Wald-Wild-Problem: Baumarten der Zukunft unter Druck
In der Schweiz stellen hohe Bestände an Wildhuftieren eine wachsende Herausforderung für die Waldverjüngung dar. Bedr...
Der Frühling ist da und mit ihm erwacht Flora und Fauna. Auch unterirdisch tut sich was – hie und da zu erahnen an den nun wieder sichtbaren Mausehaufen. Die Mäuse haben mit der Vermehrung begonnen und die Weibchen dürften bereits Nachwuchs haben, denn die Tragzeit von Wühlmäusen beträgt lediglich 20 bis 22 Tage.
Die Erhebungen für die diesjährige Ausgabe des Schermausradars wurden gemacht und zeigen, dass in vielen Regionen des Schweizer Mittellandes und Hügelgebietes die Schermauspopulationen auf einem vergleichsweise tiefen Niveau sind, berichtet Cornel Stutz vom nationalen landwirtschaftlichen Forschungsinstitut Agroscope und Verantwortlicher für den sogenannten Schermausradar. «In diesen Gebieten ist jetzt die beste Gelegenheit, um die Schermausbestände mit möglichst geringem Aufwand in Schach zu halten und den nächsten Populationsanstieg so weit als möglich hinauszuzögern – also, jetzt mausen», empfiehlt der Agronom.
Die Entwicklung der Schermauspopulationen ist grundsätzlich aber sehr regional und unterschiedlich. «Es ist also nicht so, dass die Mäusepopulationen in der ganzen Schweiz beispielsweise gleichzeitig zu- oder abnehmen», erklärt Cornel Stutz. Entsprechend seien die Schermauspopulationen seit dem letzten Jahr vor allem in den Regionen der Freiberge im Kanton Jura, Thal im Kanton Solothurn, im Aargauer Mittelland, rund um das Napfgebiet sowie in der Region Zürich-Ost und im Hinterthurgau zurückgegangen oder sogar zusammengebrochen. Auf mässig hohem Niveau bewegten sich die Populationen in der Linthebene, dem Thurgauer Seerücken und im Zürcher Oberland und in den Ostschweizer Voralpen blieben die Schermauspopulationen auf eher hohem Niveau stabil. Im Fricktal und Baselbiet, Schaffhausen, Zürcher Mittelland, im Hirzelgebiet und Säuliamt sowie im Berner und Solothurner Mittelland wurde hingegen ein Anstieg der Schermauspopulationen verzeichnet.
Schermausradar
Der Schermausradar ist ein Instrument, um die Dichte von Mäusepopulationen zu messen. Seit Frühling 2010 werden von Agroscope und der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaus (AGFF) jährlich die Dichten von Schermauspopulationen an rund 50 Standorten im Deutschschweizer Mittelland und den angrenzenden Hügelgebieten ermittelt. Die Daten der Mäusepopulationsschätzungen im Kanton Jura werden der AGFF von der kantonalen Fachstelle für Pflanzenschutz zur Verfügung gestellt.
Die Populationsgrössen der untersuchten Flächen geben zwar einen Hinweis, können aber nicht vorbehaltlos auf die Mäusedichte der gesamten Region übertragen werden. Der Mäusebefall kann lokal von Parzelle zu Parzelle stark variieren. Hingegen zeigt die Entwicklung der Mäuseradar-Beobachtungsparzellen an, ob die Schermausbestände regional stagnieren, zu- oder abnehmen.
Mäusezyklus
In Gebieten, wo der Anteil an Futter- und/oder Obstbauflächen hoch ist, verhalten sich Mäusepopulationen zyklisch. Es sind zwei Zyklustypen bekannt:
Kurve mit Peak: Nach einer relativ langen Periode mit minimaler Mäuseaktivität folgt eine starke, aber kurze Massenvermehrung mit einem anschliessenden raschen Zusammenbruch der Population. Die Zyklusdauer von zirka 5 bis 7 Jahren verhält sich regelmässig.
Glockenkurve: Nach einer kurzen Zeit mit geringer Mäusedichte folgt eine relativ schwache langandauernde Wachstumsphase mit mässigem Maximum und anschliessendem allmählichen Abklingen der Population. Der Zyklus verhält sich unregelmässiger.
Bei einer Mäusezahl von 300 bis 1000 Tieren pro Hektare, aus pflanzenbaulicher Sicht ein Totalschaden, bricht die Population gewöhnlich zusammen, so dass nur noch wenige Individuen auf der Fläche überleben.
Die Entwicklung von Schermauspopulationen hängt grundsätzlich von verschiedenen Faktoren ab. «Am gewichtigsten sind die landschaftlichen Aspekte wie die Grösse des zusammenhängenden Graslandgebietes, Anteil an intensiv bewirtschaftetem Wiesland, Anteil an Strukturelementen in der Landschaft wie Hecken, Waldstücke, Gewässer oder Felsen sowie die Präsenz von natürlichen Feinden», erläutert Cornel Stutz.
Wetterentwicklungen wie beispielsweise ein milder oder harter Winter oder ein trockener oder nasser Sommer hätten meist nur wenig Einfluss auf die Populationsdynamik. «Der milde Winter führte aber dazu, dass die Schermausweibchen relativ früh im Jahr ihren ersten Wurf gesetzt haben, sodass in Regionen mit aufsteigender Population die Wachstumskurve sich etwas steiler gestalten dürfte als in einem Jahr mit einem gewöhnlichen Winter», meint Cornel Stutz weiter.
Die Schermaus ist eine Untergattung der Wühlmaus, wird aber oft im Dialekt als Wühlmaus bezeichnet. Sie verursacht in der Landwirtschaft die grössten Flurschäden mit ihren Bauen, die eine Ausdehnung von bis zu 10 mal 10 Meter erreichen können, und frisst täglich etwa so viele Wurzeln, wie sie selber wiegt, also bis zu 130 Gramm. Pro Jahr haben die Mäuse ungefähr fünf Würfe mit durchschnittlich vier Jungtieren. Da die Mäuse mindestens zwei Jahre lang leben, kann ein Pärchen also rund 40 Nachkommen generieren. Sobald diese nach 2 Monaten geschlechtsreif sind, können auch sie sich vermehren. Bei einer Bekämpfung ist ein Eingriff in einer möglichst frühen Phase der Entwicklung bei tiefem Mäusebestand empfehlenswert. Im Gegensatz zu den Wühlmäusen machen Maulwürfe kaum Probleme in der Schweiz. Ein Maulwurf kann zwar einen grösseren Schaden anrichten, die Säugetiere vermehren sich aber längst nicht so stark wie Wühlmäuse und sind einzelgängerisch unterwegs.
Mäusepopulationen verhalten sich zyklisch und da die aktuelle Zykluskurve nach unten verläuft, muss irgendwann in den nächsten Jahren auch wieder mit einem Anstieg gerechnet werden. «In Regionen, wo es grosse zusammenhängenden Wiesen- und Weidegebiete gibt, sind diese Zyklen typisch und je grossflächiger diese Graslandgebiete sind, desto mehr verläuft die Entwicklung der Mäusepopulationen entlang dieser typischen Zyklen», erklärt Cornel Stutz. In den Ackerbaugebieten seien diese Zyklen hingegen weniger ausgeprägt: «Im Mittelland beispielsweise, wo es viele Siedlungsgebiete und Ackerflächen sowie grosse Flüsse oder Autobahnen gibt, können sich die Mäuse nicht so schlagartig ausbreiten und vermehren – entsprechend sind die Bestände dort stabiler und die Kurve verläuft eher glockenförmig.» Grosse regionale Massenvermehrungen seien in diesen Gebieten untypisch, totale Zusammenbrüche der Populationen aber auch – es habe einfach immer eine gewisse Anzahl Mäuse und das könne für die dortigen Landwirtinnen und Landwirte etwas undankbar sein.
In anderen Gebieten wie beispielsweise in Norddeutschland oder im Osten von Österreich treten regelmässige Zyklen mit flächendeckenden Feldmauspopulationen auf, die dann alles kahlfressen. Dies weil es in diesen durch ausgeräumte und eher karge Landschaft geprägten Gebieten wenig natürliche Feinde wie Greifvögel gibt und sich die Mäuse so stark vermehren können. Auf den riesigen Ebenen gibt es kaum Hochstammbäume, wo sich Greifvögel niederlassen können und auch das Wiesel, das ebenfalls Mäuse jagt, findet keine Deckung. «In der Schweiz sind wir mit der kleinräumigen Landschaft entsprechend bessergestellt», meint Cornel Stutz.
Nach dem Zusammenbruch einer Schermauspopulation sind häufig die Feldmäuse die grossen Gewinner. Wenn die Schermäuse von der Bildfläche verschwinden, bleiben viele leere Baue übrig, welche die Feldmäuse gerne übernehmen. In einem leeren Schermausbau, der aus zahlreichen unterirdischen Gängen besteht, ist die Feldmausfamilie besser vor den natürlichen Feinden geschützt als in einem selbst gegrabenen herkömmlichen Feldmausbau. Während die Feldmäuse in ihren oberirdischen Laufpfaden unterwegs sind, sind sie eine besonders leichte Beute für Greifvögel und andere Jäger, wie beispielsweise Katzen, Füchse oder Wieselarten. Dank der hohen Präsenz von natürlichen Feinden brauchen sich die Schweizer Landwirte vor Feldmäusen – ausser in Obstanlagen – kaum in acht zu nehmen.
Abgesehen von der aktuellen Entwicklung zeigt die Tendenz der Wühlmäusepopulationen laut Cornel Stutz in den letzten rund 20 Jahre aber doch eher nach oben: «Es gibt eher mehr Mäuse als noch früher – die Populationen sind tendenziell etwas höher als früher», sagt er. Über die Gründe könne man aber nur spekulieren: Sicher sei die aktive Mäusebekämpfung durch die Landwirtinnen und Landwirte heute weniger verbreitet als noch früher. Die Betriebe seien heute deutlich grösser als früher und es bleibe weniger Zeit für aufwändige Arbeiten wie das Mausen. Ob allenfalls auch der Klimawandel und damit vermehrt mildere und mäusefreundlichere Temperaturen die Mäusepopulationen zusätzlich ankurbeln, kann Cornel Stutz nicht beurteilen. Gerade im Winter beispielsweise sei aber die Sterblichkeit nie besonders hoch – ob es nun ein kalter oder ein milder Winter sei. «Wenn 10 Prozent der Mäusepopulation im Winter eingehen, dann ist dann schon eher viel», meint er. Ausserdem ist der Schermausradar etwas typisch Schweizerisches – in den umliegenden Ländern gibt es dies nicht. Entsprechend ist die Datenlage auch nicht allzu gross, dass man genau festmachen könnte, woran beispielsweise die beobachtete tendenzielle Zunahme der Mäuse liegen könnte.
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