Teigwaren in der Schweiz mit viel Import und wenig Heimatweizen
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In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es neue Empfehlungen für eine gesunde Ernährung. Hinter diesen Lebensmittelpyramiden stehen oft mehr Wirtschaft und Gesellschaft als Ernährungswissenschaftler.
Die staatlichen Empfehlungen für eine gesunde Ernährung werden kritisiert, seit es diese gibt. Die Geschichte dieser Lebensmittelpyramiden ist weniger eine Geschichte der Ernährungswissenschaften, sondern vielmehr eine Geschichte der Lobbys von Politik, Wirtschaftsinteressen und Umweltverbänden.
Die erste Lebensmittelpyramide veröffentlicht 1992 das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium USDA. Trotz Kritik übernehmen sie viele andere Länder.
Die USDA-Pyramide von 1992 sieht folgendermassen aus:
Die USDA-Pyramide empfiehlt eine Ernährung mit höchstens 20 bis 25 Prozent tierischen Proteinen. Eine Prozentzahl, welche mit Ausnahme der «Healthy Eating Plate» mit 15 bis 20 Prozent bis heute alle nachfolgenden Modelle beibehalten.
Kritisiert wird die USDA-Pyramide, weil das US-Landwirtschaftsministerium viele raffinierte Getreideprodukte empfiehlt, um den damaligen Sturzflug der Weizenpreise aufzufangen. Der übermässige Konsum von «White Bread» und «Mac and Cheese» führt in der Folge zu vermehrtem Übergewicht bei der US-Bevölkerung.
Gesunde Fette aus Olivenöl, Nüssen und Fischen sowie pflanzliche Proteine werden ignoriert. Die Pyramide macht zudem keinen Unterschied zwischen unverarbeiteten und hochverarbeiteten Lebensmitteln und keine Angaben zu Portionengrössen.
Die Kritik an der Lebensmittelpyramide bringt das US-Landwirtschaftsministerium 2011 zur Entwicklung der «MyPlate»-Empfehlungen in Form eines Tellers:
Auch «MyPlate» empfiehlt eine Ernährung mit höchstens 20 bis 25 Prozent tierischen Proteinen. Trotzdem kritisieren Veganerinnen und Veganer erstmals die Empfehlung für Milch und Milchprodukte.
Auf Druck der US-Lebensmittelindustrie unterscheidet «MyPlate» weiterhin nicht zwischen unverarbeiteten und hochverarbeiteten Lebensmitteln und «MyPlate» macht ebenfalls keine Angaben zu Portionengrössen.
Um die Schwächen der USDA-Lebensmittelpyramide und von «MyPlate» zu korrigieren, wurde an der Harvard Universität in Boston 2017 der «Healthy Eating Plate» – der sogenannte gesunde Teller – entwickelt. Erstmals wurden dazu Empfehlungen für Getränke wie Wasser, Tee und Kaffee und andere ungesüsste Getränke abgegeben.
Der «Healthy Eating Plate» setzt sich folgendermassen zusammen:
Der «Healthy Eating Plate» empfiehlt eine Ernährung mit nur 15 bis 20 Prozent tierischen Proteinen. Trotzdem kritisieren Veganerinnen und Veganer, dass immer noch Milchprodukte erwähnt werden.
Der «Healthy Eating Plate» unterscheidet die Lebensmittel neu nach deren Qualität, empfiehlt zum Beispiel Vollkornprodukte statt raffiniertes Getreide. Aber auch der «Healthy Eating Plate» macht keine Angaben zu Portionengrössen.
Mitte September 2024 wurde die neue Schweizer Lebensmittelpyramide veröffentlicht. Diese kommt aus der Küche des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit BLV und der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE. Die SGE liefert zudem noch ein eigenes Tellermodell mit.
Die neue Schweizer Lebensmittelpyramide berücksichtig ausserdem erstmals die Auswirkungen auf die Umwelt. Empfohlen werden saisonale und regionale Produkte, Vollkornprodukte und pflanzliche Proteinlieferanten. Zudem wird ausdrücklich darauf hingewiesen, weniger verarbeitete Lebensmittel zu konsumieren.
Die neue Schweizer Lebensmittelpyramide:
Auch die neue Schweizer Pyramide empfiehlt eine Ernährung mit 20 bis 25 Prozent tierischen Proteinen.
Beim Schweizer Bauernverband SBV hält sich die Freude aber in engen Grenzen. SBV-Kommunikationschefin Sandra Helfenstein zeigt eklatante Widersprüche der neuen Lebensmittelpyramide auf: «Die eine Behörde kritisiert Futtermittelimporte für Geflügel, die andere propagiert den Pouletfleischkonsum in der Pyramide. Diese Behörde propagiert Nose to Tail – also vom Schnörrli zum Schwänzli – und die andere zeigt als Symbol für Fleisch in der Pyramide ausgerechnet eine Pouletbrust.»
Ein Widerspruch sei auch, dass Apfelsaft aus der Lebensmittelpyramide fällt, weil er weniger Nahrungsfasern habe, seine glykämische Last höher sei und der Saft nicht zum gleichen Sättigungsgefühl führe wie ein ganzer Apfel. «Dabei macht Apfelsaft aus Umweltsicht und zur Reduktion von Foodwaste grössten Sinn und gerade Äpfel der für die Biodiversität wertvollen Hochstammbäume eignen sich oft nur für die Saftproduktion», betont SBV-Kommunikationschefin Sandra Helfenstein. «Die Vermischung zwischen gut für die Gesundheit und gut für die Umwelt schafft nur Verwirrung», moniert sie.
Entspannter sieht es Mathias Binswanger, einer der einflussreichsten Schweizer Ökonomen: «Man sollte solche Lebensmittelpyramiden nicht allzu ernst nehmen, sondern höchstens als eine Art Empfehlung sehen.» Gemäss Mathias Binswanger «ist die empirische Evidenz für gesunde Ernährung sehr flexibel und empfiehlt immer wieder andere Formen von gesunder Ernährung».
Zudem seien die jetzt einbezogenen Auswirkungen auf die Umwelt stark von Annahmen abhängig, die in Bezug auf Umweltwirkungen getroffen werden müssen. Die individuellen Unterschiede der Menschen würden völlig ausser Acht gelassen. Und dann meint Mathias Binswanger: «Essen und Trinken soll Freude machen und zu einem glücklichen Leben beitragen – ein zu gesundes Leben kann auf die Dauer auch ungesund werden.»
Ende September 2024 präsentierten die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE und die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLE ihre überarbeitete Version der deutschen Lebensmittelpyramide. Auch diese Pyramide berücksichtigt erstmals die Auswirkungen auf die Umwelt.
Die neu deutsche Lebensmittelpyramide:
Die neue deutsche Pyramide empfiehlt eine Ernährung mit 20 bis 25 Prozent tierischen Proteinen. Dass die Deutschen deshalb täglich nur zwei Portionen Milch oder Milchprodukte konsumieren sollen, jagte den Blutdruck der Milch-Produzenten in ungesunde Höhen: «Das ist Angstmacherei und lebensfremd!»
Und die Empfehlung, pro Woche nur 300 Gramm statt 1’000 Gramm Fleisch sowie nur ein Ei statt 5 Eier zu essen, brachte die Fleisch- und Eierproduzenten auf die Barrikaden.
Sogar die Deutsche Akademie für Präventivmedizin DAPM kritisiert die neuen Ernährungsempfehlungen. Die DAPM sieht «gravierende Fehler im Ansatz dieser Empfehlungen und in inhaltlichen Aussagen, die überholt und nicht evidenz-basiert sind und zusätzlich den Klimaschutz teilweise über die Gesundheit der Bevölkerung zu stellen scheinen.»
In den nächsten Wochen werden auch die neuen österreichischen Ernährungsempfehlungen veröffentlicht. Wie Recherchen zeigen, werden wie in Deutschland und der Schweiz neu auch in Österreich die Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigt.
Die neuen Ernährungsempfehlungen in Österreich:
Die neuen österreichischen Ernährungsempfehlungen sind offenbar differenzierter als jene in Deutschland und der Schweiz. So soll es in Österreich erstmals auch Empfehlungen für die vegetarische Ernährung geben.
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