Saatgutbehandlung ohne Chemie – Potential und Grenzen der Dampftechnologie
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Begonnen hat das Abenteuer Seidenraupen für Familie Streit Knuchel aus dem bernischen Bärfischenhaus im Jahr 2009. Damals entdeckten Reto und Ursula eine Zeitungsannonce, in der Ueli Ramseier nach Produzenten für Seidenkokons suchte. Sein Ziel: das alte Handwerk der Seidenraupenzucht in der Schweiz wieder aufleben zu lassen.
«Wir fanden das sofort sehr spannend und starteten mit Versuchen. Wir begannen tatsächlich zunächst im Badezimmer mit der Aufzucht», erklärt Reto Streit. Dann besprachen die beiden das Projekt und entschieden sich dafür, es weiterzuverfolgen.
Ganz ohne Rückschläge ging es nicht. «Es war ein riesiger Aufwand, 2015 dachten wir ans Aufhören», blickt Reto Streit zurück. Finanziell habe nichts herausgeschaut und mit kleinen Kindern sei der Stress gross gewesen. «Aber wir sahen weiter das Potenzial», erklärt er. Reto und Ursula sagten sich: Entweder investieren oder aufhören.
Investition in die Zukunft
Der Entscheid fiel auf die Investition in einen eigenen Aufzuchtraum. Etwas, was die beiden auch 9 Jahre später nicht bereuen. Der finanzielle Aufwand hielt sich wegen viel Eigenleistung im Rahmen. Die Luftfeuchtigkeit und das Klima können im gut isolierten Raum optimal reguliert werden, dies ist zwingend, um eine gute Seidenqualität zu erreichen.
Zusammen mit rund 10 Produzenten sind Reto Streit und Ursula Knuchel im Verein swiss silk vertreten. «Der Verein bildet das Gerüst des ganzen Projekts», „Wir produzieren hier die Kokons, die weiteren Verarbeitungsschritte laufen über den Verein, bis der Schal, das Garn oder der Seidenbalsam produziert sind.“ In der Manufaktur in Bolligen stellen Mitarbeitende von swiss silk die Rohware her.
18'000 Seidenraupen tummeln sich beim Besuch – am Tag X, dem Tag des Verpuppens – im Aufzuchtraum. «Damit haben wir die Menge erreicht, die wir im Raum unterbringen können», erklärt Reto Streit. Auch die nötige Anzahl Maulbeerbäume für die Futterproduktion wächst auf dem Hof. Denn die Raupen wollen frische «Deshalb ist die Frische der Blätter ein Qualitätsmerkmal.»
Bevor das Fressen beginnt, müssen die Eier zunächst im Brutkasten ausgebrütet werden. Wenn die Raupen schliesslich da sind, häuten sie sich während des «Raupenzustandes» viermal und legen massiv an Gewicht zu. Am ersten Tag fressen die rund 18'000 Raupen nicht mal ein Kilo Maulbeerblätter, am Schluss in einem Alter von 23 bis 24 Tagen sind es 80 Kilo pro Tag. Weil die Raupen so stark wachsen, brauchen sie auch mehr Platz. Das ist möglich, weil im Aufzuchtraum der Platz variabel eingerichtet werden kann.
Wenn es ans Einspinnen geht, stellen die Raupen die Nahrungsaufnahme ein. «Sie haben dann einen spitzen Kopf wie ein TGV und beginnen eine Art Tanz», erklärt Reto Streit. Dann geht es an die Handarbeit: Alle Raupen, die so weit sind, werden herausgenommen und auf einen Karton gesetzt, in dem sie sich ihren Platz suchen, um das Kokon zu bilden. Dort bleiben sie während 7 bis 10 Tagen. Nach der Kontrolle des Entwicklungsstatus, wenn sie weder Raupe noch Falter sind, werden sie mit Hitze ausgetrocknet.
Dann geht die Seide ihren Weg, bis sie zum Textil wird. «Auch wenn es eine kleine Nische in der Landwirtschaft ist, die Nachfrage ist da», freut sich Reto Streit. Aktuell sucht Swiss Silk sogar neue Betriebe, um die Nachfrage zu decken. Dazu beigetragen hat auch der Gewinn des Agropreises im Jahr 2016, der für Popularität sorgte. Der Verein kam mit einer deutschen Firma aus der Medizinbranche in Kontakt, welche nun seit einigen Jahren die Kokons zu einem Implantat für die Kiefer- und Zahnmedizin weiterverarbeitet.
Dass alle Teile des Insekts verwendet werden, ist Reto Streit ein grosses Anliegen. Die proteinreichen Larven werden an eine Zoohandlung verkauft und dienen als Meerschweinchenfutter. Dort sind sie eine Delikatesse. Eigentlich wäre die Larve auch ein sehr gutes Hühnerfutter, aber die Verfütterung an Nutztiere ist (noch) nicht erlaubt.
Um die Seidenraupen zu füttern hat Familie Streit Knuchel auf ihrem Betrieb in Bärfischenhaus 350 Maulbeerbäume angepflanzt. Aus den Beeren stellt die Familie Konfitüre für das Frühstück des Bed&Breakfast her.
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