderungsgrund und der grösste Pluspunkt für den Reisanbau und dieser Einsatz sollte belohnt werden.»
Von Überzeugung alleine lässt es sich allerdings nicht leben. Damit sich der Aufwand des Nassreisanbaus für die wenigen, topographisch «richtig» gelegenen Betriebe wirtschaftlich trotzdem ein bisschen lohnt, müssen die richtigen Lehren gezogen und das Projekt weiterentwickelt werden.
So könne man beispielsweise an der Sortenwahl noch «schrauben», meint Hans Mühleheim. «Mit neuen Sorten, die kürzere Vegetationszeiten haben, lässt sich der Nassreisanbau in der Schweiz noch optimieren», meint er. Und die Suche nach weiteren kälteresistenten Sorten werde in Zukunft weiterhin ein Thema sein, ergänzt Yvonne Fabian. Die Erkenntnisse aus diesem Jahr hätten ausserdem gezeigt, dass besonders gesetzter Reis viele Vorteile habe: «Der gesetzte Reis hat trotz der schlechten Witterungsbedingungen im Gegensatz zu anderen Feldkulturen wie Mais oder Zuckerrüben einen guten Ertrag gebracht, da er auch in diesem Jahr bis zur Ernte gereift ist», erklärt sie. Eine Erkenntnis, die auch Daniel Amgarten für den Nassreisanbau in Villigen beherzigen wird: «Zukünftig werden wir den Reis nur noch setzen und nicht säen – auch wenn es aufwändiger ist.» Aus Kostengründen wäre eigentlich Säen die bessere Option, da das Setzen mehr Zeit in Anspruch nehme und die Setzlinge auch einiges teurer seien als der Samen. «Mit dem Setzlingsanbau kann das Reisfeld aber gleich nach dem Setzen geflutet werden und die Hühnerhirse kann so nicht keimen», erklärt Daniel Amgarten weiter. Die Kultur habe so einen Wachstumsvorsprung und die Unkrautunterdrückung gelinge besser.
Tatsächlich würden alle am Agroscope-Projekt teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte auch im nächsten Jahr wieder Reis anbauen, freut sich Yvonne Fabian: «Sie lassen sich nicht so schnell entmutigen.»
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