Chicorée: Vitamine aus der Dunkelheit

Chicorée-Zäpfen bringen eine Vielzahl von Nährstoffen auf den Teller. Der Anbau ist aufwändig und erfolgt in mehreren Stufen.
Zuletzt aktualisiert am 27. September 2024
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Chicoree Pixabay

Die grössten Anbaugebiete des Chicorées liegen in Belgien, den Niederlanden und Frankreich. Und auch in der Schweiz wird Chicorée angebaut: Hierzulande wurden 2023 rund 3467 Tonnen geerntet, weitere 4600 Tonnen kamen aus dem Ausland. Der jährliche Pro-Kopf-Konsum beträgt 950 Gramm.

 

Lichtscheues Gemüse

Der Anbau von Chicorée ist relativ aufwändig. Im Mai beginnt die Wurzelproduktion mit der Aussaat im Freien. Die Anfangsentwicklung verläuft schleppend: Die Treibzichorie wächst nur langsam und die Wurzel dringt weit in den Boden ein. Im Herbst werden die Wurzeln gerodet und in Kühlräumen gelagert. Kalt gelagert können die Wurzeln monatelang aufbewahrt werden.

Die eigentliche Produktion der Zapfen beginnt erst danach: Chicorée mag kein Licht und reagiert darauf mit Bitterkeit. Die Wurzeln werden darum in warmen, lichtdichten Räumen in völliger Dunkelheit aufgestellt, wo sie austreiben und der Chicorée schliesslich geerntet werden kann. Aus diesem Grund ist der Chicorée gelblich mit höchstens zartem Grün. Eine gewisse Bitternote weist der Chicorée dennoch auf, das macht auch seinen Charakter aus.

Chicoréegraben nicht Röstigraben

Im Winter hat Chicorée Hochsaison und bringt – richtig verarbeitet – viele Vitamine und Mineralstoffe auf den Winterteller. Chicorée ist kalorienarm, leicht verdaulich und enthält eine ganze Reihe wertvoller Mineralstoffe wie Kalium, Phosphor, Calcium, Magnesium, Natrium und Eisen sowie die Vitamine B1, B2, C und PP.

In der Deutschschweiz wird Chicorée vor allem als Rohkostsalat – oft mit Zitrusfrüchten oder Apfel angerichtet – gegessen, wobei der gesunde Bitterstoff Intybin für das typische Aroma der Blattknospen sorgt. In der Romandie wird Chicorée hingegen oft gedünstet, in Salzwasser gekocht oder leicht angebraten als Gemüse verwendet. Durch das Kochen verliert der Chicorée den grössten Teil seines bitteren Geschmacks. Auch als Gratin oder mit Béchamelsauce serviert, machen die hellen Zapfen eine gute Figur.

Verschiedene Entstehungstheorien

1846 soll der damalige Chefgartenbauer am Botanischen Garten in Brüssel den ersten Chicorée gezogen haben: Nachdem er die Wurzeln im Freiland hatte wachsen lassen, verhüllte er diese lichtdicht, damit sie Sprossen bilden. Die sich aus den Wurzeln entwickelten Zapfen stellten sich als wohlschmeckend heraus.

Eine andere überlieferte Theorie mutmasst, dass der Entdeckung des Chicorées eine besonders üppige Zichorienernte zu Grunde liegt: Zichorien brauchte man früher als Ersatz für teuren Bohnenkaffee und getrocknete und gemahlene Zichorienwurzeln landen bis heute als koffeinfreier Kaffeeersatz in der Tasse. 1870 sollen die belgischen Bauern eine derart ertragreiche Ernte eingefahren haben, dass sie nicht mehr wussten, wohin damit. So lagerten sie die Wurzeln im Gewächshaus ein, wo sich schliesslich Triebe mit knackigen weissen Blättern – «wit loof», also weisses Laub – bildeten.

Ob im Botanischen Garten oder per Zufall im Gewächshaus eines Bauern: Die Geschichte von Chicorée ist fest mit derjenigen von Belgien verknüpft – der Name «Brüsseler» deutet bis heute darauf hin.