Innovative Aquakultur: Von edlen Krebsen zu exquisiten Fischen
Becken voller Fische und dahinter viel Technik und Herzblut. Das ist die Edelkrebs AG, eine Aquakultur im aargauische...
In Burgdorf, eingebettet in die sanften Hügel des Emmentals, findet man den EyHof, ein Landwirtschaftsbetrieb, der dank der Familie Kunz ein kleines Stück Schweizer Agrargeschichte schrieb: Irene und Fritz Kunz, zusammen mit ihrem Sohn Christian, waren die ersten, welche eine Crevettenaufzucht in den Landwirtschaftsbetrieb integrierten.
«Aemme Shrimp» begann mit einer einfachen, aber innovativen Idee. Christian Kunz erklärt, wie sie als Familie die ersten auf dem Markt waren. «Die Idee geisterte schon länger herum», erklärt er. Irene Kunz erläutert, dass der alte Schweinestall des Hofes sanierungsbedürftig war: «Bereits in den 1980er-Jahren bestanden Pläne, den Schweinestall zu erneuern und die Schweinezucht auszubauen.» Die Nähe zu Wohngebieten machte jedoch eine Expansion der Schweinezucht unmöglich. «Was aber mit den bestehenden Gebäuden tun?», fragte sich die Familie und suchte nache einer alternativen Nutzung für den Stall. «Es sollte etwas Kompliziertes sein, das nicht leicht zu reproduzieren ist, um den Markt optimal nutzen zu können», erklärt Irene Kunz.
Das erforderliche Wissen für die Crevettenhaltung musste die Familie aber von weit herholen: «Das bekam man dazumal nicht einmal in Europa», erinnert sich Irene Kunz. Ein Projekt in den USA inspirierte sie und der Besuch einer Anlage im Osten der USA war ein entscheidender Schritt für den Aufbau der eigenen Produktion. In derselben Anlage absolvierte Christian Kunz dann auch eine intensive Lernphase, um die Grundlagen der Shrimpaufzucht zu erlernen und ihre Anwendbarkeit für ihren Betrieb in der Schweiz zu prüfen.
Die Transformation des alten Schweinestalls in eine moderne Garnelenaufzuchtanlage war ein mehrjähriger Prozess. Die Familie verkaufte ihre Schweine und baute den Stall um, wobei sie ihn isolierten, stützten und den Boden absenkten und dann auch und mehrere grosse Becken anschafften. «Es dauerte einige Jahre, von der Idee bis zum Verkauf der letzten Schweine im Jahr 2014», so Christian Kunz.
Neben dem Umbau mussten auch zahlreiche behördliche Hürden überwunden werden, da es in der Schweiz zu dieser Zeit keine Vorbilder oder rechtliche Rahmenbedingungen für eine solche Produktion gab. «Die Bewilligungen einzuholen, war eine Herausforderung und erübrigte sich irgendwann», erzählt Irene Kunz. Die Familie musste sich durch einen Dschungel von Bürokratie kämpfen und kam doch nicht weiter.
«Schliesslich informierten wir den Kantonstierarzt und die damalige Gemeindepräsidentin über unser Vorhaben und machten es einfach», ergänzt Irene Kunz weiter. Auf Anraten des Kantontierarztes liess die Betriebsfamilie die Anlage von ihm aber nach seinem besten Wissen und Gewissen noch kontrollieren, bevor sie dann die Anlage im Oktober 2015 offiziell eröffneten.
Trotz der Herausforderungen fand «Aemme Shrimp» schnell Anklang am Markt. «Absatzprobleme hatten wir eigentlich nie», erzählt Christian Kunz. Die stufenweise Erhöhung der Produktion von vier auf elf Tanks ging Hand in Hand mit einer steigenden Nachfrage.
Die Garnelen werden hauptsächlich an Gastronomiebetriebe und über den Hofladen verkauft, wobei die Kunden Wert auf die unverarbeitete, ganze Crevette legen. «Wir verkaufen den Shrimp ganz, mit Schale und ohne weitere Verarbeitung – unsere Kundinnen und Kunden verarbeiten sie dann selbst weiter und verfolgen quasi ein Nose-to-tail-Ansatz», erklärt Irene Kunz.
Während die Hauptsaison für Shrimp in der Regel im Winter und auf die Festtage abgestimmt ist, beobachtete Irene Kunz letzten Sommer aber ein neues Phänomen im Verkauf: «Shrimp schienen in der Grillsaison beliebter zu werden und so haben wir letzten Juli Rekordabsätze erreicht.»
Der Produktionsprozess sei nicht ohne eine gewisse Komplexität, beschreibt Christian Kunz. Er beginnt in kleinen Aufzuchttanks und führt durch verschiedene Stadien bis hin zu den Ausmasttanks. «Die Planung und das Management ähneln noch der ursprünglichen Schweinezucht», schmunzelt er.
Dass sich Shrimp wohl fühlten, sei aber nicht so einfach. So brauchten sie genügend, aber nicht zu viel Platz. «Deswegen passen wir die Wassermenge der Grösse der Shrimp an», erklärt Christian Kunz weiter. Und die Shrimp haben sogar Launen und reagieren beispielsweise auf Vollmond und sind da besonders aktiv und springen aus dem Tank, weswegen diese mit Netzen gesichert sind.
Die Shrimplarven importiert Familie Kunz heute überwiegend aus Österreich, während sie das Futter aus Frankreich bezieht. «Wir passen die Fütterung auch ständig an, um eine hochwertige Produktion zu gewährleisten», sagt Christian Kunz.
Die sogenannte Biofloc-Technologie ermöglicht ausserdem einen geschlossenen Wasserkreislauf, wodurch das Wasser nicht gewechselt werden muss. Das Wasser wurde mit Salz und Bakterien angereichert, wobei Letztere die Ausscheidungen und Schalen der Tiere – Garnelen häuten sich alle zwei bis drei Tage – zersetzen.
In den Becken entstehe somit ein in sich geschlossenes Biotop und entsprechend müsse auch das Wasser nie gewechselt werden, erklärt Christian Kunz: «Wichtig ist nur, dass wir es täglich testen.» Die wenig automatisierte Produktionsweise sei zwar arbeitsintensiv, habe aber den Vorteil geringerer Verluste, erklärt der Junglandwirt weiter.
Die Familie Kunz denkt stets weiter. Irene Kunz erwägt, Lizenznehmer in der Schweiz aufzubauen und eine arbeitsteilige Produktion wie bei der Schweineproduktion im sogenannten «Shrimp-Ring» zu organisieren. «So könnten wir die Produktion auf mehrere Betriebe zu verteilen», erklärt Irene Kunz. Dieser Ansatz würde jedem Betrieb ermöglichen, sich auf eine spezifische Phase der Garnelenzucht zu spezialisieren.
Trotz anfänglicher Schwierigkeiten und Herausforderungen – zuletzt bei der Beschaffung von Larven und Futter während der Covidpandemie – bleibt die Familie zuversichtlich und plant eine stetige Optimierung ihrer Produktion.
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