Globale Lebensmittelpreise sinken leicht
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Trotz des seit rund einem Jahr ausgeweiteten russischen Angriffskriegs und aller Schwierigkeiten, mit denen sie dadurch konfrontiert sind, exportieren die ukrainischen Biounternehmen weiterhin – mit wachsendem Erfolg: Laut einer Analyse der ukrainischen Zertifizierungsstelle «Organic Standard», basierend auf Zahlen der EU-Datenbank TRACES, exportierte die Ukraine im Jahr 2022 225’814 Tonnen gemäss anerkannter Standards zertifizierter Bioprodukte in die EU und die Schweiz.
Im Vergleich zu 2021 konnten die biologisch wirtschaftenden Marktteilnehmer ihre Ausfuhren in die EU-Länder und die Schweiz dank differenzierter Vertriebskanäle 2022 um 13 Prozent steigern. Im gleichen Zeitraum gingen die Exporte konventioneller Erzeugnisse um mehr als 30 Prozent zurück, wesentlich bedingt durch die bekannten Blockaden der Schwarzmeerhäfen.
Der russische Angriffskrieg bewirkt grosse logistische Herausforderungen. Dank verlässlicher und solidarischer Kooperationspartner entlang der Wertschöpfungskette konnte sich die Biobranche aber flexibel und innovativ anpassen. Kurzfristige Mengensteigerungen waren vor allem via Schiene erfolgreich, während der Ausbau des Strassentransports rasch an Kapazitäts- und Kostengrenzen stiess. Mittel- und langfristig bestehen für den Ausbau alternativer Logistik- und Lieferketten gute Chancen. Grosses Potential besteht bei den Gütertransportkapazitäten auf der Schiene in Richtung Westeuropa bis in die grossen atlantischen Meereshäfen. Als ergänzende Ausbauoption bietet sich die Reaktivierung lange vernachlässigter Transportwege über die europäischen Flusswege sowie verstärkte Kooperationen mit der Ostseehafeninfrastruktur. Die so genannten Getreideabkommen ermöglichen die logistisch meist optimalen Auslieferungen über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen zumindest im eingeschränkten Mass wieder. Mit dem Ausbau verschiedener und flexibler Alternativen verschaffte sich die Biobranche im Kriegs- und Krisenjahr 2022 eine grössere Liefersicherheit und Flexibilität.
Im Rahmen der Biofach-Messe 2023 im Februar in Nürnberg zeigten 23 ukrainische Unternehmen einen starken Auftritt. Organisiert wurde der offizielle ukrainische Auftritt durch die staatliche ukrainische Institution «Entrepreneurship and Export Promotion Office» (EEPO) unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für Agrarpolitik und Ernährung der Ukraine (MAPF) und in Kooperation mit dem seitens Schweiz unterstützten «Quality Food Trade Program» (QFTP). Von Seiten Deutschlands wurde der ukrainische Auftritt finanziell und organisatorisch durch die «Deutsch-Ukrainische Kooperation Ökolandbau» (COA) sowie weiteren Partnern unterstützt.
Die Veranstaltung «Ukraine – Ein Jahr nach dem Krieg – Innovationskraft ökologischer Betriebe» wurde von EEPO und COA organisiert. Gemäss dem Motto «Zusammen sind wir stark!» waren alle grossen Organisationen des ökologischen Landbaus auf der Veranstaltung vertreten, darunter Olena Korogod von Organic Ukraine, Eugene Milovanov von der Organic Federation of Ukraine, Evgenya Yushchenko von Biodynamika Ukraina und Irina Kazakova von Permaculture Ukraina.
Während der Veranstaltung präsentierte die COA als Erstaufführung den Film «Ukraine 2023: Organic Agriculture one Year after Beginning of the War. We go ahead!». Auf beeindruckend einfühlsame Weise zeigt die Dokumentation die wichtigsten Aspekte des Lebens und der Arbeit, die gegenseitige Unterstützung der vielfältigen Biobetriebe sowie das gemeinsame gesellschaftliche Engagement auf – für die Ukraine und darüber hinaus.
Der grossmehrheitlich konventionell wirtschaftende ukrainische Agrarsektor litt seit dem Beginn der gross angelegten Invasion Russlands stark. Die Anbauflächen in der Ukraine gingen aufgrund der russischen Militäraktionen um 25 Prozent zurück. Umso eindrücklicherer zeigt sich die Resilienz und Widerstandsfähigkeit der ukrainische Biolandwirtschaft.
Nach Einschätzung des ukrainischen Branchennetzwerks «Organic Initiative» beweisen sich im Kriegs- und Krisenmodus die klassischen Stärken der Biomethode erstaunlich wirksam. Ein offensichtlicher Vorteil bildet die Verfügbarkeit von hofeigenem organischen Dünger, während sich die Versorgung von synthetischem Dünger und weiteren Hilfsmittel im Kriegsjahr stark erschwerte. Ein weiterer Grund liegt in den – im ukrainischen Vergleich – kleineren Produktionsanlagen vieler Biobetriebe. Zudem könne die Biobranche auf vielfältigere Vertriebskanäle, einschliesslich des Direktverkaufs zählen. Im Gegensatz dazu hatten viele grosse konventionelle Betriebe und Logistikzentren mit grossen Einschränkungen nicht zuletzt bei der Treibstoffversorgung zu kämpfen.
Olena Deineko von Organic Initiative ist erfreut über die Zuversicht, die sich aus der im Vorfeld für die Biofach-Messe 2023 erstellten Branchenbefragung zeigt: «Die Entschlossenheit der Biobetriebe, ihre Aktivitäten fortzusetzen, ist gross. Mehr als 85 Prozent der Biounternehmen arbeiten weiter, obwohl ein Teil von ihnen ihre Arbeit in den ersten Monaten unterbrochen hatte, ihre Aktivitäten aber wieder aufnehmen konnten. Mehr als 95 Prozent der ökologischen Marktteilnehmer planen, ihre Tätigkeit speziell im ökologischen Sektor fortzusetzen.»
Die ukrainische Erfolgsgeschichte wird seit längerem durch das Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) unterstützt. Konkret wird schwerpunktmässig das «Quality Food Trade Program» (QFTP) finanziert, das vom Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL zusammen mit weiteren Partnern umgesetzt wird. Das FiBL arbeitet seit rund 20 Jahren in der Ukraine an der Entwicklung des Biosektors und hat seine Unterstützung auch während des jüngsten Krieges nicht eingestellt. «Die Arbeit wurde 2022 fortgesetzt und wird auch 2023 fortgesetzt, auch unter schwierigsten Bedingungen», betont Tobias Eisenring, FiBL-Koordinator des QFTP.
FiBL-Experte Toralf Richter, der im QFTP für die Marketingaktivitäten der ukrainischen Exporteure zuständig ist, nennt die wichtigsten Gründe für den Exporterfolg unter Kriegsbedingungen: «Der mutige Widerstand der ukrainischen Biobäuerinnen und Biobauern, ihre kreativen und flexiblen logistischen Lösungen und die grosse Solidarität der internationalen Abnehmer haben zu dem beobachteten Erfolg geführt.»
Neben kleineren Betrieben umfasst die ukrainische Biobranche jedoch auch Grossbetriebe wie die «Agroindustrial Group Arnika Organic». Anastasiia Bilych, Fachfrau für Sustainable Development in Agribusiness und Marktanalystin bei Arnika Organic betont: «In der ukrainischen Biobranche können sich die Unternehmen gerade durch die unterschiedliche Grösse und Ausrichtung gegenseitig ergänzen und unterstützen.» In ihrer viel beachteten Rede im Rahmen der Veranstaltung «Ukraine – ein Jahr nach dem Krieg – Innovationskraft ökologischer Betriebe» richtete sie sich mit einem zuversichtlichen Appell sowohl an die ukrainische Biobranche als auch an die internationalen Partner: «Die Ukraine wird gewinnen, weil wir können und weil wir müssen. So lautet meine Botschaft an die Biounternehmen in der Ukraine: Seid einig in der Bemühung, den heimischen Markt zu entwickeln, wettbewerbsfähig zu bleiben und Mehrwerte zu schaffen, die über den Biolandbau und die aktuelle Situation hinaus reichen. Und meine Botschaft an das internationale Publikum: Unterstützt uns und glaubt an die Ukraine.»
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