So gehen Nutztiere mit der Hitze um
Hitze wirkt sich nicht nur auf die Leistung von Nutztieren aus, sondern auch auf ihr Wohlbefinden. Wenn Tiere über ei...
Neben dem Weltacker im bernischen Zollikofen haben sich zahlreiche Menschen eingefunden. Auf dem Acker sind vier Pferde dabei, den Boden zu pflügen. Das Zuschauerinteresse zeigt: Hier geschieht etwas für die Schweiz Aussergewöhnliches. Weltweit aber – und das passt bestens zum Weltacker – sind Zugtiere ein normales Bild in der Landwirtschaft.
«Weltweit werden noch riesige Flächen mit dem Pferde bearbeitet und uns tut es gut, wenn wir uns das auch mal bewusst machen», sagt Franz Hofer, Geschäftsführer der Oekonomischen Gemeinnützigen Gesellschaft Bern (OGG), welche den Weltacker am Inforama Rütti 2020 initiiert hat.
«Als wir gestern mit Pflügen begonnen haben, hätten wir nicht mit dem Traktor auf den noch feuchten Acker gehen können. Das zeigt, dass es Einsatzmöglichkeiten gibt, in welchen der Einsatz von Pferden seine Berechtigung hat», sagt Hofer. Mit Traktor hätte man nicht mit gutem Gewissen auf den Acker fahren können, bestätigt Hans Reinhard, Co-Leiter des Weltackers Bern. «Mit den Pferden geht das aber gut, sie schonen ausserdem den Boden». Trotz der Vorteile bezüglich Bodenschonung und Nachhaltigkeit glaubt Reinhard nicht daran, dass es einen Zugpferde-Boom geben wird. «Aber wir müssen die Kenntnisse und das Wissen erhalten», so Reinhard.
«Es gehört zur OGG, das Kulturgut zu pflegen, damit es nicht in Vergessenheit gerät.»
Ernst Rytz von der IG Arbeitspferde sieht es als grossen Vorteil, dass die Pferde bei feuchter Witterung früher auf den Acker können als ein Traktor und den Boden nicht verdichten: «Die Belastung durch die Pferde ist punktuell und nicht linear wie bei einem Reifen.» Da sei mit einem Traktor rasch ein Schaden angerichtet, besonders in Hanglage, wo das Gewicht nicht gleichmässig verteilt ist.
Der Pflug, der an diesem Tag auf dem Weltacker im Einsatz ist, stammt aus dem Jahr 1930. Vier Pferde sind im Einsatz, um ihn durch die Erde zu ziehen. Die Amischen in den USA hätten die Faustregel, dass es pro Pflug drei Pferde brauche. Aber dort seien schwerere Pferde im Einsatz, sie wögen zwischen 700 und 900 Kilo. Die im Einsatz stehenden Freiberger sind zwischen 550 und 650 Kilo schwer, weshalb es auch vier statt drei Tiere sind.
«Wir nutzen die Pferde für die Arbeit, aber wir überfordern sie nicht», betont Rytz. «Wir haben keine schweissnassen Pferde, sondern solche, die auch beim Wendevorgang Zeit zum Ausschnaufen erhalten. Wir wollen mit der Arbeit ein gutes Gefühl vermitteln.»
Mit dieser Methode können die Pferde drei Stunden am Morgen und nach einer Mittagspause nochmals drei Stunden am Nachmittag arbeiten. Dies komme der Natur der Pferde entgegen. «Nur wenn wir aufs Tier eingehen und sein Wesen in die Arbeit integrieren, können wir gut arbeiten», sagt Rytz.
«Der Boden wird viel weniger stark belastet»
Auf der linken Seite vorne ist heute Nirvana im Einsatz. Sie ist 8 Jahre alt und wiegt 600 Kilo. «Sie ist mit ihrer Abstammung eher auf der sportlichen Seite», erklärt Rytz, der den Charakter der Pferde genau kennt. Am Anfang sei sie jeweils etwas übermotiviert: «Wie ein Fussballer, der aufs Feld geht und nach 10 Minuten schon die gelben Karte kassiert.» Neben ihr auf der rechten Seite ist Nina im Einsatz, 7-jährig, und das charakterliche Gegenteil mit ihrem ruhigen Gemüt.
Zusammen leisteten sie Top-Arbeit, sagt Rytz. Im Gegensatz zum Fussballvergleich bleibt das linke Pferd nicht immer auf dem «linken Flügel». Die Seiten werden regelmässig getauscht. «Das ist gut für die Physis und kommt damit dem Tierwohl zugute, da es zu keinen Verspannungen kommt», erklärt Rytz.
In Europa wurden Zugtiere im Laufe der Zeit von Maschinen praktisch verdrängt. Allerdings gibt es weiterhin Betriebe, die Pferde in Wald- und Landwirtschaft einsetzen. Weltweit kommt den Zugtieren aber weiterhin eine grosse Bedeutung zu. Dabei kommen verschiedene Tiere, vom Esel bis zum Elefanten, zum Einsatz.
Die Pferde hinten sind deutlich älter. Der Wallach Quinto ist 22 Jahre, Cana bereits 23 Jahre alt und mit 650 Kilo «Kampfgewicht» das schwerste Pferd auf dem Acker. «Diese beiden Pferde haben ihre Topleistungen bereits erbracht. Aber sorgsam eingesetzt, bringen sie immer noch gute Leistungen», erklärt Ernst Rytz. Ein Pferd in einem gewissen Alter einfach aus der Arbeit zu nehmen und auf die Weide zu stellen, hält er für falsch. Was gut gemeint sei, komme den Pferden nicht zugute. «Ein Pferd, welches das Leben lang im Einsatz war, verliert sonst sein Umfeld, das es mochte. Es ist nicht wohl, wenn es nur auf der Fläche steht und frisst.»
Die Pferde haben den ganzen Acker gepflügt. Ernst Rytz: «Die Arbeit mit den Tieren sorgt auch bei den Landwirtinnen und Landwirten für Stressabbau und sorgt damit für eine Entlastung im Alltag.»
2'000m2 Ackerfläche stünden einem Menschen zur Verfügung – vor allem für Lebensmittelproduktion, aber auch für Kleidung. Auf Weltäckern werden die weltweit wichtigsten 50 Kulturen massstabsgetreu angebaut. Mehr Infos gibt es unter www.weltacker.ch.
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