Gelber Enzian als Grundlage für Schnaps und Kosmetik
Die Wurzeln des Gelben Enzians werden seit Jahrhunderten zu Schnaps verarbeitet. Auch im Paznaun im Tirol. Seit 2017 ...
Es wird begutachtet, gerochen und geschmeckt – eine vielfältige Gruppe aus geschulten Verkosterinnen und Verkostern setzt ihr Wissen und ihre Sinne ein, um die besten Brände des Landes zu bewerten. Die 27-köpfige Fachjury setzt sich aus Personen aus verschiedenen Tätigkeits- und Interessenskreisen zusammen: So finden sich unter den Verkosterinnen und Verkoster unter anderem Spirituosenfans, Obstproduzenten, Spirituosenbrenner, landwirtschaftliche Organisatoren oder auch Personen aus Wissenschaft, Handel, Gastronomie oder der Fachpresse.
«Wir haben nur erfahrene Degustorinnen und Degustoren in der Jury, die ein gutes technisches Knowhow mitbringen», erklärt Juryleiter Jonas Inderbitzin. Er ist Sensorikexperte beim nationalen landwirtschaftlichen Forschungsinstitut Agroscope, das für «DistiSuisse» die Verkoster und Verkosterinnen schult, die Jury leitet und die Resultate auswertet. «Die Verkosterinnen und Verkoster müssen wissen, wie das Brennen von Spirituosen grundsätzlich funktioniert und wie man beispielsweise einen Likör herstellt, damit die Feedbacks an die Adresse der Produzentinnen und Produzenten verständlich sind und diese allfällige Kritikpunkte auf eine technische Basis zurückführen können und wissen, wo sie ihre Produkte noch verbessern können», ergänzt er.
Beim Prämierungsverfahren werden die eingereichten Destillate nach sorgfältigen Kategorisierungen eingeordnet und innerhalb dieser Kategorien werden dann auch Kategoriensieger gekürt sowie Gold- und Silberauszeichnungen vergeben. «Die Verkosterinnen und Verkoster sind so eingeteilt, dass sie vor allem Spirituosen verkosten, bei denen sie sich gut auskennen – wir servieren Kategorie pro Kategorie und weisen diese den entsprechenden Experten zu», erklärt Jonas Inderbitzin. Die Verkosterinnen und Verkoster bekommen daneben aber nur so viele Informationen wie nötig und so wenig wie möglich, damit unter anderem beispielsweise keine Rückschlüsse auf die Produzentin oder den Produzenten möglich sind. «Die Verkosterinnen und Verkoster wissen, was sie trinken und sie kennen den Volumenprozentgehalt sowie ob das Produkt beispielsweise in Holz gelagert wurde und falls nötig sonst noch spezielle Informationen – einfach so, dass sie das Produkt fair beurteilen können», ergänzt der Sensorikexperte.
Während den zwei Verkostungstagen widmet sich jede Verkosterin und jeder Verkoster so täglich im Durchschnitt rund 40 verschiedenen Spirituosen. Das Verkostungsverfahren ist dreistufig: Schnellverkoster treffen rasch eine Entscheidung, ob ein Destillat Gold oder Silber verdient. Parallel dazu übernehmen Paare von Verkosterinnen und Verkostern die Aufgabe, die Brände ausführlich zu beschreiben und zu beurteilen. Falls die Resultate der Schnellverkoster und dem Paar nicht übereinstimmen, wird die Probe abschliessend durch zwei weitere Experten beurteilt.
Während des Degustationsprozesses steht das kostbare Gut des Destillats im Mittelpunkt. Die Verkosterinnen und Verkoster riechen daran und nehmen es in den Mund, um die Aromen in Nase und Gaumen, die Intensität und den Geschmack zu bewerten. Geschluckt wird das Produkt aber nicht, erklärt Jonas Inderbitzin: «Bei Verkostungen ist Ausspucken sehr wichtig, damit das Aroma von einer Probe zur anderen Probe nicht hängen bleibt – bei Destillatverkostungen ist das natürlich noch wichtiger, sonst wären irgendwann wohl keine objektiven Beurteilungen mehr möglich», schmunzelt er. Durch die Neutralisierung des Gaumens mit Brot oder Wasser zwischen den Proben wird zusätzlich Objektivität gewährleistet.
Die Prämierungsfeier der «DistiSuisse» wird am 13. Oktober 2023 stattfinden. Dann werden in der Markthalle in Basel die Branchenbesten auszeichnet werden. In jeder Kategorie wird – sofern mindestens 91 Punkte erreicht wurden – der Titel «Kategoriensieger» verliehen. Der Titel «Brennerin/Brenner des Jahres» wird denjenigen Teilnehmenden verliehen, die mit mindestens vier eingereichten Proben aus vier unterschiedlichen Kategorien mit Gold prämiert wurden.
Die besten und hervorragendsten Spirituosen sind schliesslich sowohl harmonisch als auch komplex. «Eine gute Spirituose muss Harmonie mitbringen und gleichzeitig interessant sein», erklärt Jonas Inderbitzin. Mit objektiven Parametern beschrieben, habe ein gutes Destillat beispielsweise sowohl eine intensive als auch eine typische Aromatik und es bringe Komplexität mit, indem beispielsweise unterschiedliche Duftnoten zu erkennen seien. Für Augustin Metter, Geschäftsleiter der Vereinigung der Schweizer Brenner, besteht eine ausgezeichnete Spirituose ausserdem aus einer geschickten Integration des Fasses – aber so, dass weder Holz noch Destillat überhandnehmen: «Die guten Spirituosen sind die, bei denen einem beim Trinken eine ganze Geschichte entgegenkommt», erklärt er.
Erfreulicherweise erreichten rund 20 Prozent der eingereichten Produkte eine Goldauszeichnung, freut sich Augustin Mettler. Sowieso habe die Qualität der Produkte im Laufe der Jahre eine beeindruckende Steigerung erfahren: «Es erfordert heute echte Qualitätsarbeit der Brennereien, um in der Prämierung erfolgreich zu sein», sagt er. Diese Beobachtung kann auch Jonas Inderbitzin bestätigen: «Die Qualität ist wirklich sehr hoch und es gibt wenige wirklich fehlerhafte Produkte – heute kann allerdings auch niemand auf dem Markt bestehen, der nicht eine gewisse Qualität liefert», meint der Juryleiter. Er habe in den letzten Jahren ausserdem eine Entwicklung beim Erscheinungsbild der Produkte beobachtet. «Auch da hat sich die Qualität sehr stark entwickelt – die Produkte sind durchgestylt und die Designs sind auf spezifische Kundengruppen ausgerichtet», erklärt Jonas Inderbitzin.
So liegt der Anreiz, bei der Spirituosenprämierung «DistiSuisse» mitzumachen, für viele Betriebe nicht nur in den erzielbaren Auszeichnungen, sondern auch in den detaillierten Bewertungen von Agroscope. Diese bieten eine Einsicht, wie das eigene Produkt in der gesamten Kategorie abschneidet. Schwächen und Fehler werden aufgedeckt, um Lehren daraus zu ziehen und die Produkte zu verbessern – ein Schlüssel zur Weiterentwicklung. So ist die Prämierung der besten Brände nicht nur eine Anerkennung, sondern auch ein Ansporn für Produzentinnen und Produzenten, kontinuierlich an der Qualität zu arbeiten und die Schweizer Spirituosenkultur weiterzuführen.
Erfreulich ist aber nicht nur die Qualität der hiesigen Spirituosen, sondern auch die Vielfalt. Dies zeigt sich auch in der Rekordbeteiligung von über 750 eingesandten Proben und dies, obwohl der Schweizer Spirituosenmarkt grundsätzlich stagniert oder leicht zurückgeht und beispielsweise hochwertiges Brennobst immer knapper wird. «Ein interessanter Trend ist die wachsende Anzahl von Quereinsteigern in die Welt des Brennens», erklärt Augustin Mettler. Teilweise sei dies sicher auch auf die Gesetzesänderung von 1998 zurückzuführen, denn seit damals können nicht mehr nur Obstbrände, sondern auch Getreidebrände in der Schweiz hergestellt werden. «So mögen die Obstbrände zwar stagnieren, aber innovative Produkte beleben die Anmeldungen und gerade die Kategorien Gin, Wodka und Whiskey zeigen eine positive Entwicklung», erklärt Augustin Mettler.
Und ganz grundsätzlich ergreife die Leidenschaft für hochwertige Spirituosen immer mehr Menschen: «Obwohl weniger Alkohol getrunken wird, gewinnen Schweizer Brände wieder an Bedeutung – Konsumentinnen und Konsumenten erkennen vermehrt den kulturellen Wert und schätzen das Handwerk hinter den Bränden», sagt Augustin Mettler. Diese Dynamik zeige sich unter anderem auch in der Gastronomie, wo Schweizer Spirituosen an Beliebtheit gewinnen. Dieser Trend signalisiere eine vielversprechende Zukunft.
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