«Zwischenmenschliche Begegnungen und Herzblut für das, was ich tue, prägen meinen Alltag»

Maja Grunder, Präsidentin des Verbandes Thurgauer Landwirtschaft, Bäuerin und Betreiberin der Mühle Entenschiess in Oberneunforn TG koordiniert erfolgreich ihre zahlreichen Aufgaben; und stellt die Begegnung mit Menschen in den Mittelpunkt.
Zuletzt aktualisiert am 5. Mai 2023
von Martina Graf
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Gruner Zvg

«Jetzt hat es an der Haustüre geklingelt, darf ich schnell öffnen?» Und schon ist Maja Grunder vom Bildschirm verschwunden. Leise, im Hintergrund höre ich, wie Maja Grunder bestimmt, aber sehr freundlich einen Kunden an die Tochter verweist: «Meine Tochter hilft dir gerne. Weisst du, ich bin gerade am Computer an einem Gespräch. Ja, danke! Tschüss.» Szenen wie diese sind Alltag bei Maja Grunder. Gemeinsam mit ihrem Ehemann betreibt sie einen Landwirtschaftsbetrieb und die Mühle Entenschiess.

Eins ist klar: Für Besucher und Anliegen von Kunden sowie Bäuerinnen und Bauern nimmt sich die Präsidentin des Verband Thurgauer Landwirtschaft (VTL) wann immer möglich Zeit – und das gerne.

Wieder zurück vor dem Bildschirm spricht Maja Grunder lebhaft weiter. Und so stelle ich mir auch ihren Alltag vor. Überlegt, doch auch spontan, mit Engagement. Immer läuft etwas, meistens viel. Natürlich bedingt dies eine gute Planung.

Doch was wäre eine gute Planung ohne Überraschung? Spontane Besucher oder auch mal eine kalbende Kuh oder das Wetter bringen diese immer wieder mal durcheinander. Durchgetaktet? «Oh nein, ich weiss nicht, wie andere das machen, aber bei mir geschieht im Alltag viel zu oft Unvorhergesehenes. Da nützt manchmal die beste Planung nichts!»

Engagement auf vielen Ebenen

Maja Grunder ist eine Frau, die ihre Aufgaben mit viel Herzblut umsetzt. Und von diesen hat sie viele. Gemeinsam mit ihrem Ehemann betreibt sie einen 24 Hektaren grossen Landwirtschaftsbetrieb mit 25 Kühen. Sie produzieren Getreide, das sie in ihrer Mühle zu Mehl weiterverarbeiten. Zusätzlich kaufen sie Getreide von anderen Produzenten dazu.

Auf dem Betrieb arbeiten 7 Personen, davon sind 4 Teilzeit-Angestellte, die ein Pensum von 20 bis 60 % abdecken sowie der Ehemann und die Tochter.

Und nicht genug der Aufgaben. Seit 2022 präsidiert Maja Grunder den Verband Thurgauer Landwirtschaft. Und Maja Grunder setzt Prioritäten. Dabei steht geschäftliches nicht a priori an erster Stelle, sondern private Termine und zwischenmenschliche Bedürfnisse haben durchaus mal Vorrang.

Swiss Agro Forum 2023

Dieser Artikel ist im Rahmen des Dossiers zum Swiss Agro Forum entstanden. Das ganze Dossier findest du unter diesem Link

Die Arbeit mit Tieren und der Natur beeinflusst die tägliche Organisation

Als grosse Herausforderung im Organisationsmanagement des Landwirtschaftsbetriebes sieht Maja Grunder das Wetter, das Tierwohl und die Tiergesundheit. Diese Bereiche können nicht auf Knopfdruck funktionieren und sorgen immer wieder für Überraschungen im Alltag. Auch die personelle Frage ist nur bedingt planbar. Fällt eine Arbeitskraft krankheitshalber aus, wirkt sich das auf den ganzen Betrieb und auch die Aktivitäten von Maja Grunder aus. Oft sind Improvisation und kurzfristiges Umdenken gefragt.

Zusätzlich fordert die Vermischung von Privat- und Berufsleben, die für Bauernbetriebe sehr typisch ist, immer wieder aufs Neue.

Maja Grunder betont, dass ihre Arbeit nur dank ihrem unterstützenden Umfeld möglich sei. Menschen, die ihr zuhause, beim VTL und andernorts den Rücken freihalten. Und wenn mal etwas nicht funktioniere, dann helfe Gelassenheit und auch eine gute Portion Humor. Und bescheiden fügt Maja Grunder hinzu: «Ich setze mich mit Herzblut ein. Ich glaube, ich kann gut führen, es entspricht meiner Natur, ich kann koordinieren, improvisieren und kurzfristig reagieren.»

«S’Füfi auch mal gerade stehen lassen»

Als A und O in der Organisation von ihrem Alltag sieht Maja Grunder folgende Punkte:

  • Die Unterstützung von anderen sei unglaublich wichtig, um den Kopf für die Verbandsarbeit freizuhaben. Arbeiten delegieren und sich darauf verlassen können.
  • Maja Grunder betont, dass sie Zeiten hatte, da habe sie abends noch geputzt. Aber sie fahre viel besser, wenn sie «S’Füfi» auch mal gerade stehen lasse.
  • Prioritäten setzen und Aufgaben abgeben. Vor einem Jahr hat es Maja Grunder durch vorgängige Überbelastung zwei Wochen mit Angina ausser Gefecht gesetzt. Sie habe gelernt, dass es sie nicht immer brauche und sie nicht alles selbst abdecken müsse. Sie habe ja sehr gute Kolleg:innen beim VTL, die für viele Aufgaben besser qualifiziert seien als sie selbst.

 

Oft werde sie von anderen Frauen angesprochen, die sagen: «Wow! Wie du das alles unter einen Hut kriegst!» Maja Grunder schmunzelt, sie möchte keine Illusionen machen, darum antworte sie darauf jeweils: «Schau mal bei mir nach einer voll ausgelasteten Arbeitswoche vorbei!»

Die VTL-Präsidentin betont, dass sie alle Aufgaben nur unter einen Hut kriegen könne, indem sie bewusst auf gewisse Dinge verzichte. So grasen im Bauerngarten mittlerweile Kaninschen und es wächst kein Gemüse mehr, das letzte Buch habe sie vor Jahren gelesen und zum Mittagessen wird schon mal eine Pizza bestellt.

Mit Papieragenda und Familienplaner alles im Blick

Auf meine Frage, welche Management Tools sie benutze, zeigt mir Maja Grunder lachend ihre Agenda. Eine Papieragenda. Dort kommen alle Termine rein, auch die Einladungen oder sonstige Notizen. Auch die Geburtstage sind dort eingetragen. Sie betont: «Ich habe noch nie einen Termin verpasst. Mir wurde auch schon vorgeschlagen, einen Outlook-Kalender zu nutzen, wo auch die Mitarbeiter der Geschäftsstelle sehen können, ob ich noch frei bin. Aber ich möchte nicht, dass jemand anderes meine Termine verwalten kann. Ich möchte die Prioritäten selbst bestimmen. In meiner Agenda sind Geburtstage und private Termine, und die haben manchmal Vorrang.»

Die Arbeitsplanung auf der Mühle Entenschiess wird für alle mit einem klassischen Familienplaner gemacht. Dort werden die Arbeitszeiten der Angestellten geplant und eingetragen. Jeder notiert seine Arbeitsstunden und abends erfolgt die Stundenerfassung. Das funktioniere tiptop, so Maja Grunder.

Und die tägliche Aufgabenverteilung? Die geschehe jeweils am Frühstückstisch. Dort wird aktuelles besprochen und die Aufgaben verteilt. Maja Grunder betont: «So sind wir flexibel. Oft ist sowieso z. B. nach einem Telefonat eines Kunden mit einer kurzfristigen Bestellung alles wieder anders. Ich staune, wie andere das voll durchtakten können.»

Seit Tochter Sabrina wieder zu Hause mitarbeitet, hat die Auslastung von Maja Grunder abgenommen. Sabrina übernimmt viele Aufgaben und entlastet Maja Grunder bei vielen Aktivitäten.

In die Aufgaben hineingewachsen

In die Führungs- und Organisationsaufgaben ist Maja Grunder über die Jahre reingewachsen. Ausserdem sei sie eine aktive Person, die sich sehr für Politik interessiere und darin auch auskenne. So habe sie mit 16 Jahren geholfen die Junge SVP Wyland zu gründen.

Die VTL-Präsidentin ist auf einem Bauernhof aufgewachsen. Diesen hat sie bereits mit 21 Jahren übernommen. Als sie ihren Mann kennengelernt hat, haben sie die zwei elterlichen Betriebe zusammengeführt. Dann seien die Kinder gekommen, so Maja Grunder. «Irgendwann haben wir die Mühle übernommen. Und Öffentlichkeitsarbeit habe ich seit je her gemacht.»

Arbeit hat einen hohen Stellenwert bei Maja Grunder. Und doch: Es ist ihr wichtig, sich auch einmal spontan Zeit nehmen zu können für einen Kaffee mit Nachbarn, Kollegen oder Freunden. Das Halten dieser Balance ist ein Teil ihres Erfolgs. Denn Herzblut braucht auch mal eine Pause.