Zukunft säen: Netzwerke und Vielfalt in der Pflanzenzüchtung stärken
Partizipative Pflanzenzüchtung verbindet Landwirtschaft, Forschung und Konsumenten, um alte Sorten zu erhalten und ne...
«Bemesst den Schritt! Bemesst den Schwung! Die Erde bleibt noch lange jung!» – so beginnt das Gedicht «Säerspruch» des Schweizer Dichters und Novellisten Conrad Ferdinand Meyer. Der Sinnspruch enthält eine grundsätzliche Bedeutung für die zeitgemässe Entwicklung.
Bei der Entwicklung neuer Züchtungstechnologien wird oft ein Faktor als positives Argument betont: Schnelle Züchtungserfolge. Diese Zielsetzung steht bei der Bio-Saatgutzüchtung namentlich für Getreide nicht im Vordergrund. Vielmehr stellen auf lange Zeiträume angelegte Zucht- und Auswahlprozesse die Voraussetzung dar, auf die jeweiligen Anbaubedingungen und Veränderungen in Klima und Biodiversität angepasstes Saatgut zu erreichen. Unter anderem aufgrund der jahrzehntelangen Aufbauarbeit der Getreidezüchtung Peter Kunz (gzpk) steht heute für den Biogetreide- und Ackerbau eigenständiges und langfristig einsetzbares Saatgut zur Verfügung.
Die Züchtung ist dabei der erste Schritt. Darauf aufbauend erfolgt der professionelle Vermehrungsanbau, um die erforderlichen Saatgutmengen in der erwünschten Qualität zur Verfügung stellen zu können. Diese Rolle kommt als wichtigste Partnerin der gzpk der Sativa Rheinau AG zu.
Die Getreidezüchtung Peter Kunz feiert 2024 ihr 40-jähriges Bestehen. «Was wir hier in 40 Jahren am Zürichsee geschaffen haben, ist ein Juwel an Vielfalt– das bezieht sich nicht nur auf unsere Kulturen und Sorten, sondern auch auf die Menschen bei der gzpk», so Monika Baumann, Co-Geschäftsleiterin. Seit 2001 wächst das Team stetig. Heute sind an zwei Standorten insgesamt 21 Personen tätig.
Heute haben in Schweiz und mehreren EU-Ländern zehn Winterweizen-, neun Dinkel-, eine Emmer-, und eine Triticalesorte erfolgreich die Züchtungsphase bestanden. Gleichzeitig stehen die ersten Sommererbsensorten im Prozess der Sortenregistrierung. Züchtungsprogramme für Mais und über das Getreidespektrum hinaus für die Ackerkulturen Lupine, Platterbse, Kichererbse sind in Entwicklung. Mit Blick auf den steigenden Bedarf an pflanzlichen Proteinalternativen auch für die menschliche Ernährung stossen diese Kulturen auf starkes Interesse.
Die Sorten bringen speziell für den Biolandbau Vorteile, da sie bestens darauf vorbereitet sind, Ertrag und Qualität aus den Nährstoffen zu bilden, die ihnen aus dem Hofkreislauf zur Verfügung stehen. Während der in die Hofkreisläufe eines biologisch bewirtschafteten Betriebs integrierten Züchtungsarbeit werden die Pflanzen selektiert, die sich als robust und ohne den Einsatz chemisch-synthetischer Hilfsmittel gegen Krankheiten und klimatische Veränderungen erweisen.
Triticale ist den meisten, die sich nicht vertieft mit Getreide auseinandergesetzt haben, ein Fremdwort. In Landwirtschaftsfachkreise ist das Getreide als Futterzutat und als Brotgetreide bekannt. Als Kreuzung von Weizen und Roggen als Futtergetreide gezüchtet wächst seit einigen Jahren das Interesse, aus dieser Spezialkultur Brotsortimente und weitere eigenständige Lebensmittel zu entwickeln. Im Frühling 2024 trafen sich Fachleute aus der Züchtung, Anbau und der Bioverarbeitung am gzpk-Standort in Feldbach am Zürichsee zum Triticale-Netzwerktag.
Als erstes Fazit zeigt sich: Triticale ist vom Feld bis auf den Teller ein eher unkompliziertes Getreide. Der mit der Netzwerktagung lancierte Wertschöpfungskreis und der praxisorientierte Fachaustausch dient somit als Anfang für vielfältige Kooperationen.
Diese zukunftsfähigen Qualitätskriterien stossen mittlerweile über die Biobranche hinaus auf Interesse. Viele konventionelle Anbauprogramme und Labelanforderungen setzen zumindest teilweise auf Nachhaltigkeitszielsetzungen, die dich teilweise am Bioregelwerk orientieren. In Verarbeitung und Vermarktung sind auf diese Weise angebaute «Cleanlabel»-Qualitäten immer stärker gefragt.
Klimawandel und neue Krankheiten fordern neue, auf die Schweiz angepasste Sorten. Damit diese schneller auf den Markt kommen, haben FiBL Schweiz, Agroscope, ETH Zürich, Sativa Rheinau AG sowie die Delley Samen und Pflanzen AG das Swiss Plant Breeding Center (SPBC) initiiert und einen Verein für die Schweizer Pflanzenzucht gegründet. Die Hauptaufgaben des SPBC bestehen darin, neue Erkenntnisse und Techniken in der praktischen Pflanzenzüchtung umzusetzen sowie alle Akteure der Züchtungs- und Vermehrungsbranche zu vernetzen.
Die Schweiz mit ihren verschiedenen Höhenlagen und Anbausystemen stellt zudem besondere Ansprüche und Klimawandel, neue Pflanzenkrankheiten sowie Schädlinge sind aktuelle Herausforderungen und Gründe, um neue robuste Sorten zu entwickeln. Daher sei die Schweizer Pflanzenzüchtung eine Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges und resilientes Ernährungssystem, wie die Gründungsorganisationen betonen.
Seit 2015 setzt sich die Züchtungsexpertin Monika Messmer vom FiBL Schweiz gemeinsam mit anderen für eine Plattform zur Stärkung der Schweizer Pflanzenzüchtung ein. «Dank dem SPBC wird die Effizienz der öffentlichen und privaten Schweizer Züchtung verbessert und neue Techniken können schneller umgesetzt werden», sagt Monika Messmer.
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