Saubere Gewässer trotz Pflanzenschutzmitteln

Das Berner Pflanzenschutzprojekt zeigt deutliche Verbesserungen der Gewässerqualität durch Massnahmen wie die Sanierung von Waschplätzen. Trotz signifikanter Erfolge und reduzierter Umweltbelastung bleiben Herausforderungen bestehen. Die Erkenntnisse sollen helfen, die Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln weiter zu minimieren und nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken zu fördern.
Zuletzt aktualisiert am 27. Juni 2024
von Renate Hodel
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Das Berner Pflanzenschutzprojekt ist zum vorläufigen Abschluss gekommen: Zwischen 2017 und 2022 wurden von Landwirtschaftsbetrieben zahlreiche Massnahmen ergriffen, um die Umweltrisiken durch Pflanzenschutzmittel zu reduzieren. Und der Schlussbericht des Projekts zeigt nun auch eine signifikante Abnahme der Gewässerbelastung durch Pflanzenschutzmittel.

Eine der innovativsten Massnahmen war die Sanierung von Waschplätzen. Über 65 Prozent der schädlichen Anteile konnten so reduziert werden. Früher wurde das Abwasser aus den Waschplätzen in die Kanalisation geleitet, was die Kläranlagen überforderte. Nun wird das Wasser entweder in Güllenlöcher oder Verdunstungsanlagen geleitet, wo die Rückstände neutralisiert werden. «Die Pflanzenmittelrückstände können in den Kläranlagen nicht herausgefiltert werden», erklärt Markus Lüscher, am Projekt teilnehmender Landwirt und Vizepräsident des Berner Bauernverbands, «darum müssen jetzt die Waschplätze alle ins Güllenloch geleitet werden.»

Michel Gygax, Leiter der Fachstelle Pflanzenschutz des Kantons Bern, ergänzt: «Von den 61 Millionen des Projekts sind zirka ein Viertel – also rund 15 bis 17 Millionen – in die Waschplätze geflossen.» Innerhalb des Projekts seien so knapp 480 Waschplätze saniert oder neu gebaut worden. Michel Gygax weist jedoch darauf hin, dass die Anzahl Betriebe, die eine Feldspritze besitzen, grundsätzlich abnimmt, da immer mehr Spritzarbeiten von Lohnunternehmungen durchgeführt werden. «Meine Schätzung ist, dass nur rund ein Viertel bis ein Drittel der Betriebe im Kanton Bern ihre Felder noch selbst spritzen», meint er.

Erfolgreiche und weniger erfolgreiche Massnahmen

Das Projekt hat rund 61 Millionen Franken gekostet, wovon der Bund 49 Millionen Franken übernahm. Im letzten Projektjahr haben 3’500 Landwirtschaftsbetriebe im Kanton Bern etwa 10’000 Massnahmen umgesetzt. Nebst der Sanierung von Waschplätzen wurden auch andere Massnahmen wie das Einnetzen von Obstkulturen und der Verzicht auf Herbizide im Rebbau umgesetzt, die ebenfalls Erfolge erzielten. In Maiskulturen konnte der Insektizideinsatz deutlich reduziert werden, indem die Trichogramma-Schlupfwespe gegen den Maiszünsler eingesetzt wurde. «Bei uns hat die ganze Region mitgemacht, und das zeigte auch die entsprechende Wirkung», erklärt Landwirt Markus Lüscher.

Hingegen wurden die Zielvorgaben bei den Herbiziden nicht vollständig erreicht. Statt der geplanten 3’800 Hektaren wurden nur 2’800 Hektaren ohne Herbizide bewirtschaftet. Auch die Massnahme zur Anlage von Pufferstreifen blieb mit 1’400 statt 2’400 Kilometern unter den Erwartungen. Trotz eines finanziellen Anreizes von zwei Franken pro Laufmeter konnte diese Massnahme nicht voll ausgeschöpft werden.

Um die Wirksamkeit der Massnahmen zu überprüfen, wurden zwei kleine Bäche beobachtet. «Ein Vorteil kleiner Bäche ist, dass wir die Messungen eher in den Zusammenhang mit den Massnahmen auf der Landwirtschaftsseite setzen können», erläutert Irene Wittmer, Leiterin des kantonalen Gewässer- und Bodenschutzlabors. Am Ballmoosbach bei Jegenstorf sanken die Konzentrationen der Pflanzenschutzmittel deutlich. Auch beim Chrümlisbach bei Bätterkinden war eine Reduktion erkennbar, wenn auch weniger ausgeprägt.

Nachhaltige Unterstützung gefordert

Trotz des Erfolgs sind die Landwirte weiterhin auf Unterstützung angewiesen. Michel Gygax, Leiter der Fachstelle Pflanzenschutz des Kantons Bern, betont: «Wir haben gewusst, dass wir es nicht schaffen werden, die Belastung auf Null zu bringen – aber das Ziel war die Reduktion der Belastung und dieses Ziel haben wir klar erreicht.» Die Erkenntnisse aus dem Projekt sollen nun dazu beitragen, die unerwünschten Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren.

Samuel Vogel, Leiter Fachbereich Agrarumweltsysteme und Nährstoffe beim Bundesamt für Landwirtschaft, erklärt, dass die Massnahmen, die im Berner Projekt getestet wurden, inzwischen teilweise durch Direktzahlungen unterstützt werden. «National haben wir grosse Ziele im Hinblick auf die Reduktion der Risiken durch Pflanzenschutzmittel und es gibt den entsprechenden Aktionsplan dazu», erklärt er. Die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln dürfte alle Beteiligten also noch lange beschäftigen: «Noch werden nicht alle Anforderungen an die Gewässer erfüllt, und es gibt noch Bedarf, besser zu werden», betont Samuel Vogel.

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Werten das Berner Pflanzenschutzprojekt als Erfolg: Markus Lüscher, Landwirt und Vizepräsident des Berner Bauernverbands, zusammen mit Michael Gysi, Vorsteher des Amts für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern, und Jürg Iseli, Landwirt und Präsident des Berner Bauernverbands. (rho)

Klare Erfolge, neue Herausforderungen

Markus Lüscher blickt aber optimistisch in die Zukunft: «Mit dem Feldrandstreifen machen wir weiter, davon sind wir überzeugt», meint er. Und obwohl die finanziellen Anreize des Kantons wegfallen, bleibt die Unterstützung durch die Bundespolitik bestehen. Jürg Iseli, Präsident des Berner Bauernverbands, unterstreicht die Bedeutung der fortlaufenden Massnahmen. «Wer in den Prozess eingestiegen ist, wird die Massnahmen weiterführen, da bin ich überzeugt», sagt er und ergänzt: «Die wesentlichen Massnahmen waren die Grünstreifen, plus die Waschplätze, die einen Rieseneffekt gebracht haben – die Schritte, die nun kommen, sind nicht mehr so gross.»

Aber obwohl die landwirtschaftlichen Erträge während der Projektjahre trotz der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln nicht wesentlich beeinträchtigt wurden, bestehen dennoch Herausforderungen, wie Jürg Iseli betont: «Wenn die Bäuerinnen und Bauern ihre Kulturen nicht mehr schützen und folglich nicht mehr ernten können, dann hören sie auf – die Konsequenz ist, dass der Ackerbau abnimmt und das wäre dann auch nicht zielführend.» Markus Lüscher betont hierbei die Wichtigkeit der richtigen Wirkstoffe: «Wir können die genau gleichen Erträge erwirtschaften, solange wir genügend Wirkstoffe zur Verfügung haben – Pestizidreduktion und Pflanzenschutz müssen sich nicht ausschliessen.»

Michel Gygax unterstreicht in dieser Hinsicht die Notwendigkeit individueller Ansätze: «Für uns zeigen die Erkenntnisse aus dem Projekt, dass wir die Landwirtschaft über die Ausbildung, Weiterbildung und Beratung unterstützen müssen und quasi jedes Einzugsgebiet individuell anschauen müssen, um zu eruieren, was zu machen ist, um die Belastung durch Pflanzenschutzmittel mit weiteren Massnahmen zu reduzieren», erklärt er. Und Irene Wittmer fügt hinzu, wie wichtig es sein werde, dass weiterhin gemessen und auch der Austausch mit der Landwirtschaft fortgeführt würde. «Es wird sich vieles ändern in nächster Zeit – so sind gewisse Wirkstoffe verboten worden, und wir werden beobachten müssen, was das für die Gewässer bedeutet», betont sie.

Erfolg im Vergleich

Das Berner Pflanzenschutzprojekt bezeichnen alle Beteiligten als Erfolg – ein direkter Vergleich mit anderen Kantonen ist aber schwierig. «Es gibt schweizweit insgesamt sieben Ressourcenprojekte, die sich der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln angenommen haben – alle Projekte sind jedoch einzigartig, mit unterschiedlichen Zielsetzungen und in verschiedenen Regionen und lassen sich daher schlecht miteinander vergleichen», erläutert Samuel Vogel vom Bundesamt für Landwirtschaft. Dennoch betont Samuel Vogel, dass alle Beteiligten von den Erfahrungen und Erkenntnissen jedes Projekts profitieren können, was zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik beiträgt.

Insgesamt zeigt das Berner Pflanzenschutzprojekt, dass durch gezielte Massnahmen und Investitionen signifikante Umweltverbesserungen erreicht werden können, ohne die landwirtschaftlichen Erträge wesentlich zu beeinträchtigen. Die Fortführung der Massnahmen und die individuelle Anpassung an die Bedürfnisse der Betriebe werden entscheidend sein, um langfristig nachhaltige Erfolge zu sichern.