«Klimaschutz nicht auf Kosten der Ernährungssicherheit»

Technische Neuerungen und veränderte Konsumgewohnheiten können die Schweizer Landwirtschaft klimafreundlicher machen. Die Massnahmen dürften jedoch nicht die Ernährungssicherheit nicht gefährden, betont Hannah von Ballmoos-Hofer vom Schweizer Bauernverband im Agrarpolitik-Podcast. Politik und Gesellschaft müssten Ziele priorisieren.
Zuletzt aktualisiert am 4. Februar 2025
von Edith Nüssli
Hannah Hofer[91]

«Wie gross der Beitrag der Landwirtschaft zur Klimaneutralität ist, hängt auch davon ab, wie wir messen und rechnen», betont Hannah von Ballmoos-Hofer. Sie ist Leiterin des Geschäftsbereichs Energie beim Schweizer Bauernverband und Präsidentin von AgroCleanTech.

Den Einfluss von Messungen verdeutlicht sie am Beispiel Methan. Gemäss der aktuell angewendeten Methode GWP 100 verursacht Methan zwei Drittel der Emissionen der Landwirtschaft. GWP 100 stellt das CO2 in dem Vordergrund, das sehr lange in der Atmosphäre verbleibt. Das Methan hingegen ist kurzlebig – es baut sich innerhalb von 12 Jahren ab. Eine konstante Methan-Emission ist entsprechend wenig klimawirksam. Die Berechnungsmethode GWP 12 berücksichtigt diesen Unterschied.

Bei Hofdünger, Biogasanlagen und Maschinen ist vieles möglich

«Technische Innovationen werden immer wichtiger, um Treibhausgasemissionen zu vermindern», sagt von Ballmoos-Hofer. Bei der Nutzung von Hofdünger, bei Biogasanlagen und Maschinen sei noch viel möglich. Auch Fütterungszusätze und konservierende Anbausysteme seien wichtig. Die Herausforderung ist, dass man die Wirkung oft nicht genau berechnen kann. «Ein Hebel könnte sein, Massnahmen zu unterstützen, auch wenn die Wirkung nicht auf das letzte Mikrogramm gemessen werden kann», so die SBV-Mitarbeiterin.

Politik und Gesellschaft müssen Ziele priorisieren

Eine Herausforderung seien auch die vielen Zielkonflikte: «Bis jetzt wird den Bauernfamilien aufgebürdet, diese aufzulösen», findet sie. Das sei nicht fair. Ein Problem sei, dass die Verhandlungsrunden häufig unvollständig seien, Konsumentinnen und Konsumenten sowie Detailhandel seien zu wenig eingebunden. Deshalb wäre es wichtig, dass Gesellschaft und Politik die Ziele priorisieren.

Interessant seien Projekte wie Agroimpact: «Das Spannende an Agroimpact ist, dass man versucht, entlang der ganzen Wertschöpfungskette zusammenzuarbeiten», erklärt sie. So könne verhindert werden, dass sich die Produktion am Konsum vorbei entwickle. Denn ein Trend zu weniger Milch, Fleisch und Eier ist noch nicht sichtbar. «Dass die Schweizer Landwirtschaft die Tierbestände und damit die Emissionen reduziert, bringt dem Klima nichts, wenn die Produktion ins Ausland verlegt wird», betont sie. Ziele dürften nicht nur eine schöne Bilanz im nationalen Treibhausgas-Inventar anstreben, sondern müssten für das globale Klima eine Verbesserung bringen.

Die aktuelle Staffel

Agrarpolitik auf dem Prüfstand: Ist eine klimaneutrale Landwirtschaft möglich oder utopisch? Dieser Frage geht die 14. Staffel von «Agrarpolitik – der Podcast» nach. Im Gespräch mit Fachpersonen wird ausgelotet, wie und wie weit die Landwirtschaft den Ausstoss von Treibhausgasen reduzieren kann.

Realistische Ziele im Fokus

Das Ziel müsse sein, die Lebensmittel zu produzieren, die nachgefragt werden, und dies so ressourcenschonend wie möglich. Der SBV setze sich dafür ein, dass die Bauernfamilien mit nachhaltiger Produktion auch ein gutes Einkommen erzielen können. Zudem engagiere er sich, dass die Landwirtschaft erneuerbare Energie produzieren kann und realistische Klimaziele erhalte.

Agrarpolitik – der Podcast

«Agrarpolitik – der Podcast» zeigt Entwicklungen, Lösungswege und Handlungsachsen der Schweizer Agrarpolitik. Moderiert werden die Sendungen von Andreas Wyss, die Produktion verantwortet Hansjürg Jäger. Der Podcast ist auf allen gängigen Plattformen verfügbar und kann als Newsletter abonniert werden. Mehr unter www.agrarpolitik-podcast.ch.