Pflanzenzüchtung mit Zeit und Mass
Bei der Saatgutentwicklung zeigen sich Zielkonflikte zwischen raschen technischen Ergebnissen und dem langfristig-res...
LID: Frau Mühlebach, lesen Sie Management-Ratgeber?
Corinne Mühlebach: Ja. Als Dozentin ist es Teil der Aufgabe, die Entwicklung der Literatur zu verfolgen. Man sieht deutlich, dass sich in der Praxis einfache, verständliche und anwendbare Konzepte durchsetzen.
Ist es heute einfacher, Betriebswirtschaftslehre zu verstehen?
Ich denke schon, ja. Es gibt mehr Publikationen, die verständlich und spannend geschrieben und optisch ansprechend gestaltet sind.
Was konnten Sie zuletzt für Ihre Arbeit nutzen?
Mich beschäftigen derzeit Themenbereiche wie die Digitale Transformation, die Arbeiten von Professor Oliver Gassmann zu Innovation und Geschäftsmodellen finde ich anregend und praxisorientiert.
Gibt es ein neues Geschäftsmodell für die Mühlebach Mühlen?
Die Literatur regt an, Dinge neu zu betrachten und erneut zu überdenken. Darin liegt ihr Wert. Im Kern sind es vier Fragen, die man klären muss: Welche Kunden bediene ich? Welche Produkte biete ich an? Wie stelle ich diese Produkte bereit? Mit was verdiene ich Geld? Diese vier einfachen Fragen sollte jeder Betrieb für sich beantworten. Wie diese Fragen beantwortet werden, das kann und soll sich im Lauf der Zeit verändern.
Wie häufig sollte man sich diese Fragen stellen?
Es gibt keine Faustregel. Wichtig ist, sich diese Fragen überhaupt zu stellen. Veränderungen im Konsumverhalten können zu neuen Antworten führen, oder – wenn wir über Familienbetriebe sprechen – wenn eine junge Generation in den Betrieb kommt. Daneben gibt es äussere Einflussfaktoren wie aktuell die Pandemie. Gastwirte, darunter sind sehr viele Familienbetriebe, wurden bei der Schliessung der Restaurants akut mit der Frage konfrontiert, wie es weitergeht.
Aber die sofortige Anpassung ist schwierig.
Ja. Es braucht immer ein stabiles Geschäft, das es erlaubt ein neues junges Pflänzlein aufzubauen.
Der Anreiz, neue Produkte zu entwickeln, die das gut laufende Geschäft konkurrenzieren könnten, ist klein, nicht?
Es gibt nicht von ungefähr den Spruch: Innovation ist die Investition in das eigene Begräbnis. Deshalb ist die Entwicklung so anspruchsvoll. Bei kleinen und mittleren Unternehmen hinzu kommt die starke Belastung mit dem Tagesgeschäft. Man muss sich bewusst Zeit nehmen und schauen, wo man steht, wo man hinwill. Interessant finde ich, dass Start-Ups typischerweise gross werden und wachsen wollen, während sich die etablierten Unternehmen fragen, wie sie die Agilität von kleinen Firmen zurückholen können.
Ein kleiner Betrieb zu sein, hat also nicht nur Nachteile?
Nein. Es ist längst nicht mehr so, dass nur die grossen Konzerne Vorbilder sind. Es gibt Verhaltensweisen, die Konzerne von jüngeren und agileren Organisationen abschauen wollen. Und man erkennt immer mehr, dass Unternehmertum als Methodik vermittelbar und damit zu einem gewissen Grad lernbar ist.
Sie führen die Mühlebach Mühlen in fünfter Generation mit Ihrem Bruder.
Seit 1878 sind wir in Würenlingen, wir wissen aber nicht, wie lange die Berufstradition in der Familie zurückreicht, denn davor hat die Familie die Mühle im Nachbardorf Tegerfelden betrieben. Der Standort hier geht auf das Jahr 1350 zurück.
Was macht Sie erfolgreich?
Es braucht Kompetenz, man muss das Geschäft verstehen. Es braucht Engagement und Risikobereitschaft, vorausschauende Investitionen. Gerade in unserer kapitalintensiven Industrie. Den Erfolg können wir erst rückblickend beurteilen.
Ist Risikobereitschaft lernbar?
Forschung hat gezeigt, dass sich Unternehmer stärker am leistbaren Verlust orientieren. Sie fragen sich, wer sie sind, was sie können und was sie sich leisten können zu verlieren. Unternehmer sind in dem Sinne risikoscheu als dass sie die Kontrolle über ihre Firma nicht verlieren wollen. Unternehmer suchen früh Feedback vom Markt und vertrauen bevorzugt auf eigene Erfahrungen. Die klassische Betriebswirtschaftslehre fokussiert mit der Barwertmethode stark auf den erwarteten Gewinn. Die Schwierigkeit ist, dass zukünftige Gewinne immer unsicher sind. Es ist einfacher, den maximal leistbaren Verlust abzuschätzen. Unternehmer fragen sich, was sie einzusetzen bereit sind – an Geld, Zeit und Beziehungen. Das bestimmt ihre Investitions- und Risikobereitschaft.
Diese Vorgehensweise beruht auf der Tatsache, dass Konzerne beim Start eine gewisse Grösse brauchen.
Mag sein. Aber weil man sieht, dass bei Innovationsprojekten in Konzernen nur etwa eines von zehn erfolgreich ist, ändert sich das gerade. Konzerne können hier von Kleinen und mittleren Betrieben und Start-Ups lernen.
Wie sind Sie bei der Entwicklung ihres Standorts in Deutschland vorgegangen?
Wir haben in Deutschland zunächst eine kleine Mühle gepachtet, das nötigste umgebaut. Der Mietvertrag lief für fünf Jahre. Für uns war das der leistbare Verlust. Wir waren im Markt, wir hatten anfangs keine Mitarbeitenden einstellen müssen und konnten das erste Kundenfeedback sammeln. Das hat funktioniert, wir sind bis heute in Deutschland tätig.
Wo stossen Familienbetriebe an ihre Grenzen?
Die meisten Familienbetriebe sind kleine Unternehmen. Sie haben begrenzte personelle und finanzielle Mittel. Die knappen Ressourcen zwingen sie, ihre Mittel gezielt einzusetzen und erfinderisch zu sein. Um die vier erwähnten Fragen zu klären, ist es auch wichtig festzustellen, was man nicht macht. Kleinere Betriebe sind wendig, flexibel. Nicht vergessen gehen darf die Tatsache, dass rund ein Drittel der grössten Unternehmen in der Schweiz von Familien geführt oder kontrolliert werden. Zentral ist, frühzeitig Kompetenzen von ausserhalb der Familie einzubeziehen und gleichzeitig die Stärken der Familienunternehmen zu bewahren.
Was heisst das genau?
In Familienbetrieben wird im Vergleich zu Konzernen offener diskutiert, manchmal auch länger um einen Entscheid gerungen. Das ist eine andere unternehmerische Kultur.
Was zeichnet erfolgreiche Führung in einem Familienbetrieb aus?
Die meisten Familienbetriebe werden von Familienmitgliedern geführt. Sie bringen ihre Erfahrungen, ihr Wissen und ihre Netzwerke ins Unternehmen ein. Der Umgang der Familienmitglieder untereinander und mit den Mitarbeitenden prägt das Klima im Unternehmen. Wird der konstruktive Austausch gepflegt, dann kann das positiv auf die ganze Belegschaft, auf Kunden und Partner ausstrahlen. Schwierig wird es, wenn familiäre Streitigkeiten auf der Bühne des Unternehmens ausgetragen werden. Wenn Familienmitglieder Positionen innehaben, für die sie nicht qualifiziert sind, gehen die fähigsten Leute oft zuerst. Ebenso schwierig ist es, wenn die Leute gehen, weil alles verkrustet und versteinert ist und sich nichts mehr bewegt.
Ist das Konzept des Familienbetriebs nicht etwas veraltet?
Autoritäre und patriarchale Führung ist nicht mehr zeitgemäss. Das Bild des Patrons, der gleichzeitig Firmenchef und Familienoberhaupt ist, wandelt sich ebenso, wie die Familienmodelle. Führung ist heute Teamarbeit, es braucht Männer und Frauen, Familien- und Nichtfamilienmitglieder und die erfolgreiche Zusammenarbeit verschiedener Generationen. In Familienunternehmen sind Frauen oft gut vertreten in Kaderpositionen und junge Mitarbeitende erhalten rascher Verantwortung. Gute geführte Familienunternehmen können in diesem Sinne Vorbildcharakter haben.
Trotzdem entsteht der Eindruck, dass Familienbetriebe nicht so gut sein können wie andere Unternehmen.
Die Betriebswirtschaftslehre hat lange einen grossen Bogen um Familienbetriebe gemacht. Damit wird aber die Chance übersehen, dass sich Unternehmen und Familie gegenseitig stützen können. Man betrachtete die Verbindung von Familie und Unternehmen als etwas Problematisches. Familienbetriebe sind nicht per se schlechter oder besser, sondern anders. Sie sollten ihre potenziellen Stärken kennen und gezielt nutzen. Dazu zählen beispielsweise eine langfristige Perspektive, hervorragende Produkt- und Marktkenntnisse, eine unternehmerische Kultur und schnelle, flexible Entscheidungen.
Woher kommt dieses gesteigerte Interesse am Familienbetrieb?
Es ist eine urmenschliche Sehnsucht, etwas gemeinsam zu erreichen und den Erfolg mit den Menschen zu teilen, die einem wichtig sind. Ausserdem kann in Familienbetrieben etwas erschaffen werden, das das eigene Leben überdauern kann.
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