Anzahl Betriebe nimmt weiter ab
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Zwischen 2015 und 2022 ist der Arbeitsverdienst im Durchschnitt um 26 Prozent gestiegen, auf rund 56’000 Franken. Das zeigt die Auswertung der Buchhaltungen von rund 2’300 landwirtschaftlichen Betrieben, die zufällig ausgewählt wurden. «Die Teuerung im gleichen Zeitraum betrug vier bis fünf Prozent, folglich sind die Einkommen inflationsbereinigt gestiegen», resümiert Pierrick Jan im Gespräch mit Andreas Wyss im Agrarpolitik-Podcast. Jan arbeitet bei Agroscope in der für die zentrale Auswertung der Buchhaltungsdaten verantwortlichen Fachgruppe. Diese ist zuständig für das gesetzlich vorgeschriebene Monitoring der Einkommen in der Landwirtschaft. Und dafür massgebend ist der Arbeitsverdienst pro Familienjahresarbeitseinheit.
Agrarökonom Pierrick Jan arbeitet seit 2007 in der Forschungsgruppe Unternehmensführung und Wertschöpfung von Agroscope. Der Agrarökonom interessiert sich für statistische und ökonomische Fragestellungen rund um die landwirtschaftlichen Einkommen und ist Mitglied der Zentralen Auswertung, die Buchhaltungsdaten landwirtschaftlicher Betriebe statistisch auswertet.
Für diese Steigerung sieht Jan fünf Gründe. Erstens sind die Betriebe um 10 Prozent grösser geworden. «Grössere Betriebe haben aufgrund der Skaleneffekte einen höheren Arbeitsverdienst», erklärt der Agrarökonom. Zweitens waren die landwirtschaftlichen Erträge um 16 Prozent höher, weil die Preise gestiegen sind, unter anderem für Milch. «Von 2015 bis 2022 ist der ausbezahlte Milchpreis in der Schweiz um 22 Prozent gestiegen», erläutert Pierrick Jan. Dafür gebe es zwei Gründe: In der Schweiz wurde rund drei Prozent weniger Milch gemolken und weltweit ist die Nachfrage stark gestiegen. Der globale Milchpreis hat sich laut Jan in den letzten zwei Jahrzehnten verdoppelt. Zudem sind die Preise für Rindfleisch um 15 Prozent gestiegen und der Markt für Geflügelfleisch und für Eier entwickelte sich positiv. «Insbesondere beim Geflügelfleisch konnte eine erhebliche Zunahme verbucht werden», so Jan weiter.
In den Regionen ist der Arbeitsverdienst jedoch sehr unterschiedlich gestiegen. Nahm er im Talgebiet um 34 Prozent zu und in der Hügelzone um 23 Prozent, stieg er im Berggebiet nur um 14 Prozent. Das Talgebiet gab es leicht mehr Direktzahlungen pro Hektare; im Berggebiet entwickelten sich die Erträge zu den Aufwänden ungünstiger als in den anderen Regionen. «Je ungünstiger die natürlichen Produktionsbedingungen sind, desto höher ist der Anteil der Direktzahlungen am Einkommen des landwirtschaftlichen Betriebs», stellt Jan zudem fest. Im Talgebiet machen die Direktzahlungen 14 Prozent des Gesamtertrags eines landwirtschaftlichen Betriebs aus. Im Berggebiet liegt dieser Wert bei 34 Prozent, in der Hügelzone bei 21 Prozent. «Die Entwicklung auf den Agrarmärkten wirkt sich weniger stark auf die Betriebe», so der Agrarökonom weiter.
Auch zwischen den Betriebstypen bestehen beträchtliche Unterschiede. Bei den besten Betriebstypen ist der Arbeitsverdienst pro Familienjahresarbeitskraft doppelt so hoch wie bei denen mit den tiefsten Verdiensten. Neben der innerlandwirtschaftlichen Entwicklung ist der Vergleich mit der generellen Einkommensentwicklung wichtig. So konnte real die Differenz vom Vergleichslohn zum Arbeitsverdienst verkleinert werden, weil der Vergleichslohn weniger stark gestiegen ist als der Arbeitsverdienst.
Die bestehende Agrarpolitik aus verschiedenen Blickwinkeln auf Herz und Nieren prüfen: Das ist Thema der 12. Staffel von Agrarpolitik – der Podcast. Wer weiss, was funktioniert und was nicht, kann besser entscheiden, was bleiben kann und was geändert werden sollte.
Im angrenzenden Ausland hat sich das landwirtschaftliche Einkommen 2022 zusätzlich verbessert. In Deutschland ist es um 32 Prozent auf ungefähr 57’000 Euro gestiegen, in Frankreich um 28 Prozent auf 56’000 Euro. «In der Schweiz hingegen blieb das landwirtschaftliche Einkommen nahezu stabil», so Jan. Der Grund: Die globalen Agrarmärkte haben sich nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine stark verändert. Die Preise für Erzeugnisse und Vorleistungen sind stark gestiegen. Bei den Erzeugnissen hilft der Grenzschutz, die Preisentwicklung in der Schweiz zu glätten, bei den Vorleistungen weniger.
Zwischen 2015 und 2022 ist der Effekt noch krasser: In Deutschland und Frankreich sind die Einkommen in der Landwirtschaft um 120 Prozent gestiegen. Somit verzeichneten 2022 die deutschen und französischen Landwirtschaftsbetriebe mit der Schweiz vergleichbare Einkommen pro Arbeitskraft, bei gleichzeitig deutlich tieferen Lebenshaltungskosten. Man dürfe aber nicht vergessen, dass 2022 ein Ausnahmejahr sei.
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