Grüne Milchalternativen: Ökohelden mit Nährstofflücken?
Pflanzliche Milchalternativen wie Soja-, Mandel- und Haferdrinks boomen. Sie gelten als umweltfreundlicher als Kuhmil...
Während das Recycling von Verpackungen als wesentlich für eine nachhaltigere Zukunft angesehen wird, offenbaren sich zugleich bedeutende Herausforderungen: Die Balance zwischen der Notwendigkeit, Lebensmittelsicherheit durch hochqualitative Verpackungsmaterialien zu gewährleisten und dem drängenden Bedürfnis, diese Materialien nach ihrem Lebenszyklus wiederzuverwenden oder zu recyceln, gestaltet sich komplex. Dieses Spannungsfeld wird durch gesetzliche Vorgaben und die technischen Beschränkungen der Materialien weiter verkompliziert.
Dorine Kouyoumdjian, Informationsbeauftragte des Bundesamtes für Umwelt (BAFU), betont die Bedeutung eines effektiven Recyclingsystems, um Lebensmittelverpackungen nach ihrem Lebenszyklus einer neuen Verwendung zuzuführen. Allerdings sind die gesundheitstechnischen Anforderungen für die Wiederverwendung dieser Materialien besonders hoch, weshalb in der Schweiz, abgesehen von Getränkeverpackungen, Lebensmittelverpackungen grösstenteils noch nicht separat gesammelt und recycelt werden.
So werden Lebensmittelverpackungen meist zusammen mit dem Hauskehricht gesammelt und in einer Kehrichtverbrennungsanlage verbrannt. Eine Ausnahme bilden Verpackungen aus Metall und Sekundärverpackungen aus Karton, die in der Schweiz gesondert gesammelt und recycelt werden können. «Die separat gesammelten und rezyklierten Verpackungen können als Rohstoff meistens aber nur noch in einem anderen, weniger anspruchsvollen Bereich wieder eingesetzt werden – beispielsweise in Bauprodukten», erklärt Dorine Kouyoumdjian.
Tatsächlich werde die Wahl der Verpackungsmaterialien durch eine Vielzahl von Regulierungen bestimmt, die nicht nur die Kreislauffähigkeit der Materialien, sondern auch ihren Schutz in Bezug auf die Haltbarkeit von Lebensmitteln berücksichtigen müssten, bestätigt Andreas Zopfi, der Geschäftsführer des Schweizerischen Verpackungsinstituts SVI.
Er betont, dass die Wahl des Verpackungsmaterials je nach Art des Lebensmittels sorgfältig abgewogen werden müsse und illustriert dies am Beispiel von trockenen Füllgütern, für die sich Frischfaserkarton eigne, während Fleisch oder pastöse Füllgüter nicht ohne weiteres in Karton verpackt werden können.
«Fleisch oder pastöse Füllgüter in Karton zu verpacken, geht wissentlich nicht, es sei denn der Karton wird mit Kunststoff beschichtet – dann ist der Karton jedoch nicht mehr rezyklierbar», erläutert Andreas Zopfi. Ausserdem verbiete das Gesetz den Direktkontakt von Lebensmitteln mit Rezyklaten, mit der Ausnahme bei PET-Getränkeflaschen. «Hier sind die Wissenschaft und der Gesetzgeber gefordert unbedenkliche Rezyklate zu bestimmen und freizugeben», ergänzt Andreas Zopfi.
Dies verdeutlicht die Herausforderungen bei der Schliessung des Kreislaufs von Lebensmittelverpackungen. Nichtsdestotrotz könne ein sogenanntes Downcycling aus Umweltsicht sinnvoll sein und ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten, besonders im Lebensmittelbereich, so Dorine Kouyoumdjian vom BAFU.
Entscheidend für die Reduktion der Umweltauswirkungen von Lebensmittelverpackungen sei das Kreislaufdenken von Beginn an: «Damit der Kreislauf bei der Entsorgung geschlossen werden kann, muss bereits bei der Entwicklung der Verpackung die Wiederverwendung und Entsorgung mitgedacht und geplant werden», erläutert Dorine Kouyoumdjian.
Gleichzeitig sollte die Balance zwischen der Notwendigkeit von Verpackungen für die Lebensmittelsicherheit und der Reduzierung des ökologischen Fussabdrucks stimmen. Laut BAFU sollten unnötige Verpackungen vermieden und der Einsatz von Mehrwegverpackungen beispielsweise in der Take-Away-Gastronomie ausgebaut werden, um Ressourcen zu schonen und die Kreislauffähigkeit zu verbessern: «Es gibt noch wesentliche Potentiale bei der Reduktion des Einsatzes von Verpackungsmaterialien sowie beim Ausbau der Rezyklierbarkeit und der Erhöhung des Rezyklateinsatzes und damit der Verbesserung der Kreislauffähigkeit – diese Potentiale sollten genutzt werden», erklärt BAFU-Informationsbeauftragte Dorine Kouyoumdjian.
Sowohl SVI-Geschäftsführer Andreas Zopfi als auch Viviane Pfister, Leiterin Marketing und Kommunikation beim Dachverband der Schweizer Recyclingorganisationen Swiss Recycle, äussern sich positiv über die bestehenden Recyclingsysteme und Verfahren des Landes, betonen gleichzeitig aber ebenfalls die Notwendigkeit, in bestimmten Bereichen Verbesserungen vorzunehmen.
Andreas Zopfi hebt hervor, dass die Schweiz in Bezug auf das Recycling von Glas, Aluminium und Blech bereits seit Jahrzehnten eine Erfolgsgeschichte ohne Pfandsystem schreibe und auch das Recycling von PET-Getränkeflaschen sei mittlerweile effektiv. Der Fokus liege nun auf der Herausforderung, ein qualitativ hochwertiges Recyclingsystem für Kunststoffverpackungen aufzubauen: «Es ist jedoch nicht möglich, alle Kunststoffarten zu sammeln – der Fokus liegt bei Polyethylen, Polypropylen, Polyethylenterephthalat – also PET – und Polystyrol», erklärt Andreas Zopfi.
Er macht jedoch auf die Schwierigkeiten aufmerksam, die durch das kommunale Abfallmonopol entstehen, sowie auf die Abhängigkeit von ausländischen Recyclingsystemen für bestimmte Materialien. «Der Bund kann somit nicht bestimmen, was mit dem Abfall passiert, was die Herausforderung beim Kunststoffrecycling markant erschwert», fügt er hinzu. Und zuletzt sei wirtschaftliches Recycling auch eine Mengenfrage.
Viviane Pfister von Swiss Recycle betont derweil die Effizienz der schweizweiten, vorfinanzierten Recyclingsysteme, die seit den 1990er-Jahren für beeindruckende Sammel- und Verwertungsquoten sorgen würden: «Dank diesen funktionierenden Recyclingsystemen in der Schweiz können jährlich 500’000 Tonnen an CO2-Äquivalenten eingespart werden», so die Kommunikationsleiterin.
Viviane Pfister unterstreicht die Bedeutung des Recyclings für die Schliessung der Materialkreisläufe und die Verringerung der Abhängigkeit von Neumaterialien, indem aus alten wieder neue Rohstoffe geschaffen würden. Potential bestehe in der Schweiz aber unter anderem noch beim Kunststoff- und Getränkekartonrecycling. Um eine Kreislaufwirtschaft von Kunststoffverpackungen und Getränkekartons umzusetzen, haben Produzenten und Akteure der Wertschöpfungskette im vergangenen November den neuen Verein «RecyPac – Kreislauf Plastik und Getränkekarton» gegründet, der darauf abziele, eine harmonisierte und flächendeckende Sammlung und Verwertung in der Schweiz zu etablieren.
Der Verein koordiniert künftig die Sammlung und Verwertung der Kunststoffverpackungen – ausgenommen PET-Getränkeflaschen – und Getränkekartons in der Schweiz. «Durch den Aufbau dieses schweizweiten Systems sollen bis 2030 Recyclingquoten von 55 Prozent für Kunststoffe und 70 Prozent für Getränkekartons erreicht werden», erklärt Viviane Pfister. Dass es sich dabei um eine Branchenlösung auf freiwilliger Basis handle, unterstreiche die Wichtigkeit der Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette: «Die ganze Prozesskette von Verpackungshersteller über Brandowner, Detailhandel, Gemeinden bis hin zu Recyclern wird eingebunden», erläutert die Swiss-Recycle-Kommunikationsleiterin, was ein effektives und effizientes Recycling erst ermögliche.
Diese ganzheitliche Betrachtung des Recyclingprozesses, die sowohl die Sammlung als auch die Rezyklierbarkeit von Produkten umfasse, sei fundamental für das Schliessen der Kreisläufe und das Vorantreiben einer schweizerischen Kreislaufwirtschaft, ergänzt Viviane Pfister: «Das Einbinden der Produzenten und Inverkehrbringer führt beispielsweise dazu, dass Verpackungen vermehrt kreislauffähig designt und Rezyklate eingesetzt werden.»
Nebst einer branchenübergreifenden Zusammenarbeit spielten aber auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle bei der Etablierung effektiver Recycling- und Kreislaufwirtschaftssysteme, so Viviane Pfister. So sei die parlamentarische Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken», die Mitte März angenommen wurde, ein wichtiger Meilenstein und ein Schritt in die richtige Richtung.
Diese soll die Basis für wirksame Branchenlösungen legen, indem sie eine selektive Entlassung aus dem Abfallmonopol, beispielsweise für Kunststoffverpackungen und Getränkekarton, innerhalb nützlicher Frist ermögliche und Gewähr für eine nachhaltige Umsetzung biete und die Planbarkeit der Kantone und Gemeinden erhöhe. «Die Stärkung privatwirtschaftlicher Branchenvereinbarungen durch die Gesetzesanpassung verhindert Trittbrettfahrertum und schafft gleichlange Spiesse, was für die weitere Realisierung der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz essenziell ist», unterstreicht Viviane Pfister.
Und schliesslich beeinflusst auch das Verbraucherverhalten die Effektivität von Recyclingprogrammen. «Studien zeigen, dass Konsumenten zu 80 Prozent Produkte wählen, bei denen die Verpackungen irgendwo zurückgegeben werden können», erklärt Andreas Zopfi vom SVI. Dieses Verhalten werde zum Teil aber stark durch Marketingstrategien bestimmt, welche anfällig seien für «Greenwashing»: «Den Konsumentinnen und Konsumenten wird suggeriert, dass gewisse Materialien ökologischer sind als andere und die Wörter ‹nachwachsbar› oder ‹recyclebar› werden fast inflationär verwendet, auch wenn das bei genauerer Betrachtung gar nicht stimmt», so der SVI-Geschäftsführer. Er betont darum die Notwendigkeit stetiger, korrekter Information, um diesen Missverständnissen entgegenzuwirken und räumt ein, dass das Schweizerische Verpackungsinstitut in dieser Hinsicht noch viel Arbeit vor sich hat.
Auch für den Dachverband Swiss Recycle spielt die Sensibilisierung und Aufklärung der Bevölkerung eine zentrale Rolle – sowohl beim Recycling als auch bei der Umsetzung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. «Denn wenn den Konsumierenden nicht bewusst ist, welchen ökologischen und ökonomischen Nutzen das Recycling, das Reparieren oder das Wiederverwenden von Produkten bringt, dann werden sie sich an dem System auch nicht beteiligen», sagt Viviane Pfister. Sie verweist auf konkrete Beispiele, bei denen das Potential für Verbesserungen in der Wissensvermittlung besteht, wie etwa bei kleinen Elektrogeräten. Diese würden oft nicht als recyclebare Wertstoffe erkannt und fälschlicherweise entsorgt, was sowohl ökologische als auch sicherheitstechnische Risiken berge.
Zudem müsse die Convenience unbedingt gegeben sein: «Denn je aufwändiger das Recycling oder Reparieren eines Produktes gestaltet wird, desto weniger werden Verbraucherinnen und Verbraucher darauf zurückgreifen», ergänzt die Kommunikationsleiterin. Der Dachverband Swiss Recycle zeigt sich aber optimistisch, was die Entwicklung in diesem Bereich angeht und hält die Steigerung der Recyclingquoten und den Aufbau eines schweizweiten Sammelsystems im Bereich Kunststoff und Getränkekarton für sehr realistisch.
Und auch technologische Innovationen, insbesondere der Einsatz künstlicher Intelligenz, werden ebenfalls als kritische Komponenten für die Zukunft gesehen: «Bereits jetzt wird künstliche Intelligenz bei der Sortierung und Analyse des gesammelten Materials eingesetzt und der Recyclingprozess so optimiert», erklärt Viviane Pfister und ergänzt: «Weiter können auch Innovationen wie chemisches Recycling in Zukunft eine Rolle spielen und der Aufbau weiterer schweizweiter Recyclingsysteme – beispielsweise im Bereich Textilien – sehen wir als sinnvoll an.»
Zusammenfassend spielt die Kreislaufwirtschaft eine essenzielle Rolle bei der Minimierung der Umweltauswirkungen von Lebensmittelverpackungen, wobei Recycling nur ein Teil der Lösung ist. Die Entwicklung von Verpackungen, die leichter recycelt oder wiederverwendet werden können, sowie innovative Ansätze zum Downcycling sind entscheidend für Fortschritte in diesem Bereich.
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