
Die Pflanzen- und Pilzproduktion
Das Jahr 2024 stellte die Schweizer Landwirtschaft vor grosse Herausforderungen: Von nassen Feldern und Pilzbefall im...
Anlässlich des Internationalen Tags des Waldes lohnt sich ein Blick auf das Zusammenspiel von Landwirtschaft und Waldwirtschaft. Beide Sektoren gehören zur Urproduktion und sind eng miteinander verwoben. Doch wo gibt es Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede und wie können Synergien besser genutzt werden?
Der Internationale Tag des Waldes, der jedes Jahr am 21. März stattfindet, hebt die essentielle Rolle der Wälder für die Landwirtschaft und Ernährungssicherheit hervor. Unter dem diesjährigen Motto «Wälder und Nahrung» wird die Bedeutung gesunder Waldökosysteme für die weltweite Lebensmittelversorgung betont.
Wälder liefern nicht nur Holz, sondern auch eine Vielzahl an Nahrungsmitteln – von Früchten und Nüssen bis hin zu Wildfleisch und Honig. Sie bieten Bestäubern Lebensraum, schützen Böden und Wasserquellen und tragen zur Klimaregulation bei. In der Schweiz, wo rund ein Drittel der Landesfläche bewaldet ist, unterstützt eine nachhaltige Waldbewirtschaftung die Biodiversität und sorgt für langfristige ökologische und wirtschaftliche Stabilität.
Der Tag des Waldes soll daran erinnern, dass eine enge Verbindung zwischen Waldwirtschaft und Landwirtschaft notwendig ist, um die Ernährung für kommende Generationen zu sichern.
Sowohl die Landwirtschaft als auch die Forstwirtschaft sind Teil des primären Sektors, der sich mit der Gewinnung von Rohstoffen beschäftigt. «Wald und Landwirtschaft sind Teile der Urproduktion – bei beiden ist das Hauptziel die Produktion und daneben gibt es verschiedene Nebenleistungen, die zum Teil deckungsgleich sind», betont Sandra Helfenstein, Leiterin Kommunikation und Marketing beim Schweizer Bauernverband. «Zum Beispiel die Förderung der Biodiversität oder die Gestaltung der Landschaft», ergänzt sie.
Dennoch unterscheiden sich die beiden Sektoren in ihrer Kernproduktion deutlich. Während die Landwirtschaft in erster Linie Lebensmittel produziert, ist es in der Forstwirtschaft das Holz. «Jährlich wachsen im Schweizer Wald rund 10 Millionen Kubikmeter Holz nach, davon werden rund zwei Drittel genutzt», erklärt Benno Schmid, Leiter Kommunikation und Politik bei WaldSchweiz.
Ein weiterer Unterschied liegt in der politischen und administrativen Zuständigkeit. Die Landwirtschaft ist dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung zugeordnet, während der Wald unter das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation fällt. Diese Trennung hat unter anderem auch historische Gründe und geht auf Diskussionen zum Waldsterben in den 1980er-Jahre zurück und beschlossen wurde, dass Schutz- und Nutzfunktion des Waldes nicht aufgeteilt werden sollen.
Die Waldfläche ist ausserdem streng geschützt, die Landwirtschaftsfläche nicht. «Die Waldfläche nimmt entsprechend zu, insbesondere in höheren Lagen», erklärt Sandra Helfenstein. «Die Landwirtschaftsfläche wird als Restgrösse verstanden – sie ist, was übrigbleibt, wenn die Flächen für Siedlungen, Infrastrukturen und Wald definiert sind», ergänzt sie. Entsprechend sei die Landwirtschaft dem Wald seinen Schutzstatus sicher etwas neidig.
Trotz dieser Unterschiede gibt es aber auch viele Berührungspunkte. So ist ein Grossteil der Schweizer Privatwaldeigentümer gleichzeitig landwirtschaftlich tätig. «Rund 70 Prozent der 245’000 Schweizer Privatwaldeigentümer besitzen landwirtschaftlichen Boden, sei es als Eigentümer oder als Pächter», so Benno Schmid. «Zusammen besitzen sie gut die Hälfte der privaten Waldfläche, das sind rund 185’000 Hektaren», ergänzt er.
Auch wirtschaftlich spielt der Wald für viele Landwirtschaftsbetriebe eine Rolle. «Rund 33’000 Landwirtschaftsbetriebe bewirtschaften über 120’000 Hektaren Privatwald – für einige dieser Betriebe ist der Wald ein wichtiges zusätzliches Standbein und trägt zum Einkommen bei», erläutert Sandra Helfenstein.
Doch der Wald hat nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine Schutzfunktion. Er bewahrt Landwirtschaftsflächen vor Erosion, Steinschlägen und Lawinen und hilft, Wasser zu speichern. Zudem spielt er eine Rolle in der Energiepolitik, indem er CO2 speichert und lokales Holz für nachhaltige Bauprojekte liefert.
Zusätzlich bietet der Wald Lebensraum für zahlreiche Bestäuberinsekten, die für die Landwirtschaft von grosser Bedeutung sind. «Der Wald ist Heimat für Insekten, die landwirtschaftliche Nutzpflanzen bestäuben und so eine gute Ernte ermöglichen», betont Benno Schmid. Gerade in Zeiten des Klimawandels und des Rückgangs vieler Insektenpopulationen kann diese Funktion des Waldes nicht hoch genug geschätzt werden.
Eine der grössten Herausforderungen ist die stetige Zunahme der Waldfläche, insbesondere in den Alpen. «Jährlich wächst der Wald um rund 4’000 Hektaren, was etwa der Fläche des Bielersees entspricht», erklärt Benno Schmid. Ein Grund dafür ist die Aufgabe von landwirtschaftlichen Flächen, die dann verwalden und verbuschen. Dies führt zu politischen Diskussionen über eine flexiblere Handhabung des Rodungsverbots. «Es gibt Bestrebungen im Parlament, die Regeln für den Rodungsersatz anzupassen, um die Balance zwischen Landwirtschafts- und Waldflächen besser zu steuern», ergänzt Benno Schmid.
Die Problematik der Verbuschung betrifft insbesondere die Bergregionen. Die Unternutzung von Flächen führt zu einer verstärkten Verwaldung, was nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich problematisch ist. «Wird die Fläche unternutzt, kommt der Wald zurück», schreibt die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete in der vereinseigenen Zeitschrift «Montagna». Ursachen dafür sind unter anderem der Rückgang der Schaf- und Ziegenhaltung, die fehlende Verfügbarkeit von Arbeitskräften und die Herausforderungen des Klimawandels.
Ein Lösungsansatz ist die gezielte Beweidung mit Schafen und Ziegen, die insbesondere gegen invasive Arten wie die Grünerle wirksam sind. Erste Studien zeigen, dass Ziegen effektiver als Rinder sind, um die Ausbreitung dieser Sträucher zu verhindern.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die steigende Waldbrandgefahr durch den Klimawandel. «Die Kontinuität der Waldbedeckung entlang der Berghänge beeinflusst die Grösse und Ausbreitung von Waldbränden erheblich», schreibt die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete im Artikel weiter. Strategien zur Offenhaltung von Flächen können dazu beitragen, die Ausbreitung von Bränden zu unterbrechen. Modernste Technologien wie LiDAR-Daten («Light Detection and Ranging» – eine optische Fernerkundungstechnik, bei der Laserlicht zum Abtasten der Erdoberfläche verwendet wird) ermöglichen eine präzisere Identifikation verbuschter Flächen, um gezielte Massnahmen zu ergreifen.
Zur Bekämpfung der Verbuschung werden eine Vielzahl an Massnahmen eingesetzt – von mechanischen Rodungen über den gezielten Einsatz von Weidetieren bis hin zu freiwilligen Einsätzen zur Offenhaltung der Landschaft. Insbesondere in Berggebieten sind solche Massnahmen entscheidend, um sowohl die Biodiversität zu erhalten als auch die wirtschaftliche Nutzung der Flächen zu gewährleisten.
Im Gegensatz dazu gibt es aber auch Vorsätze, um auf Landwirtschaftsflächen mehr «Wald» zu integrieren: Zum Beispiel mit Agroforstsystemen, bei denen Bäume und Sträucher gezielt in landwirtschaftliche Flächen integriert werden, um deren Resilienz gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen. Diese Ansätze sind jedoch noch wenig verbreitet. Agroforstsysteme könnten jedoch nicht nur die Biodiversität fördern, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bieten. Beispielsweise können durch den gezielten Anbau von Wertholz oder Obstbäumen zusätzliche Einkommensquellen erschlossen werden.
Ein Beispiel für innovative Konzepte ist auch die verstärkte Nutzung von Laubholz in der Bauindustrie. Während Nadelholz traditionell dominiert, könnten moderne Verarbeitungsmethoden Laubholz attraktiver machen. Dies könnte den wirtschaftlichen Wert vieler Wälder steigern und gleichzeitig neue Märkte erschliessen.
Landwirtschaft und Waldwirtschaft sind eng miteinander verbunden, sowohl ökonomisch als auch ökologisch. Die Herausforderungen liegen vor allem in der Flächennutzung und der politischen Regulierung. Dennoch gibt es viele Synergien, die weiterhin gefördert und gestärkt werden sollten. Die Zukunft liegt in einem gemeinsamen Ansatz, der sowohl die Schutz- als auch die Nutzfunktion von Wald und Agrarland berücksichtigt. Zudem könnten innovative Ansätze wie Agroforstwirtschaft und eine verstärkte Nutzung von Holz in der Bauwirtschaft neue Wege für eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Zusammenarbeit eröffnen. Es gilt, die Chancen der gemeinsamen Entwicklung zu nutzen und zukunftsfähige Lösungen zu etablieren, die sowohl der Landwirtschaft als auch der Waldwirtschaft langfristige Perspektiven bieten.
Das Jahr 2024 stellte die Schweizer Landwirtschaft vor grosse Herausforderungen: Von nassen Feldern und Pilzbefall im...
Der Orkan Lothar hinterliess 1999 eine Spur der Verwüstung in den Schweizer Wäldern, brachte jedoch auch erstaunliche...
In der Schweiz stellen hohe Bestände an Wildhuftieren eine wachsende Herausforderung für die Waldverjüngung dar. Bedr...