Anzahl Betriebe nimmt weiter ab
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Nachhaltigkeit, Biodiversität oder Bioproduktion werden insbesondere für die europäische Landwirtschaft immer bedeutsamer und prägen je länger je mehr die Agrarpolitik in Europa. Zuletzt führten die Coronaviruspandemie und jüngst der Angriffskrieg in der Ukraine dazu, dass die Forderungen nach mehr Ökologie mit erschwerten Produktionsbedingungen und dem Wunsch nach mehr Selbstversorgung aufeinanderprallen und sich gegenseitig auszuhebeln drohen.
Anlässlich des alle zwei Jahre stattfindenden Ländertreffens der deutschsprachigen Bauernverbände trafen sich diese Woche insgesamt neun Bauernverbände am Bodensee, um den gegenseitigen Austausch zu pflegen. Am landwirtschaftlichen Kompetenzzentrum des Kantons Thurgau auf dem Arenenberg diskutierten die Vertreter über die Herausforderungen, welchen sich die Landwirtschaft in den jeweiligen Ländern stellen muss.
Aus Anlass des 125-Jahr-Jubiläums des Schweizer Bauernverbands waren diesmal nicht nur die nationalen Bauernverbände aus Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz am traditionellen Treffen dabei, sondern auch die Bauernverbände, der an die Schweiz angrenzenden Regionen Südtirol, Vorarlberg, Bayern und Baden-Württemberg.
«Die Schweiz erlebt oftmals Entwicklungen, die im Ausland etwas später einsetzen, bereits zum Voraus. Alles, was wir beispielsweise hierzulande schon vor rund 10 Jahren gerade im Bereich Nachhaltigkeit, Biodiversität oder Bioproduktion diskutiert haben, diskutiert man nun in Deutschland und Österreich. Gleichzeitig kommen von der EU viele Vorgaben, die wir hierzulande einfach umsetzen müssen – insbesondere bei den technischen Bestimmungen. Das ist aber wichtig, damit wir kompatibel bleiben. Das zeigt das aktuelle Beispiel von Grossbritannien, das sich ja völlig ins Abseits manövriert hat und mit dem wichtigsten Player, der EU, nicht einmal mehr ein vernünftiges Handelsabkommen hat, sondern nur noch ein Zollabkommen. Dazu kommen uneinheitliche Umsetzungen und eine fehlerhafte Steuer- und Finanzpolitik. Die Schweizer Landwirtschaft sieht sich hier durchaus in der Verantwortung, mitzuhelfen, dass solche Szenarien wie mit Grossbritannien unbedingt vermieden werden können. Wir brauchen für die Schweiz und Europa einen Weg, auf dem wir miteinander Probleme lösen. Für die Schweiz hat sich dabei der bilaterale Weg bewährt, der gut funktioniert. Für uns ist die EU der wichtigste Handelspartner und da sind wir auf einen guten Zugang mit einer vernünftigen Zusammenarbeit angewiesen. Das funktioniert im Moment nicht allzu schlecht, auch wenn es nicht immer mit grossen Schritten vorwärts geht. Im Hinblick auf Grossbritannien oder Russland ist die Schweiz aktuell sicher eine Partnerin, mit der es sich gut zusammenarbeiten lässt.»
Markus Ritter, Präsident SBV
«Die Bäuerinnen und Bauern aus den verschiedenen Ländern kämpfen aktuell mit ziemlich den gleichen Problemen», erklärte Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands. So würden die ständig zunehmenden Regulierungen und ausufernden Auflagen, der immer grösser werdende administrative Aufwand und die hohen Kosten bei gleichzeitig tiefen Produzentenpreisen die Landwirtinnen und Landwirte stark belasten.
«Der Krieg in der Ukraine und die dadurch verursachten stark höheren Preisen haben die Situation verschärft und in unseren Nachbarländern zu einer hohen Teuerung und einem massiven Rückgang beim Kaufverhalten insbesondere von Labelprodukten geführt», meinte der Schweizer Bauernverbandspräsident und ergänzte: «Die Schweiz erlebt das so zwar auch, aber in einem wesentlich reduzierteren Umfang – bei uns laufen beispielsweise Bioprodukte nach wie vor gut und auch die Kaufkraft ist bei uns noch gut.»
Die Situation bedrohe zunehmend auch die Selbstversorgung und die Ernährungssicherheit. Die politischen Systeme reagierten aber zu träge, um darauf zu reagieren. «Ziele wie Klimaschutz und Biodiversität mit Ernährungssicherheit zu vereinbaren, sind in diesen unsicheren Zeiten eine Herausforderung», bekräftigte auch Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands.
Die Regierungen auf allen politischen Ebenen, die Öffentlichkeit und alle Entscheidungsträger seien darum angehalten, die Landwirtschaft ernst zu nehmen: «Wir möchten, dass Themen wie Versorgungs- und Ernährungssicherheit, aber auch das, was die Landwirtschaft braucht, um erfolgreich in Europa produzieren zu können, auf der Tagesagenda unserer Regierungen und Verwaltungen prominenter Platz finden und schneller behandelt werden», erklärte Markus Ritter und ergänzte: «Neue Situationen wie ein Krieg müssen schneller adaptiert werden und in die Tagesentscheide einfliessen – auch im Sinne der Nachhaltigkeit und da spielt die Produktion einfach eine ganz wichtige Rolle.»
Um ihrem Anliegen mehr Nachdruck zu verleihen, unterzeichneten alle am Ländertreffen anwesenden Bauernverbände die sogenannte «Arenenberger Erklärung». Mit dieser Erklärung wollen die verschiedenen Bauernverbände bei ihren Regierungen intervenieren, um gemeinsam eine erschwingliche, wirtschaftliche und nachhaltige Lebensmittelproduktion voranzutreiben.
«Unsere Bäuerinnen und Bauern sträuben sich nicht gegen mehr Tierwohl oder weniger Pflanzenschutzmittel – aber in der aktuellen Krise mit gesundem Menschenverstand», meinte Josef Moosbrugger, Präsident der Präsidentenkonferenz der österreichischen Landwirtschaftskammern. «Vielfach wird der Landwirtschaft nachgesagt, dass sie etwas konservativ sei – und das stimmt sicher auch», ergänzte Markus Ritter, «aber ich sage immer, dass man Bewährtes nicht ohne Not über Bord werfen und gleichzeitig trotzdem offen für Neues sein sollte.»
Und so müssten Bäuerinnen und Bauern in den verschiedenen Parteien und Organisationen in der Schweiz und in Europa mit ihrem Verständnis, dass sich alles organisch, langsam und vernünftig entwickeln müsse, dazu beitragen, dass die Politik auch im Sinne der Bevölkerung und des Landes vernünftig und weitsichtig handle. Wenn dies gemeinsam geschehe – in diesem Fall Deutschland, Österreich, Liechtenstein und die Schweiz zusammen – dann errege das mehr Aufmerksamkeit und habe hoffentlich die gewünschte Wirkung, meinte der Schweizer Bauernverbandspräsident weiter: «Gerade die Beratung der Erklärung zeigte, wie unkompliziert eine Zusammenarbeit sein kann, wenn man sich beim Ziel einig ist – das geht ruckzuck, wenn die Bäuerinnen und Bauern etwas machen.» Und wenn man sehe, wie die Bauern zusammenarbeiteten, könnten sich verschiedene andere politische Verantwortliche durchaus ein Beispiel daran nehmen, wie man auch auf europäischer Ebene ohne langes Tamtam zusammenarbeiten könne, wenn man zu einer Lösung kommen wolle.
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