Grüne Milchalternativen: Ökohelden mit Nährstofflücken?
Pflanzliche Milchalternativen wie Soja-, Mandel- und Haferdrinks boomen. Sie gelten als umweltfreundlicher als Kuhmil...
Der Schweizer Obstverband (SOV) stellte auf einer Thurgauer Tafelobstanlage Massnahmen vor, wie die Branche die Apfelproduktion nachhaltiger machen möchte. Schon auf 85 Prozent der Anbaufläche wird dieses Jahr das Kernobst entsprechend den Nachhaltigkeitszielen des Branchenverbandes produziert.
Hintergrund bildet das Versprechen der Branche bei Ablehnung der Pestizid- und Trinkwasserinitiative im Jahr 2021 selbst praxistaugliche Massnahmen einzuführen, um die Produktion nachhaltiger zu gestalten. Dazu hat der Schweizer Obstverband Produzenten und Handel an einen Tisch gebracht.
Nachhaltiger heisse, schonend mit den Ressourcen umzugehen, die Risiken der Pflanzenschutzmittel zu halbieren, CO2 zu reduzieren und die Artenvielfalt zu verdoppeln, fasst SOV-Präsident Jürg Hesszusammen.
Zur Erreichung dieser Ziele erarbeitete die Branche insgesamt 90 Massnahmen. Die Vielfalt der Massnahmen macht es möglich, dass die Obstbauern die für ihren Betrieb geeigneten Massnahmen auswählen können. «Alle Betriebe müssen mitmachen können», betont Hess. Für die verschiedenen Massnahmen erhalten sie Punkte, von denen sie ein Minimum erreichen müssen.
Ralph Gilg, Obstbauer und Präsident des Thurgauer Obstverbandes, zeigt auf einem Rundgang durch seine Tafelobstanlagen in Fruthwilen, welche Massnahmen er anwendet.. Er legt drei Schwerpunkte: ein umweltfreundlicher Pflanzenschutz, ein gesunder Boden und eine ressourcenschonende Produktion.
Am auffälligsten an der Anlage sind die schwarzen Hagelnetze. Ohne diese Netze würde schon ein fünfminütiger Hagel mit kleinen Körnern dazu führen, dass die ganze Ernte deklassiert wird, ein Verlust von mehreren Zehntausend Franken.
Wichtig ist ihm auch, dass der Baumstreifen im Herbst begrünt ist. «So hätte es mein Vater nie gewollt», schmunzelt der Obstbauer. Früher hätte man mit Herbiziden jegliches Gras in der Anlage abgetötet. Heute sieht Gilg in der Begrünung Futter für die Bodenlebewesen und damit einen Schritt in Richtung Humusaufbau.
Aus demselben Grund düngt er grösstenteils nicht mit Mineraldünger, sondern mit organischem Material wie Hühnermistpellets, Kompost und verrottetem Mist. Um das Gras in der Anlage niedrig zu halten, mulcht er zwischen den Baumreihen mit einer Rollhacke und verwendet in der Baumreihe ein elektrisches Abbrenngerät, das mittels Stromspannung die Pflanzenzellen schädigt und das Gras zum Absterben bringt.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln lässt sich durch die Wahl von robusten Sorten reduzieren. Gilg hat in einer Obstanlage die neue Apfelsorte «Magic Star» angepflanzt, die sehr robust gegen Schorf ist. Es sei nicht einfach, eine Apfelsorte zu finden, welche den Konsumenten gefalle und schmecke und die zugleich robust gegen Pilzkrankheiten sei.
Ganz ohne Fungizide, Pilz bekämpfenden Mitteln, geht es aber auch bei robusten Sorten nicht. Doch legt Gilg Wert darauf, diese nur dann auszubringen, wenn sie nötig sind. Um den Zeitpunkt zu bestimmen, hilft ihm eine eigene, kleine Wetterstation, welche die Feuchtigkeit in der Luft und auch in der Erde misst.
Mit Letzterem kann er seine Bewässerungsstation so steuern, dass die Bäume nur dann bewässert werden, wenn sie Trockenstress ausgesetzt sind. Tropfschläuche bringen das Wasser punktgenau und in Bodennähe aus, so dass nur wenig Wasser verdunstet. Das hilft ebenfalls, Wasser zu sparen. Der Obstbauer kann dem Wasser auch Flüssigdünger beimischen und in Trockenperioden die Nährstoffe über die Tropfschläuche möglichst nahe zu den Wurzeln bringen. «Vor allem junge Bäume dürfen keinen Stress haben», fasst Gilg das Ziel der Bewässerung zusammen
Mit Hilfe von Blühstreifen, Filzbändern für Raummilben und Unterschlüpfen für Insekten, sogenannten Insektenhotels, fördert der Obstbauer Nützlinge in der Obstanlage, um mit deren Hilfe Spritzmittel gegen Insekten und Milben zu reduzieren. Eine sehr effiziente, umweltfreundliche Massnahme ist auch die Verwirrungstechnik gegen den Apfelwickler. Dazu hängt der Landwirt kleine Dispenser auf, aus denen Pheromone austreten. Die weiblichen Sexuallockstoffe locken die Männchen an. Diese fliegen dann bis zur Erschöpfung, ohne dass es zu einer Begattung kommt. «Wir haben praktisch keinen Befall mehr», stellt der Landwirt fest.
Aktuell läuft die Ernte. Zwei MitarbeiterInnen pflücken die Äpfel bis auf Reichweite der Arme. Was darüber ist, pflücken der Vater des Betriebsleiters und eine weitere Person auf Stelzen. Das Gehen auf Stelzen muss geübt sein, aber es ist ein Beispiel dafür, wie der Betrieb dank einfacher Hilfsmittel auf hohe Mechanisierungskosten verzichtet und damit auch zur Reduktion von fossilen Ressourcen und Klimagasen beiträgt.
Die Massnahmen, die der Obstbauer für eine nachhaltige Apfelproduktion anwendet, sind oft teurer als die herkömmlichen, die hauptsächlich auf dem Einsatz von chemischen Mitteln beruhen. Produzenten und Handel haben sich zur Abgeltung der höheren Kosten für einen Zuschlag von 6 Rappen je Kilogramm Äpfel geeinigt.
Die Grossverteiler stehen ebenfalls hinter dem «nachhaltigen Apfel» und dürften die Mehrkosten an die Konsumenten weitergeben. Lorenz Kreis, externer Berater von der Migros, betont den Willen des Grossverteilers die Apfelproduktion nachhaltiger zu machen und lobt die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Obstbauern. Ein extra Logo gibt es für den nachhaltigen Apfel nicht, aber bei LidlSchweiz beispielsweise erklären Mini-Leporellos, farbige Faltblättchen, was dahinter steckt.
Für Nationalrat Manuel Strupler ist der nachhaltige Apfel ein Beweis, dass die Obstbranche bereit ist, sich anzupassen. Sie wolle nicht nur gesunde, sondern auch nachhaltige Äpfel produzieren. Ihr Weg zur Nachhaltigkeit führe nicht über Verbote, sondern über Innovation.
Eine neue Methode, Schädlinge im Obstbau zu erkennen, ist die Lupentechnik. Mit einer modernen Lupe lassen sich kleinste Schädlinge wie Rostmilben erkennen und auf dem Smartphone identifizieren.
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