Alles Käse: Produktion, Konsum und Handel
Käse ist eines der meistgehandelten Milchprodukte der Welt – und bei den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten auc...
Eine Studienreise durch den Kosovo steht am Ursprung des Lindi-Salzlakenkäses. Teilnehmer im Februar 2020 waren der Zürcher Kantonsrat und Agrotechniker Daniel Wäfler – heute Projektleiter und Geschäftsführer des Käseprojekts –, Karl Kupper, der am Strickhof unterrichtet sowie der Unternehmer und heutige Lindi-Verkaufsleiter Zija Shabani. Sie gingen bei der Reise der Frage nach, wie die kosovarische Landwirtschaft durch Berufsbildung gefördert werden könnte.
Doch im März 2020 kam der Lockdown und Umdenken war angesagt. In Daniel Wäfler schlummerte schon länger die Idee, einen Schweizer Salzlakenkäse aus Kuhmilch herzustellen. Durch den Lockdown war der Zeitpunkt plötzlich ideal, um sich mit diesem Projekt eingehender zu beschäftigen. Wäfler war von Anfang an überzeugt, dass mit über 500'000 in der Schweiz lebenden Personen aus der Balkanregion eine gewichtige Zielgruppe für den Salzlakenkäse vorhanden wäre. Schliesslich gehört diese Art von Käse dort zum täglichen Speiseplan. «Dazu kommt die Schweizer Bevölkerung, die zunehmend Gefallen an fetaähnlichen Käsesorten findet», sagt Lindikäse-Projektleiter Daniel Wäfler.
Deshalb nahmen Daniel Wäfler, Karl Kupper und Zija Shabani im April Kontakt mit der Strickhof-Leitung auf und wurden dort an den Käse-Experten Ernst Friedli verwiesen. Nach einer kurzen Phase der Skepsis konnte das Trio die zuständigen Personen am Strickhof mit einer Degustation davon überzeugen, dass dieses Projekt Erfolg verspricht. Die grosse, bereits vorhandene Zielgruppe sprach für sich. Und so konnte bereits im Juni 2020 mit dem Projekt «Schweizer Salzlakenkäse» gestartet werden.
Doch musste zuerst ein motivierter Käser gefunden werden, der von der Infrastruktur der Käserei her auch grössere Mengen Salzlakenkäse produzieren könnte. Vor allem zum Abfüllen brauche es viel Platz, sagt Daniel Wäfler. Dasselbe gilt für die Behälter zum Tauchen des Käses sowie für die Abfüllmaschine, die weitgehend automatisiert arbeitet.
Doch schon bald wurde Ernst Friedli fündig: Mit dem Käser Stefan Bürki aus Herschmettlen in der Gemeinde Gossau ZH fand er einen Familienbetrieb, der sich geradezu ideal für das Projekt eignete. Nicht zuletzt deshalb, weil die Käsereigenossenschaft bisher jährlich 800'000 Liter Milch abführen musste. Genau diese Menge kann ab jetzt für die Produktion des Lindikäses genutzt werden und so jährlich bis 100 Tonnen Salzlakenkäse hergestellt werden. Eine Menge, die ausreichen würde, um auch einen grossen Detaillisten wie Coop, Migros oder die Läden der Volg-Gruppe zu beliefern.
Aktuell sind es noch eher kleiner Detailhändler und Läden, die den Lindikäse ins Sortiment aufgenommen haben, doch das soll sich laut Daniel Wäfler schon bald ändern. «Wir müssen nur noch den standardisierten Produktions- und Abfüllprozess optimieren. Dann sind wir für diesen Schritt bereit», sagt Wäfler.
Daniel Wäfler ist es ein grosses Anliegen, grundsätzlich bessere Marktzugänge für im Inland produzierte Produkte wie den Lindikäse finden. Doch bräuchte es dafür umfangreiche Studien zum Marktpotential – zum Beispiel durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), ist Wäfler überzeugt. «Nur so könnten Zusammenhänge fundierter abgeklärt werden. Wir sind deshalb mit dem BLW im Gespräch», sagt Wäfler. Er verweist dabei auf eine allfällige Annahme der «Pestizid-Initiative». Der Import von solch grossen Mengen wie bei den fetaähnlichen Käsesorten wäre dann nicht mehr möglich. «Dann wäre eine Inlandproduktion – wie sie den Konsumentenwünschen entspricht – entscheidend», sagt Wäfler.
Daniel Wäfler ist es ein grosses Anliegen, dass das Salzlakenkäse-Projekt einer Käserei und den zuliefernden Landwirten eine neue oder zusätzliche Zukunftsperspektive geben kann. So hat die Käsereigenossenschaft nun aufgrund des Salzlakenkäse-Projektes Geld für eine Abfüllmaschine bewilligt, damit der Abfüllprozess standardisiert werden kann. Die Geschichte der Käserei scheint mit dem neuen Käse ein neues langfristiges Kapitel zu schreiben, doch dafür ist die Anschaffung einer solchen Maschine unumgänglich.
«Der Käse muss vor dem Salzlakenbad absolut keimfrei sein. Es braucht also einen separaten Hygieneraum. Und auch das standardisierte Abpacken muss absolut keimfrei erfolgen können», erklärt Wäfler. Doch ist der Käse einmal abgefüllt, kann er fast ohne Lagerzeit bereits in die Läden ausgeliefert werden. Anders als Hartkäse beansprucht der Salzlakenkäse keine grossen Lagerflächen. Ein weiterer Vorteil dieser Käseart.
Doch musste das Rezept zuerst einmal von Käser Stefan Bürki entwickelt werden. Zija Shabani testete das Resultat regelmässig und gab den Käse auch seinem Umfeld zum Probieren. Mit den Feedbacks ging er wieder zurück zu Stefan Bürki, der das Rezept weiter optimierte. Anfänglich war der Käse zum Beispiel für die meisten Gaumen etwas zu salzig. «Durch diese Optimierungen entstand nach und nach ein auf den Markt ausgerichtetes Produkt», sagt Daniel Wäfler.
«Bis anhin wird Salzlakenkäse zu mehr als 99 Prozent importiert. Jährlich gelangen so etwa zehn Millionen Kilo fetaähnlicher Käse in die Schweiz», so die Schätzung von Daniel Wäfler. Genaue Zahlen dazu liegen nicht vor. Der Kantonsrat wäre deshalb schon zufrieden, wenn auch nur 5 Prozent dieser Importmenge durch ein Schweizer Produkt ersetzt werden könnte. Er ist davon überzeugt, dass sich die Schweizer Variante auch dann verkaufen lässt, wenn sie mit dem Preis der Importware nicht mithalten kann. Es sei klar zu beobachten, dass immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten beim Einkauf auf Regionalität und Gesundheit achten würden, sagt Wäfler.
Bleibt die Frage, weshalb in der Schweiz nicht bereits längst eine Salzlakenkäse-Tradition entstanden ist. «In der Schweiz wurde der Käse traditionell als Hartkäse produziert und in den Kellern gereift», sagt Daniel Wäfler. Im Süden hingegen und speziell auf dem Balkan und in Anatolien seien aufgrund der grösseren Hitze schon immer mit Salzlake die Haltbarkeit und Reifung von Käse sichergestellt worden. So hat jede Kultur ihre Tradition. Umso erfreulicher sei es, dass nun endlich diese beiden traditionellen Käsekulturen im Zürcher Oberland aufeinandertreffen und sich gegenseitig befruchten könnten, sagt Wäfler.
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