Genfer Hightech-Salat
In Perly im Kanton Genf wächst der Salat in der Luft. Auf seinem ultravernetzten Betrieb experimentiert Jeremy Blondi...
Die Geschwister Thomas und Marlène Bircher, die gemeinsam die Kaffeerösterei Belém Café AG in Schüpfen in zweiter Generation führen, haben in zwei Jahren intensiver Arbeit und zahlreichen Röstversuchen verschiedene Rohstoffe wie Erbsen, diverse Hülsenfrüchte, verschiedene Getreide und sogar Blackenwurzeln getestet. Schliesslich fanden sie das perfekte Rezept für ihre Kaffeealternative «Louca». Diese besteht aus einer sorgfältig gerösteten Mischung aus Gerstenmalz und Süsslupinen. Das genaue Mischverhältnis bleibt ein gut gehütetes Geheimnis. «Die geröstete Lupine hat ein nussiges Aroma und die geröstete Gerste einen süsslichen Gout – zusammen ist es die ideale Mischung für eine vollmundige Kaffeealternative und darum haben wir uns schliesslich für diese beiden Rohstoffe entschieden», erklärt Thomas Bircher.
Die Nachhaltigkeit und die lokale Zusammenarbeit spielen bei «Louca» eine zentrale Rolle. Der Slogan «gewachsen und geröstet im Berner Seeland» unterstreicht diesen Ansatz. Die Rohstoffe stammen von einem Biohof, der nur zwei Kilometer von der Rösterei entfernt liegt. Das Betriebsleiterpaar Thomas und Rahel Hofer baut dort nicht nur die Braugerste an, die zu Gerstenmalz verarbeitet wird, sondern auch die Süsslupinen. Diese spezielle Sorte mit niedrigem Alkaloidgehalt, die im zweiten Jahr angebaut wird, ist ideal für die Produktion der Kaffeealternative. Alkaloide sind von Natur aus in Lupinen enthalten und können in höheren Konzentrationen bitter und giftig sein, daher ist ein niedriger Alkaloidgehalt essentiell für die Herstellung einer geniessbaren Kaffeealternative.
Thomas Hofer, der den Hof seit 2020 gemeinsam mit seiner Frau Rahel bewirtschaftet, berichtet von den Herausforderungen des Süsslupinenanbaus: «Dieses Jahr war es bisher etwas schwierig mit dem Anbau der Süsslupinen – so hatten wir Probleme mit Schnecken und einer Saatfliege, welche die jungen Pflanzen angegriffen haben.» Ausserdem sei es nach der Aussaat feucht und kühl geblieben, was das Wachstum der Pflanzen zusätzlich gehemmt habe und das Unkraut stärker wachsen liess.
Trotz dieser Schwierigkeiten sieht Thomas Hofer aber grosses Potential in der Kultur «Lupinen sind eine wichtige pflanzliche Proteinquelle und haben vielfältige Verwendungsmöglichkeiten als Nahrungsmittel für Mensch und Tier» erklärt der Landwirt. Sie seien als Ackerkultur unter anderem wertvoll, weil sie als Leguminosen Stickstoff aus der Luft aufnehmen und im Boden binden können und wenig Dünger benötigten. «Allerdings kann Anthraknose, eine Pilzkrankheit, auch zu Totalausfällen führen und der Alkaloidgehalt muss niedrig gehalten werden, damit die Lupinen ohne Auswaschen geniessbar sind», ergänzt Thomas Hofer.
Anita Leuthold, Gründerin von KernGrün, berichtet stolz über den erfolgreichen Start des Zürcher Lupinenkaffees: «Ein Landwirtschaftsbetrieb aus dem Nachbardorf fragte uns an, ob wir ihren Lupinenkaffee in unserem Onlineshop und Laden in Richterswil verkaufen möchten – wir waren begeistert vom Produkt, jedoch wussten wir, dass für eine erfolgreiche Vermarktung auch das Packaging stimmen musste.»
So nahm sich KernGrün, ein Laden und Onlineshop, der auserlesene Bio-Produkte vertreibt, dem Lupinenkaffee an. Die Entwicklung des Produkts dauerte etwa ein halbes Jahr, in dem Röstprozesse erarbeitet und landwirtschaftliche Partnerbetriebe gefunden und beraten wurden. «2021 hatten wir Lupinen zum Testen, 2022 dann bereits unsere eigenen Felder auf landwirtschaftlichen Partnerbetrieben», erklärt Anita Leuthold.
Seitdem ist das Projekt stetig gewachsen. «Im ersten Jahr hatten wir zwei Partnerbetriebe und total zwei Hektar Anbaufläche – 2024 sind wir bei der vierfachen Menge, welche aktuell für uns angebaut wird,» berichtet Anita Leuthold weiter. Die Verkaufszahlen seien steigend und auch die Vermarktung laufe erfolgreich: Sowohl Wiederverkäufer als auch Gastronomen kommen selbständig auf KernGrün zu.
Aber auch in Zürich gab und gibt es Herausforderungen, besonders im Anbau. So können die Bitterstoffe der Lupinen variieren und die Ursachen dafür sind noch nicht vollständig geklärt. Trotzdem bleibt Anita Leuthold optimistisch und setzt auf die weitere Verbreitung des innovativen Getränks in Zürich und darüber hinaus.
Und auch bei der Röstung haben Gerste und Lupinen spezifische Anforderungen, erklärt Thomas Bircher. «Wir haben für die Verarbeitung der Lupinen zusätzlich eine Minirösterei eingerichtet und dafür unsere erste 15-Kilogramm-Kaffeeröstmaschine wieder in Gang gebracht», erzählt er und ergänzt: «Die Lupine ist sehr dicht und schwer, daher müssen wir sie bei hohen Temperaturen rösten – die Maschine wird auf 200 Grad erhitzt und es ist wichtig, einen ruhigen Röstverlauf zu gewährleisten, damit die Lupinen aussen nicht verbrennen und innen trotzdem gleichmässig geröstet sind.» Die Gerste hingegen erfordert eine feinere Röstung bei 160 Grad, um ihre süsslichen Noten zu bewahren.
«Wir sind generell dafür bekannt, dass wir langsam und schonend rösten – das hilft uns nun auch beim Rösten von Lupinen und Gerste, da wir den Prozess fein abstimmen müssen», ergänzt Marlène Bircher. Beim Kaffeerösten könnten sie sich ausserdem auf alle vier Sinne abstützen – so höre man bei den Kaffeebohnen akustisch, wenn die ideale Röste erreicht sei. «Bei den Lupinen und der Gerste müssen wir hingegen manchmal auch noch während des Röstens malen und degustieren, um den richtigen Röstpunkt zu treffen», erklärt Marlène Bircher.
Und auch die Pflege der Lupinen auf dem Feld erfordert Aufmerksamkeit, insbesondere bei der Unkrautbekämpfung. «Man muss Unkraut bekämpfen, damit die Kultur nicht untergeht – dazu nutzen wir Hackgeräte und zu Beginn auch den Striegel», erläutert Landwirt Thomas Hofer. «Eine gewisse Handarbeit ist jedoch notwendig», erklärt er weiter und ergänzt: «Wir haben dieses Jahr auch Weissklee als Untersaat eingesät, um die späte Verunkrautung zu verringern.»
Die Ernte der Lupinen geht komplett an die Kaffeerösterei Belém. «Letztes Jahr gingen die 1,3 Tonnen an die Rösterei und das ist auch weiterhin die Abmachung», sagt Thomas Hofer. Vorerst dürfte es jedoch eine Herausforderung bleiben, die Menge der Ernte und den Bedarf der Rösterei in Einklang zu bringen und so ist die Zusammenarbeit zwischen dem Hof der Hofers und der Kaffeerösterei Belém noch ein Balanceakt. «Es ist für alle noch schwierig einzuschätzen, wie sich die Nachfrage entwickeln wird und wie viel es an Rohstoffen dann auch braucht», meint Thomas Hofer. «Wenn die Rösterei noch genug Vorrat haben sollte und ich gleichzeitig eine gute Ernte einfahre, bleibt die Frage, was mit dem Überschuss passiert – in den Futterkanal zu liefern ist keine optimale Lösung, weil es ja auch finanziell aufgehen sollte», ergänzt er.
Der Markt mit Lupinen für die menschliche Ernährung entwickle sich erst, auch wenn die Nachfrage nach pflanzlichen Proteinen steige, erklärt Christine Arncken, Agraringenieurin am Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL. «So steht der Anbau von Lupinen in der Schweiz noch am Anfang – rund 100 Hektar werden in der Schweiz derzeit angebaut», erläutert sie. Und es gebe noch viele Herausforderungen, wie die Bekämpfung der Anthraknose und die Schwankungen der Erträge, zu bewältigen.
«Louca» ist in drei verschiedenen Ausführungen erhältlich: Die Sorten «Nature» und «Ingwer» enthalten kein Koffein, «Kaffee» ist eine Mischung, die mit 10 Prozent Bio-Kaffee angereichert ist. Diese Kaffeealternative ist ideal für Personen, die auf Koffein verzichten wollen, sowie für Kaffeegeniesser, die aus Umweltbewusstsein ihren Kaffeekonsum verringern möchten.
Die Resonanz auf «Louca» war bisher laut Marlène Bircher sehr positiv: «Das Vorurteil, dass es eben ‹nur› Kaffee-Ersatz ist, hat sich schnell in Neugierde und sogar in Begeisterung umgewandelt», sagt sie. «Viele Kundinnen und Kunden finden es faszinierend, dass die Rohstoffe für das Heissgetränk nur zwei Kilometer von unserer Rösterei entfernt wachsen und im zehn Kilometer entfernten Aarberg gereinigt und für die Weiterverarbeitung aufbereitet werden», erzählt Marlène Bircher.
Dass die hochwertigen Bio-Rohstoffe ihren Preis haben, haben auch Thomas und Marlène Bircher gemerkt: «Beim Louca-Projekt sind wir einfach mal gestartet und wussten eigentlich nicht, worauf wir uns einlassen – wir waren dann schon erstaunt, welchen Preis ein Produkt hat, das so nah von unserer Rösterei heranwächst», sagt Marlène Bircher. «Aber wir schauen ja auch beim Kaffee darauf, dass wir nicht einfach den günstigsten nehmen», ergänzt sie, «denn die Qualität muss stimmen sowie auch die sozialen Aspekte und dasselbe gilt für unsere regionale Kaffeealternative ‹Louca›.»
Entsprechend ist das Produkt im Verkauf nicht billiger als Kaffee, dessen Rohstoffe von weiter herkommen. «Es ist ein biologisch produziertes Produkt, bei dem auch viel Handarbeit dahintersteckt», erklärt Marlène Bircher. Und schlussendlich sei es ein Anliegen, dass alle Beteiligten einen fairen Anteil bekommen, ergänzt sie: «Und so zahlt man eben auch die Regionalität und generiert Wertschöpfung für die Region.»
Breits vor über zweieinhalb Jahren begann die Kaffeerösterei Belém Café AG mit ersten Experimenten mit Lupinen. Den entscheidenden Impuls erhielt das Projekt schliesslich durch die «Berner Bio-Offensive 2025», die unter dem Namen «Bern ist Bio» bekannt ist. Deren Ziel ist es, den Absatz von Bioprodukten im Kanton Bern durch innovative Produkte zu steigern und die Akteure entlang der Wertschöpfungskette zu vernetzen. «Bern ist Bio» brachte Thomas und Marlène Bircher mit Thomas und Rahel Hofer zusammen und unterstützte das Projekt bis zur Marktreife.
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