Gefeierte Eier: Schweizer Eiermarkt zwischen Nachfrageboom und Importdruck
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Eier gehören zu den beliebtesten Lebensmitteln in der Schweiz. Doch hinter der Eierproduktion steht eine ethische Herausforderung, die lange Zeit unbeachtet blieb: das Schicksal der männlichen Küken von Legehennen. Diese wurden bisher oft kurz nach dem Schlüpfen getötet, da sie für die Fleischproduktion ungeeignet sind.
Der Beschluss von Bio Suisse, bis 2026 aus dem Kükentöten auszusteigen, bedeutet einen tiefgreifenden Wandel für die gesamte Wertschöpfungskette in der Bio-Geflügelbranche und erfordert neue Strategien und Ansätze. Ein zentraler Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Förderung des Zweinutzungshuhns, das sowohl für die Eierproduktion als auch für die Fleischgewinnung geeignet ist.
Das Zweinutzungshuhn stellt einen der beiden Wege dar, die Bio Suisse als ethisch vertretbare Alternative zum Kükentöten verfolgt. Im Gegensatz zu spezialisierten Legehennenrassen, bei denen die männlichen Küken für die Fleischproduktion ungeeignet sind, vereint das Zweinutzungshuhn beide Produktionszweige: Es legt Eier und setzt gleichzeitig Fleisch an. Doch diese Lösung bringt auch Herausforderungen mit sich, wie Christian und Rita Gerber, die seit 2022 auf ihrem Biobetrieb Zweinutzungshühner halten, bestätigen.
Christian und Rita Gerber haben sich bewusst für das Zweinutzungshuhn entschieden, als sie ihren gemischten Biobetrieb in Oltingen weiterentwickelten. Diese Entscheidung fiel in enger Zusammenarbeit mit der Ei AG, die in der Region einen Partner für die Produktion von Konsumeiern suchte. «Mit der Umstellung auf Biolandbau haben wir uns nach einem neuen Betriebszweig umgesehen», erklärt Christian Gerber. «Von Anfang an haben wir dann mit der Ei AG abgemacht, dass wir auf das Zweinutzungshuhn setzen würden, um dem Ausstieg aus dem Kükentöten gerecht zu werden», erklärt der Landwirt weiter.
Zusammen mit Coop verfolgt die Ei AG in Sursee bereits seit 2014 ein Projekt mit Zweinutzungshühnern und arbeitet dabei mit dem «Lohmann Dual», einer Züchtung aus der Tierzucht von Lohmann Breeders, die sowohl auf Lege- wie auch auf Mastbetrieben zum Einsatz kommt.
«Seit zwei Jahren produzieren wir nun Eier und sind eigentlich zufrieden – insbesondere auch mit der Dual-Hühnerrasse», sagt Christian Gerber. Die Arbeit mit Zweinutzungshühnern erfordert jedoch ein gewisses Mass an Flexibilität und Experimentierfreudigkeit. «Man ist auch ein bisschen Versuchsbetrieb, denn bereits die nächste Herde wird genetisch schon wieder ein bisschen anders sein als die Herde, die wir aktuell eingestallt haben – es ist ein Lernprozess», berichtet Christian Gerber. «Erst seit knapp 10 Jahren wird wirklich an dieser Züchtung gearbeitet», bestätigt Sonja Müller, Leiterin Beschaffung und Qualitätsmanagement sowie Teil der Geschäftsleitung bei der Ei GA.
Die Herausforderungen liegen vor allem in der moderateren Leistung der Tiere, denn die Zuchtziele bei der Legeleistung und der Fleischproduktion widersprechen sich: Während die Hähne eine gute und doch geringere Mastleistung als das klassische Mastpoulet erreichen, legen die Legehennen deutlich weniger und kleinere Eier im Vergleich zu den gängigen Legehybriden.
«Unsere Hoffnung ist, dass wir in der Zucht noch weitere Verbesserungen sehen», sagt Sonja Müller. «Wir hatten aber immer den Eindruck, dass es auch ein bisschen die Erwartung der Konsumentinnen und Konsumenten ist, dass man eine tiefere Legeleistung und eine etwas tiefere Fleischproduktion akzeptiert, dafür aber wirklich beides kombinieren kann», erklärt sie weiter.
Derweil ist die Zweinutzungsrasse in der Haltung aber relativ unkompliziert. «Das Dual-Huhn ist ein eher ein ruhiges Huhn und sehr chillig unterwegs», erzählt Rita Gerber, «es ist gerne draussen und braucht dann aber auch ein bisschen Geduld beim Einstallen für die Nacht.»
Um die höheren Kosten, die durch die Haltung von Zweinutzungshühnern entstehen, abzufedern, setzen Christian und Rita Gerber auf den verlängerten Umtrieb. Dabei werden die Legehennen länger auf dem Betrieb gehalten, um die Produktionskosten besser zu verteilen. «Diese Entscheidung wurde in enger Abstimmung mit der Ei AG getroffen, die sicherstellen muss, dass zu Spitzenzeiten wie Weihnachten und Ostern genügend Eier zur Verfügung stehen», so Christian Gerber. Doch es bleibt ein gewisses Risiko: «Wir werden nun sehen, wie gut die Legeleistung unserer Hennen auf Weihnachten hin noch sein wird und vor allem, wie gross die Eier dann auch noch sein werden – es gibt kaum Erfahrungswerte bezüglich Zweinutzungsrassen in einem längeren Umtrieb.»
Die Entscheidung für das Zweinutzungshuhn hat nicht nur Auswirkungen auf den einzelnen Betrieb, sondern auf die gesamte Wertschöpfungskette. «Der Bioeiermarkt ist über Jahrzehnte sowohl im Angebot als auch bei der Nachfrage kontinuierlich gewachsen», erklärt Katia Schweizer, Produktmanagerin Eier bei Bio Suisse.
«Der Ausstieg aus dem Kükentöten bedeutet nun tiefgreifende Veränderungen, die Investitionen in allen Bereichen, von der Aufzucht bis zur Verarbeitung der Tiere, erfordern – die gesamte Bioeierbranche befindet sich nun ausserhalb ihrer Komfortzone», erklärt sie. Denn Bio Suisse habe sich für eine Schweizer Biolösung entschieden, was bedeute, dass auch die Schlachtung und Verarbeitung der sogenannten Bruderhähne in der Schweiz stattfinden muss.
Und die höheren Produktionskosten, die mit der Haltung von Zweinutzungshühnern einhergehen, müssen entlang der Wertschöpfungskette weitergegeben werden. «Die Junghennen kosten für den Eierproduzenten nun deutlich mehr», so Katia Schweizer. Diese Kosten müssen letztlich auch die Konsumentinnen und Konsumenten tragen, was zu einer Erhöhung der Eierpreise führen wird. «Wir erwarten, dass der Produzentenpreis etwa um 5 Rappen steigen müsste, um die Aufzucht der Bruderhähne zu gewährleisten», erklärt Katia Schweizer.
So erfordert die Entscheidung von Bio Suisse, das Zweinutzungshuhn als eine der zentralen Lösungen beim Ausstieg aus dem Kükentöten zu fördern, ein hohes Mass an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sowie eine gewisse Bereitschaft zum Experimentieren.
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