
Mehr als ein Baum – Ein lebendiges System im Wandel der Zeit
Der Baum – er wird gepflegt, geliebt, umarmt. Und manchmal gefällt. Er wächst allein oder in Gesellschaft. Er steht a...
Im Stall von Peter Angelini tummeln sich zahlreiche Mutterschafe und ihre Lämmer. Einige von ihnen kommen blökend zu ihrem Bauern gerannt. «Die schöppele ich mit der Flasche nach», erklärt Peter Angelini.
Doch eigentlich will er etwas anderes zeigen. Nämlich seinen selbstgebauten Kompostcontainer. Den Schiffscontainer habe er mit der Firma Gujer, die Kompostwender baut, zu einem Komposter umgebaut.
Im inneren des Containers wurde ein Schwadenwender, wie für eine Feldrandkompostmiete, montiert. Dieser hängt an einer Führungsschiene an der Decke und wird über zwei Elektromotoren mit einer Leistung von 4 kWH betrieben.
Dank einem Drehlager kann Peter Angelini den Kompostwender am Ende der Miete drehen. Die Wende- und Fahrgeschwindigkeit können über einen Schaltapparat angepasst werden. Ebenso kann er den Wenderotor rückwärtslaufen lassen.
Im acht Meter langen Container kann Angelini sechs Kubikmeter Kompost verrotten lassen. Der Verrottungsprozess dauert insgesamt zwei Monate.
Doch wieso der ganze Aufwand? Peter Angelini hält auf seinem Betrieb rund 100 Schafe. Diese leben den Winter über im Stall, wo sie viel Mist produzieren.
«Wenn ich diesen Mist im Frühjahr aufs Feld ausbringe, dauert es auf 1’700 m. ü. M. mindestens vier Jahre, bis er so weit verrottet ist, dass die Pflanzen die Nährstoffe daraus aufnehmen können», sagt Peter Angelini. «70 Prozent der Nährstoffe gehen beim Ausbringen von Frischmist verloren.»
Daher kam er auf die Idee, den Mist bereits im Stall zum Verrotten zu bringen mithilfe von anaeroben Bakterien, also Bakterien, die ohne Sauerstoff leben. Dies brachte jedoch für den Bauern nicht den gewünschten Effekt.
Als er dann Kurse der «Klimaneutralen Landwirtschaft Graubünden» besuchte, kam er auf die Idee mit dem Kompostcontainer. «Ich will den Kompost über Winter verrotten lassen, das ist draussen bei Aussentemperaturen von -20°C nicht möglich, im Container schon.»
Zudem könne er im Container die warme Abluft und die Gase auffangen und nochmals nutzen. Mit einem Wärmetauscher will er Warmwasser produzieren. Doch dazu muss erst die Luft genügend gut gefiltert werden. Daher hat Peter Angelini mit seinem Sohn eine Filteranlage gebaut.
Mit Naturmaterialien wie Wolle, geschreddertem Holz und Pflanzenkohle versuchten sie, Gerüche und Gase aus der Abluft herauszufiltern. «Der Effekt war gut», sagt der Landwirt, «ich merkte schnell, dass die Nachbaren wieder lüften.» Auf Anhieb konnten so rund ein Drittel der Gase gebunden werden.
Am 28. und 29. November findet in Landquart im Forum sowie am Plantahof der «Klimagipfel für Landwirtschaft und Esskultur» statt. Der erste Tag steht unter dem Motto «Forschung und Praxis im Dialog», der zweite unter dem Motto «Ernährung.Klima.Zukunft». Mehr Infos gibt es auf der Website.
Der LID berichtet in einer Serie über verschiedene Massnahmen des Projektes.
Peter Angelini wird mit seinem Projekt von verschiedenen Wissenschaftlern begleitet. So auch von Alex Mathis, Wissenschaftler an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, der in der Projektkommission der Klimaneutralen Landwirtschaft Graubünden ist. Gemeinsam erweiterten sie den Luftfilter um einen Wasserfilter. Im Wasserdampf wird das Ammoniak als Ammoniumstickstoff gebunden. Ammonium ist die langzeitverfügbare Variante von Stickstoff, also ein super Dünger.
Sein riesiges Knowhow hat Peter Angelini bei seinen verschiedensten Arbeitsstellen gesammelt. Lange Zeit arbeitete der gelernte Landmaschinenmechaniker unter anderem in einem Wasserkraftwerk. Er übernahm den Landwirtschaftsbetrieb mit 22 Jahren, als sein Vater «viel zu früh» gestorben ist.
«Früher habe ich 240 Prozent gearbeitet», sagt Peter Angelini. «Ich dachte, wenn man jung ist, muss man Gas geben». Seit er jedoch 50 Jahre alt geworden ist, hat er etwas reduziert und einige Nebenerwerbe aufgegeben.
Nun engagiert sich Peter Angelini mit vollem Einsatz für sein Klimaprojekt, den Kompostcontainer. «Wenn niemand etwas ausprobiert, bleiben wir stehen», sagt er. «Ich beweise, dass, wenn der Wille da ist, es auf engstem Raum möglich wäre, CO2-neutral zu sein.»
Gekostet hat die Einrichtung des Containers bis jetzt rund 120’000 Franken. Das Projekt wird vom Kanton Graubünden und vom Bundesamt für Umwelt unterstützt und mitfinanziert.
Peter Angelini geht es nicht um den materiellen Wert, den er in seinem Projekt gewinnt, sondern um den ideellen Wert. «Damit auch für die Generationen nach uns etwas gewonnen wird.»
Eine grosse Herausforderung bei dem Projekt ist die Zusammenarbeit mit den Behörden. Eigentlich möchte Angelini die Kompostcontainer auf einem Aussenplatz abstellen. Aktuell darf er dies jedoch nicht, wegen dem Gewässerschutzgesetz. Zuerst muss bewiesen werden, dass keine Sickersäfte aus dem Container herauslaufen. Zwei Auffangkessel zeigen: Es läuft nichts heraus.
Den Effekt des Kompostes kann Peter Angelini bereits jetzt auf seinen Feldern feststellen: auch in trockenen Jahren konnte er normales Futter ernten. Seine Wiesen sind bunt und weisen keine vernässten Stellen und Pfützen mehr auf. Neben dem Kompost setzt der Landwirt auch auf die weniger intensive Nutzung. «Ich will den Boden nicht ausmergeln – zwei Schnitte reichen», sagt der Landwirt. «Ich habe schon immer Sachen anders gemacht als man es macht. Daher wollte ich wissen, wo ich stehe.» Dies sei auch eine Motivation gewesen, bei der Klimaneutralen Landwirtschaft Graubünden mitzumachen.
An der Seitenfassade vom Stall hat Peter Angelini eine Solaranlage montiert. Diese produziert den Strom für Haus, Hof und Stall und auch den Kompostcontainer. Peter Angelini will vor allem im Winter Strom produzieren. Der Schnee und der vorbeifliessende Inn spiegeln das Sonnenlicht ideal auf die senkrecht montierten Solarpanels. Von Dezember bis Januar, dann wenn die Sonne am flachsten scheint, produzieren sie Höchstleistungen von 10’000 kWh. Dies lasse sogar die Herstellerfirma staunen.
Dank der Solaranlage und der Wärmerückgewinnung aus dem Container kann Familie Angelini Dreiviertel der vorherigen Stromkosten einsparen.
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