Mutterkühe und Wanderer: Abstand gibt Sicherheit

Mit einfachen Verhaltensregeln lassen sich unliebsame Begegnungen zwischen Kühen und Touristen vermeiden.
Zuletzt aktualisiert am 29. Juni 2024
von Martin Leutenegger / Update Jonas Ingold
3 Minuten Lesedauer
Mutterkuh Kalb Ji

Genaue Zahlen zu unliebsamen Begegnungen zwischen Mensch und Nutztier auf den Alpen gibt es nicht. Doch während der Wandersaison gibt es Zwischenfälle, die Schlagzeilen machen, wie kürzlich ein Vorfall in Tarasp. In der Schweiz führen laut Mutterkuh Schweiz rund 20'000 Kilometer Wanderwege über Wiesen und Weiden.

Wanderer wissen nicht Bescheid

Wie können solche Zusammenstösse verhindert werden? In der Regel wird versucht, ein friedliches Nebeneinander von Nutztieren und Freizeitsportlern zu ermöglichen. Das beginnt mit den Vorbeugungsmassnahmen durch die Landwirte und Älpler: Aggressive oder verhaltensgestörte Tiere sollen gar nicht erst in Wandergebieten gesömmert werden, auch müssen Hinweisschilder oder Umleitungen die Risiken von Anfang an minimieren.

Und: «Bei der Risikobeurteilung ist immer davon auszugehen», heisst es in einem Ratgeber zur Unfallverhütung, «dass Wegbenutzer über wenig bis gar keine Kenntnisse im Umgang mit Rindvieh verfügen.»

Verhaltenstipps

  • Distanz halten
  • Auf keinen Fall Kälber berühren
  • Hunde an der kurzen Leine führen und Herden weitläufig umgehen


Quelle: Merkblatt Kuhmütter schützen ihre Kälber – halten Sie Distanz

Eine Mutter schützt ihre Kinder

Doch das Prinzip ist theoretisch einfach zu verstehen: Eine Mutter will immer ihre Kinder schützen. Das ist bei Menschenkindern so, aber auch dann, wenn eine Katze einem Vogelnest zu nahekommt.

Nicht anders halten es die Kühe, wenn sie die Weiden mit ihren Kälbern teilen. In einem anderen Punkt soll hier kein direkter Vergleich mit dem Menschen angestellt werden, obwohl dieses Verhalten auch ihm nicht ganz unbekannt ist: «Stiere verteidigen Kühe vor allem in der Brunst gegen vermeintliche Konkurrenten – auch gegen Menschen.»

Generell kann also gesagt werden, dass angesichts einer Begegnung zwischen Mensch und Tier eine Sicherheitsdistanz nicht unterschritten werden darf, wobei diese nicht in Metern gemessen werden kann, sondern je nach Tier und Situation unterschiedlich ist.

Schliesslich kennt auch jedes menschliche Individuum dieses Gefühl: Kommt ein Unbekannter zu nahe, fühlt man sich unwohl und überlegt sich schon mal, wie man den «Eindringling» auf Distanz halten kann.

Junge Tiere wecken immer und überall einen «Jöö»-Effekt. Bei jungen Kälblein ist das nicht anders. Man fühlt sich zu ihnen hingezogen und möchte sie streicheln. Aber Kühe mögen es so wenig wie Menschenmütter, wenn Wildfremde ihnen Nachwuchs betatschen. Auf Flugblättern wird denn auch unmissverständlich gewarnt: «Nähern Sie sich den Kälbern nicht und berühren Sie sie auf keinen Fall.»

Tourismus Ji

Jeder Hund ist für eine Kuh ein Raubtier

Das «dritte Gebot» lautet: Hunde an der kurzen Leine führen! Für Rinder ist ein Hund in jedem Fall ein Raubtier – unabhängig von seinem Aussehen und seiner Grösse. Insbesondere Mutterkühe gehen deshalb in Angriff über, wenn sie ihre Kälber bedroht sehen. Hund und Hundehalter sollten eine Herde deshalb möglichst ruhig und weiträumig umgehen, wobei der Vierbeiner in solchen Gebieten immer kurz - also nicht an einer Schleppleine - angeleint sein soll.

Kommt es jedoch zu einem Angriff durch Kühe, empfiehlt Ursula Freund von Mutterkuh Schweiz, die Leine sofort loszulassen, so dass sich der Hund schnell in Sicherheit bringen kann. Die Kühe fühlten sich nämlich weniger durch den Menschen als durch einen Hund bedroht.

Hund und Herdenschutzhund: So verhältst du dich richtig

Viele Wandererinnen und Wanderer sind mit ihrem eigenen Hund in den Bergen unterwegs. Wie verträgt sich das mit der Anwesenheit von Herdenschutzhunden? «Wer mit dem eigenen Hund unterwegs ist, sollte Gebiete mit Herdenschutzhunden meiden», rät Tanja Sägesser, Hundetrainerin aus dem Kanton Bern: «Es handelt sich dabei um Schutzhunde, die in anderen Hunden eine Gefahr sehen – dies sorgt für ein verstärktes Abwehrverhalten und das kann zu sehr gefährlichen Situationen führen.» Hundehaltende sollten sich vor der Wanderung auf der Onlinekarte der Fachstelle Herdenschutz über die Standorte der Herdenschutzhunde informieren und entsprechend den Ausflug planen, so Sägesser. (jin)