Agrarbericht: Positive Umweltentwicklungen und anhaltende Herausforderungen
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LID: Der Bund lanciert die Plattform Digiflux. Wozu braucht es diese?
Johannes Hunkeler: Aus zwei Gründen. Erstens hat das Parlament 2021 die Parlamentarische Initiative 19.475 zur Risikoreduktion von Pflanzenschutzmitteln beschlossen. Dabei wurde auch eine Meldepflicht für Handel im Bereich PSM und Nährstoffe sowie bei Anwendungen von PSM beschlossen. Der Bundesrat hat ein erstes Verordnungspaket dazu im Frühling 2022 verabschiedet, für dessen Umsetzung das Bundesamt für Landwirtschaft zuständig ist. Das geschieht nun mit Digiflux. Zweitens wissen wir, dass beim Direktzahlungsvollzug ein hoher administrativer Aufwand auf den Bäuerinnen und Bauern lastet. Dafür verantwortlich ist auch zu einem grossen Teil, dass Angaben oft mehrfach getätigt werden müssen. Ich führe selbst einen Betrieb und muss meine Fläche und meine Tierbestände mehrfach erfassen. Das verursacht auch bei Kantonen und Kontrolldiensten Mehrarbeit. Dieser Aufwand kann dank Digitalisierung und Digiflux reduziert werden. Künftig sollen die Daten nur noch einmal erfasst werden müssen.
Die Mitteilungspflicht ist neu. Das tönt nicht nach administrativer Vereinfachung?
Für jene, die neu aufzeichnen müssen, ist es ein Mehraufwand, das stimmt. Aber das trifft vor allem Händler und nicht-landwirtschaftliche Kreise. Dazu gehören Betreiber von Grünanlagen, die SBB, das Astra sowie Gemeinden, welche die Anwendung von PSM neu erfassen müssen. Bäuerinnen und Bauern, die den Ökologischen Leistungsnachweis ÖLN (Anm.: Dieser ist Voraussetzung für den Erhalt von Direktzahlungen) erfüllen, haben diese Pflicht schon heute. Für sie gibt es keinen Mehraufwand. Und mehr noch: Sie müssen aktuell z.B. auch die Lieferung von Kraftfutter bereits für Impex oder die Suisse Bilanz dokumentieren. Neu werden sie davon entlastet, da dies der Handel tun muss. Ich muss als Bauer nur noch kontrollieren, was gemeldet wurde.
«Künftig sollen Daten nur noch einmal erfasst werden.»
Also eine reine Kontrollfunktion, ob die Daten korrekt sind?
Die Kontrolle ist vor allem wichtig, wenn die Infos in den Vollzug weitergegeben werden. Dann muss sicher sein, dass die Meldungen der Händler korrekt sind.
Es handelt sich um ein Grossprojekt. Wie sieht der Zeithorizont aus?
Wir sind aktuell an der Ausschreibung. Wir starten Mitte 2023 mit der Produktion und ab 1. Januar 2025 sollten nach einer intensiven Testphase die ersten produktiven Elemente für die User nutzbar sein. Digiflux wird aber schrittweise über drei Jahre in voller Funktion verfügbar sein. Ab 2025 kommt die Mitteilungspflicht für PSM, jene für Nährstoffe folgt Anfang 2026. Und die digitale Nährstoffbilanz soll ab 2027 laufen.
Ein sehr komplexes Projekt. Wie wird gewährleistet, dass die User nicht überfordert sind?
Dass die Mitteilungspflicht ausschliesslich online durchgeführt wird, ist der Wunsch des Parlaments. Wir sind überzeugt, dass sich die Bäuerinnen und Bauern sehr gut damit schlagen werden. Auch wenn viele sich digitale Erfassungen bereits gewöhnt sind, braucht es einen intensiven und guten Dialog, um den Wechsel einfach zu machen. Diese Herausforderung nehmen wir ernst und ist für uns zentral.
Es gab bereits Tests mit Prototypen. Wie haben die Bäuerinnen und Bauern reagiert?
Wir können freudig berichten, dass die Bauern bei den Tests überzeugt waren. Digiflux muss möglichst modern und einfach verständlich sein. Ein Beispiel: HODUFLU (Anm.: Programm zur Verwaltung von Hof- und Recyclingdüngerverschiebungen in der Landwirtschaft) wird vonDigiflux abgelöst. Die Reaktion der Landwirte war, dass Digiflux viel einfacher ist. Und es kam die Frage auf, wieso man die Ablösung nicht sofort durchführen könne. Es gibt aber auch Wünsche, die wir mit Digiflux nicht umsetzen können, da wir als Bund nicht private Tools konkurrieren wollen und können. Das Feedback aus der Landwirtschaft und anderen Branchen ist für uns ein zentrales Element bei der Entwicklung von Digiflux.
Wo läuft Digiflux?
Es ist nicht nötig, eine Software herunterzuladen, es läuft alles über den Browser. Schliesslich sollen Meldungen über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auch übers Handy erfolgen können. Weil das Projekt breit aufgestellt ist, müssen wir aber etwas nuancieren. Im Bereich Nährstoffbilanz bedient der Bauer wie bisher ein Farm Management System. Die bestehenden Tools aus der Privatwirtschaft werden weiter zur Verfügung stehen. Wir und die Bauern wollen nicht, dass alle Planungsinfos über die Behörden laufen, aus diesem Grund gibt es diese Trennung. Wenn ein Bauer mit so einem privaten Tool arbeitet, kann er die Daten freigeben. Erst wenn er das tut, sind sie auch für die Behörden ersichtlich.
Wer hat auf die Daten Zugriff und wie sieht es mit dem Datenschutz aus?
Der Bund hat beim Datenschutz wohl die strengsten Vorgaben und ist sehr vertrauenswürdig. Es gibt einen klaren Zweck und eine Gesetzesgrundlage, die klärt, wie wir mit den Daten arbeiten dürfen. Einsicht in die Daten der Meldepflicht haben die Erfasser selbst sowie Kantone und Bund. Dort aber nur eine sehr limitierte Anzahl Personen, die mit den Thematiken beschäftigt sind.
«Sie realisieren erst, dass was im Gange ist, wenn wir sie kontaktieren.»
Und die allgemeinen Daten werden publiziert?
Die Daten aus der Mitteilungspflicht werden anonymisiert, aufbereitet und zum Beispiel auch für die Forschung bereitgestellt.
Die Landwirtschaft ist sich solche Erfassungen gewöhnt. Gemeinden oder andere Institutionen nicht. Wie sind die Reaktionen aus dem nicht-landwirtschaftlichen Bereich?
Unsere Erfahrung mit nicht-landwirtschaftlichen Kreisen zeigt, dass sie erst realisieren, dass da was im Gange ist, wenn wir sie kontaktieren. Wir suchen aktiv die Kommunikation mit Bereichen wie Waldwirtschaft, Gemeinde- und Städteverband, SBB oder Astra. Wir wollen sie einbeziehen. Aufgrund unserer bestehenden Kontakte zur Landwirtschaft haben wir den Einbezug dieser früher gepflegt. Aber wir holen in den anderen Bereichen auf. Wichtig ist uns die Zusammenarbeit mit allen Branchen, wir wollen bei Digiflux die Nutzer ins Zentrum stellen. Schliesslich soll die Plattform den Nutzern dienen und nicht nur den Behörden.
Johannes Hunkeler arbeitet beim BLW und ist Co-Projektleiter des Projekts «digiFLUX». Der Agronom führt selbst einen Landwirtschaftsbetrieb. Deshalb könne er gut die Praxisseite einbringen, sagt Hunkeler. Im Projekt ist er vor allem für die fachliche Koordination und Kommunikation zuständig.
Alle Infos zu «digiFLUX» sind auf der Info-Plattform www.digiflux.info abrufbar.
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