Agrarbericht: Positive Umweltentwicklungen und anhaltende Herausforderungen
Bei der Präsentation des diesjährigen Agrarberichts hob Christian Hofer, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft, ...
Das schleckt keine Geiss weg: Die Schweizer Landwirtschaft ist für 13 Prozent der ausgestossenen Treibhausgase verantwortlich. Konkret sind dies der Luftschadstoff Ammoniak (der in Lachgas umwandelt wird) und die Treibhausgase Methan und Lachgas.
Wobei die 80’000 Schweizer Ziegen mit ihren Geissen-Gägeli am wenigsten dafür können. Rund 90 Prozent der Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft verursachen die 1,5 Millionen Schweizer Rinder. Wenn sich deren Kot und Urin mischen, wird der Harnstoff durch Enzyme im Kot aufgespalten und es entsteht Ammoniak-Stickstoff.
Jedes Jahr geraten so 42‘000 Tonnen Ammoniak aus Schweizer Ställen in die Luft. Der Wind verfrachtet das Ammoniak auf ökologisch wertvolle Trockenwiesen und Hochmoore sowie in die Wälder. Dort führt es zur Überdüngung und Versauerung des Bodens und gefährdet die Biodiversität. Zudem trägt Ammoniak zur Bildung von Feinstaub bei und belastet so die menschliche Gesundheit.
Die Schweizer Landwirtschaft wiederum verliert mit dem Ammoniak-Stickstoff wertvollen Dünger. Als Ersatz muss Stickstoff-Dünger importiert werden, der unter anderem in Russland aus Erdgas produziert wird.
Es gibt also gute Gründe, die Emissionen vom Kot und Urin der Nutztiere zu reduzieren. Eine Möglichkeit ist die Reduktion des Nutztier-Bestandes – dieser steht aber der wachsende Konsum von Fleisch, Milchprodukten und Eiern entgegen.
Eine andere Möglichkeit ist die effizientere Nutzung von Kot und Urin (dem sogenannten Hofdünger). Und da gibt es neue Hofdünger-Verarbeitungssysteme, von denen ich eines in den Niederlanden anschauen konnte.
Die Niederlande sind fast auf den Quadratkilometer gleich gross wie die Schweiz. Der mit 18 Millionen Einwohnern am dichtesten besiedelte Staat Europas hat einen riesigen Nutztier-Bestand, der bis zu acht Mal grösser ist als in der Schweiz:
Die Landwirtschaft in den Niederlanden verletzt damit alle Grenzwerte für die Sauberkeit des Grundwassers und der Luft.
Das Land steckt in einer Güllenkrise, oder – wie mir ein Landwirt mit seinem charmanten niederländischen Akzent wenig charmant erklärte – «Wir stecken bis zum Hals in der Scheisse!» Die niederländische Gülle wird deshalb schon lange nach Frankreich und Deutschland exportiert.
Es ist darum kein Zufall, dass in den Niederlanden nach Lösungen zur Senkung der Emissionen gesucht wird. Ein Pionier ist der Robotik-Hersteller Lely, der 1992 schon den ersten Melkroboter und 2005 den ersten Entmistungs-Roboter erfunden hatte.
Die Entmistungs-Roboter fahren autonom durch den Stall und schieben dabei Kot und Urin in eine Grube. Damit wird das Emissions-Problem aber im wahrsten Sinne des Wortes nur verschoben.
Das neue System mit dem Namen «Lely Sphere» nutzt dagegen die Emissionen von Kot und Urin und schafft daraus sogar wertvolle Nährstoffe für die Landwirtschaft.
Der Urin wird sofort nach dem Wasserlassen der Kuh mit Unterdruck durch einen mit 8-Millimeter-Löchern «perforierten» Stallboden in einen geschlossenen Behälter abgesaugt. So können die Enzyme im Kot der Kuh kein Ammoniak «aufspalten».
In diesem drei Meter hohen Behälter wird der «Unterdruck-Luft» mit Salpetersäure oder Schwefelsäure der Stickstoff entzogen. Das Resultat ist eine flüssige «Waschlösung» die in ein Düngemittel-Silo geleitet wird.
Parallel dazu saugt ein neu entwickelter Entmistungs-Roboter den Kot mit dem Einstreumaterial vom Stallboden auf. Der 400 Kilogramm schwere «Lely Discovery Collector» – eine Art super-leistungsfähiger «Staubsauger-Roboter» – fährt diesen Feststoff separat in die Mist-Grube.
Das Resultat sind 70 Prozent weniger Emissionen und drei wertvolle, neue Dünger:
In den Niederlanden, Belgien und Luxemburg sowie in Dänemark und Deutschland sind schon mehrere Dutzend dieser Hofdünger-Verarbeitungssysteme im Einsatz. «In den nächsten Jahren wollen wir Lely Sphere auch in der Schweiz einführen», erklärt Marcel Schwager von Lely Schweiz. Das Problem sind die Kosten.
Alleine 2023 mussten 625 Schweizer Bauernfamilien aus finanziellen Gründen ihren Betrieb aufgeben. Die Investition in ein solches Hofdünger-Verarbeitungssystem ist für viele Landwirtschafts-Betriebe schlicht unmöglich. Die Bauernfamilien müssten deshalb für die eingesparten Emissionen entschädigt werden.
«Aktuell sind die Schweizer Fördermassnahmen aber noch zu sehr auf eine Reduktion der Nutztierhaltung ausgelegt», erklärt der Lely-Manager, «und nicht auf innovative Methoden zur Reduktion der Emissionen». Das schleckt keine Geiss weg.
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