Kampf um die Bohne: Wetterextreme und fehlender Pflanzenschutz

Bohnen sind eines der wichtigsten Verarbeitungsgemüse. Sie werden tiefgekühlt oder in Konserven verkauft. Die Produzentinnen und Produzenten kämpfen mit den Folgen des Klimawandels und fehlender Pflanzenschutzmittel.
Zuletzt aktualisiert am 21. Juni 2024
von Jonas Ingold
3 Minuten Lesedauer
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Auf dem Zelglihof in Mägenwil AG gehören Verarbeitungsbohnen seit Jahren dazu. Landwirt Daniel Habegger hängt an den Bohnen, aber er hat schon einfachere Zeiten erlebt. In den letzten Jahren sorgte Trockenheit für grosse Herausforderungen. Dieses Jahr bereitet das viele Wasser Probleme.

Wetterextreme und deren Auswirkungen

«Die Wetterextreme plagen uns und die Bohnen», sagt Andreas Messerli, Leiter der Hilcona Agrar, für welche Habegger die Bohnen produziert. Hagel zerstört die zarten Pflänzchen schnell. Temperaturen über 30 Grad mögen die Bohnen auch nicht. «Das gibt ungleiche Bohnen und wir können nie zur richtigen Zeit ernten.»

Die Ausfallprozente, also der Anteil der Bohnen, die nicht geerntet werden können, sind sehr hoch. «Ein Produzent muss jetzt verkraften können, dass es in einem Jahr mal gar nichts gibt», sagt Messerli.

Vier bedeutende Verarbeitungsgemüse

In der Schweiz gibt es vier bedeutende Verarbeitungsgemüse (Zahlen 2023):

  • Erbsen (972 Hektaren)
  • Bohnen (833 Hektaren)
  • Spinat (621 Hektaren)
  • Pariser Karotten (54 Hektaren), das sind die kleinen runden. 

Verarbeitungsgemüse werden nicht frisch, sondern tiefgekühlt oder als Konserve verkauft. Im letzten Jahr wurden 25‘139 Tonnen der vier Hauptgemüse verarbeitet. Hinzu kamen 5‘451 Tonnen andere Verarbeitungsgemüse sowie 27‘559 Tonnen andere Frischgemüse zur Verarbeitung.

Bohnenfliege sorgt für Ausfälle

Das ist nicht nur Wetterextremen zuzuschreiben, sondern auch zwei Schädlingen: der Bohnenfliege und der Eulenraupe. Die Bohnenfliege legt ihre Eier im Saatgut ab. Die Larven fressen später die Keimlinge, so dass sie gar nicht erst gross werden können.

«Die Bohnenfliege ist eine grosse Herausforderung. Sie hat sich enorm verbreitet und wir sind aktuell praktisch chancenlos gegen sie», sagt Produzent Daniel Habegger. Er weiss nicht, wie lange es den Bohnenanbau in der Schweiz noch geben wird, wenn keine Lösung gefunden wird. Kritik übt er an der fehlenden Zulassung von Pflanzenschutzmitteln: «Wir müssen kämpfen, damit Mittel wieder zugelassen werden oder neue Mittel auf den Markt kommen.»

Aktuell keine Mittel gegen die Bohnenfliege

Das Verbot der Beizung des Saatguts (das Saatgut wird mit einem Pflanzenschutzmittel behandelt) mit Chlorpyrifos ist ein Grund für die Bohnenfliegen-Problematik. Ein Ersatz wurde bisher nicht gefunden. Seit 2020 unternimmt die Branche Versuche, erklärt Andreas Messerli, der auch Präsident der Anbaukommission Verarbeitungsgemüse beim Branchenverband Swiss Convenience Food Association ist. Die Beizung mit Force CS, das bei Zuckerrüben zum Einsatz kommt, wirkt zwar, wurde aber nicht erlaubt. Organische Beizungen und Mittel wie Knoblauchgranulat haben ebenso wenig geholfen wie das Ausbringen von Kalk. Aktuell laufen Versuche mit Mikronährstoffen, um die Pflanzen schneller wachsen zu lassen, sowie mit intensiverer Bodenbearbeitung. Ob’s klappt, ist offen.

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Auf diesem Feld ist die Bohnenfliege bereits anwesend und hat einen Teil der Pflanzen vernichtet. (jin)

Neue Bedrohung: Die Eulenraupe

Ein neuer Schädling ist die Eulenraupe. Sie kommt aus Südeuropa, bohrt Löcher in die Bohne und frisst die Bohnenkerne. Die ersten Befallsmeldungen kamen 2022 und bereits 2023 gab es Meldungen aus der ganzen Schweiz. «Wir brauchen deshalb mehr Verlesepersonal, um die beschädigten Bohnen auszusortieren», sagt Andreas Messerli. Teils werden Lieferungen mit bis zu 17 % Befall sortiert, um genügend Bohnen zu haben. Der eigentliche Toleranzwert beträgt 3 %. Im Fall der Eulenraupe gibt es aber eine Notfallzulassung von Coragen sowie eine Sonderbewilligung eines Viruspräparates, das auch im Biolandbau eingesetzt werden kann. Weitere Versuche und ein Monitoring in allen Anbaugebieten laufen derzeit.

Daniel Habegger gibt nicht auf

Auf dem Feld von Daniel Habegger hat sich auch dieses Jahr die Bohnenfliege eingenistet. Immerhin hat sie nicht alle Pflanzen vernichtet und wenn sie eine gewisse Grösse erreicht haben, sind sie sicher vor der Larve. «Ich lasse das Feld stehen und ernte dann einfach, was es hergibt», sagt Habegger. Den Anbau aufgeben will er ohnehin nicht, zu wichtig ist ihm die Tradition des Bohnenanbaus auf dem Zelglihof.

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Bohnenanbau ist Vertragsanbau

Die Produzentinnen und Produzenten von Verarbeitungsgemüse arbeiten mit Anbauverträgen. Der Zelglihof von Daniel Habegger hat einen entsprechenden Vertrag mit Hilcona Agrar. Das Unternehmen stellt das Saatgut zur Verfügung und legt den Saatzeitpunkt fest. Hilcona kann dadurch die spätere Ernte besser planen und geografische Gesichtspunkte berücksichtigen, da es nicht möglich ist, mit den Erntemaschinen weite Strecken in kurzer Zeit zurückzulegen. Auch das Wetter an den einzelnen Standorten spielt eine grosse Rolle, wodurch die Planung leicht durcheinandergeraten kann. Das regnerische Frühjahr hat dieses Jahr bereits bei der Aussaat für Herausforderungen gesorgt, da diese nicht wie geplant ausgeführt werden konnte. Deshalb wird in der Erntezeit viel logistische Arbeit anfallen, sagt Andreas Messerli von Hilcona.

Die Kultur wird während der Wachstumsphase von den Pflanzerinnen und Pflanzern gepflegt, wobei Anbauberater von Hilcona zur Seite stehen. Die Bohnen sind Powerpflanzen und werden etwa 65 Tage nach der Aussaat geerntet. Auch der Erntezeitpunkt inklusive Abtransport wird vom Verarbeitungsbetrieb festgelegt.

Wenn zu viel geerntet wird, verpflichten sich die Verarbeitungsbetriebe zur Übernahme von 7 % Übermenge. Liegt die Ernte noch höher, werden die nicht geernteten Felder mittels Abzug auf der übernommenen Menge entschädigt. Die Bohnen bleiben auf dem Feld und werden gemulcht. Laut Andreas Messerli kommt dies aber kaum vor und wenn eine Firma mal zu viel hat, wird geprüft, ob ein anderer Betrieb noch Bohnen benötigt. Für Fehlmengen kann ein Zollkontingent für den Import beantragt werden.

Anlass der Schweizer Agrarjournalisten

Der Besuch bei Daniel Habegger fand im Rahmen der Generalversammlung der Schweizer Agrarjournalisten SAJ statt. An der GV wurde Kirsten Müller zur neuen Präsidentin gewählt. Sie folgt auf David Eppenberger, der weiterhin im Vorstand bleibt. Neu in den Vorstand gewählt wurden Monika Gerlach (Schweizer Bauer) und Etienne Arrivé (Agir).